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Klepperbein, Vertraugott: Den Todt im Leben Und das Leben im Tode. Schlichtingsheim (Oder), 1693.

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Abdanckungs-Rede.
Grab gemachet werde. Derowegen die jenigen nicht un-
recht/ die da meinen/ daß vor dem siebenden Jahre/ die
Kinder nicht der Eltern/ sondern dem Tode wären/ der sie
vor der Zeit/ ehe sie meistens die Proben der Kinder-Kranck-
heiten außgestanden/ nicht frey spräche/ weil die Kinder/
nach Außrechnung des Avicennae, 34. absonderlichen
Kranckheiten unterworffen/ und wie hefftig sie die Kinder
überfallen/ und wie davon zu helffen/ von Marc. Leonello
Faventino de Victorijs,
in einem absonderlichem Buche er-
wiesen worden. Hieton. Mercurialis Foroliviens. Lib. 1. p. 3.
de Morbis Puerorum,
erzehlet von dem grossen Aristotele,
daß er in dem Anfange seiner Sitten-Lehre an den Eude-
mum
schriebe: Puerorum aetatem usq; adeo & doloribus
& morbis esse circumsemptam, ut nemo cupiat ad pueri-
tiam reverti.
Daß der Kinder Alter mit so vielen Schmer-
tzen und Kranckheiten umbzäunet sey/ so/ daß niemand
wüntsche/ wieder ein Kind zu werden. Und setzt hinzu:
Daß/ da doch in Egypten vor jede Kranckheit ein abson-
derlicher Medicus gewesen/ dennoch keiner vor derer Kin-
der Kranckheit sey gefunden worden/ entweder/ weil man
die Kinder müsse außkrancken lassen/ oder/ weil sie ihren
Kindern gar keine Artzneyen so frühzeitig geben wollen.
Kommet es ferner dazu/ daß sie ein wenig gehärtet/ und
mehr Menschliche Zufälle als ein Kind ertragen können/
was für wunderliche Wege müssen sie gehen/ und haben
doch in ihrer Jugend-Leben/ den Tod zum Wegweiser.
Wie offt geschiehets/ daß der jenige/ der etwas rühmli-
ches lernen wil/ künfftig davon zeitlich wohl zu leben muß
lernen wohl zu sterben/ daß er ewiglich wohl lebe. Einer

schlägt
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Abdanckungs-Rede.
Grab gemachet werde. Derowegen die jenigen nicht un-
recht/ die da meinen/ daß vor dem ſiebenden Jahre/ die
Kinder nicht der Eltern/ ſondern dem Tode waͤren/ der ſie
vor deꝛ Zeit/ ehe ſie meiſtens die Proben deꝛ Kinder-Kranck-
heiten außgeſtanden/ nicht frey ſpraͤche/ weil die Kinder/
nach Außrechnung des Avicennæ, 34. abſonderlichen
Kranckheiten unterworffen/ und wie hefftig ſie die Kinder
uͤberfallen/ und wie davon zu helffen/ von Marc. Leonello
Faventino de Victorijs,
in einem abſonderlichem Buche er-
wieſen worden. Hieton. Mercurialis Forolivienſ. Lib. 1. p. 3.
de Morbis Puerorum,
erzehlet von dem groſſen Ariſtotele,
daß er in dem Anfange ſeiner Sitten-Lehre an den Eude-
mum
ſchriebe: Puerorum ætatem usq́; adeò & doloribus
& morbis eſſe circumſemptam, ut nemo cupiat ad pueri-
tiam reverti.
Daß der Kinder Alter mit ſo vielen Schmer-
tzen und Kranckheiten umbzaͤunet ſey/ ſo/ daß niemand
wuͤntſche/ wieder ein Kind zu werden. Und ſetzt hinzu:
Daß/ da doch in Egypten vor jede Kranckheit ein abſon-
derlicher Medicus geweſen/ dennoch keiner vor derer Kin-
der Kranckheit ſey gefunden worden/ entweder/ weil man
die Kinder muͤſſe außkrancken laſſen/ oder/ weil ſie ihren
Kindern gar keine Artzneyen ſo fruͤhzeitig geben wollen.
Kommet es ferner dazu/ daß ſie ein wenig gehaͤrtet/ und
mehr Menſchliche Zufaͤlle als ein Kind ertragen koͤnnen/
was fuͤr wunderliche Wege muͤſſen ſie gehen/ und haben
doch in ihrer Jugend-Leben/ den Tod zum Wegweiſer.
Wie offt geſchiehets/ daß der jenige/ der etwas ruͤhmli-
ches lernen wil/ kuͤnfftig davon zeitlich wohl zu leben muß
lernen wohl zu ſterben/ daß er ewiglich wohl lebe. Einer

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[11/0011] Abdanckungs-Rede. Grab gemachet werde. Derowegen die jenigen nicht un- recht/ die da meinen/ daß vor dem ſiebenden Jahre/ die Kinder nicht der Eltern/ ſondern dem Tode waͤren/ der ſie vor deꝛ Zeit/ ehe ſie meiſtens die Proben deꝛ Kinder-Kranck- heiten außgeſtanden/ nicht frey ſpraͤche/ weil die Kinder/ nach Außrechnung des Avicennæ, 34. abſonderlichen Kranckheiten unterworffen/ und wie hefftig ſie die Kinder uͤberfallen/ und wie davon zu helffen/ von Marc. Leonello Faventino de Victorijs, in einem abſonderlichem Buche er- wieſen worden. Hieton. Mercurialis Forolivienſ. Lib. 1. p. 3. de Morbis Puerorum, erzehlet von dem groſſen Ariſtotele, daß er in dem Anfange ſeiner Sitten-Lehre an den Eude- mum ſchriebe: Puerorum ætatem usq́; adeò & doloribus & morbis eſſe circumſemptam, ut nemo cupiat ad pueri- tiam reverti. Daß der Kinder Alter mit ſo vielen Schmer- tzen und Kranckheiten umbzaͤunet ſey/ ſo/ daß niemand wuͤntſche/ wieder ein Kind zu werden. Und ſetzt hinzu: Daß/ da doch in Egypten vor jede Kranckheit ein abſon- derlicher Medicus geweſen/ dennoch keiner vor derer Kin- der Kranckheit ſey gefunden worden/ entweder/ weil man die Kinder muͤſſe außkrancken laſſen/ oder/ weil ſie ihren Kindern gar keine Artzneyen ſo fruͤhzeitig geben wollen. Kommet es ferner dazu/ daß ſie ein wenig gehaͤrtet/ und mehr Menſchliche Zufaͤlle als ein Kind ertragen koͤnnen/ was fuͤr wunderliche Wege muͤſſen ſie gehen/ und haben doch in ihrer Jugend-Leben/ den Tod zum Wegweiſer. Wie offt geſchiehets/ daß der jenige/ der etwas ruͤhmli- ches lernen wil/ kuͤnfftig davon zeitlich wohl zu leben muß lernen wohl zu ſterben/ daß er ewiglich wohl lebe. Einer ſchlaͤgt b 2

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Zitationshilfe: Klepperbein, Vertraugott: Den Todt im Leben Und das Leben im Tode. Schlichtingsheim (Oder), 1693, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/359522/11>, abgerufen am 28.03.2024.