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Klepperbein, Vertraugott: Den Todt im Leben Und das Leben im Tode. Schlichtingsheim (Oder), 1693.

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Abdanckungs-Rede.
Häuser besitzen. Es wird aber ohne dem die Erfahrung
selber vor mich reden/ und die jenigen werden mir Glau-
ben geben/ die auf sich und das menschliche Leben achtung
geben/ nemlich: Daß das menschliche Leben mit dem Tode
umbgeben/ und dahero in ihrem Leben der Tod sey/ damit
aber niemand in dem ohne des bekümmerten Leben mit
mehrem Kummer beleget werde/ will ich mit wenigen zu
einer Erqvickung annoch anführen/ daß die in ihrem Leben
den Tod bey sich tragen/ in ihrem Tode zu ihrer grösten
Vergnügung das Leben haben/ und sich daher vor dem
Tode/ noch Todten scheuen dörffen. Hier könte wohl ein
in Göttlichen Dingen unbewandertes sich angeben/ daß
es zwar jenes zu glauben überwunden sey/ aber in diesem
sich nicht würde überreden lassen/ weil es wo nicht gar un-
glaublich/ doch zum wenigsten sehr schwer zu behaupten:
Wie ein Sterbender erst anfahe recht zu leben/ und ein
Todter allbereit noch lebe. Allein es ist die unlaugbahre
Warheit/ daß Leben sey im Tode. Wir sondern uns aber
hier ab von allen Meinungen/ derer die theils kein Leben
nach dem Tode/ keine lebendige Seele im Menschen/ theils
eine sterbliche Seele/ und folgends keine Aufferstehung/
noch Ewigkeit statuireten. Seltzame Träume haben ihrer
viel hiervon gehabet. Man meinet gar/ als wenn schon
Adam als ein Vater aller Lebendigen in seiner Hauß-Kir-
chen einen so wunderlichen Sohn gehabet/ der weder Ge-
richte/ noch einen Richter/ weder Straffen vor die Gott-Targum.
Hierosol:
in Para-
phr. c. IV.

losen/ noch Lohn vor die Frommen/ und also kein Leben nach
dem Tode sich einbilden können.

Aristo-
c 2

Abdanckungs-Rede.
Haͤuſer beſitzen. Es wird aber ohne dem die Erfahrung
ſelber vor mich reden/ und die jenigen werden mir Glau-
ben geben/ die auf ſich und das menſchliche Leben achtung
geben/ nemlich: Daß das menſchliche Leben mit dem Tode
umbgeben/ und dahero in ihrem Leben der Tod ſey/ damit
aber niemand in dem ohne des bekuͤmmerten Leben mit
mehrem Kummer beleget werde/ will ich mit wenigen zu
einer Erqvickung annoch anfuͤhren/ daß die in ihrem Leben
den Tod bey ſich tragen/ in ihrem Tode zu ihrer groͤſten
Vergnuͤgung das Leben haben/ und ſich daher vor dem
Tode/ noch Todten ſcheuen doͤrffen. Hier koͤnte wohl ein
in Goͤttlichen Dingen unbewandertes ſich angeben/ daß
es zwar jenes zu glauben uͤberwunden ſey/ aber in dieſem
ſich nicht wuͤrde uͤberꝛeden laſſen/ weil es wo nicht gar un-
glaublich/ doch zum wenigſten ſehr ſchwer zu behaupten:
Wie ein Sterbender erſt anfahe recht zu leben/ und ein
Todter allbereit noch lebe. Allein es iſt die unlaugbahre
Warheit/ daß Leben ſey im Tode. Wir ſondern uns aber
hier ab von allen Meinungen/ derer die theils kein Leben
nach dem Tode/ keine lebendige Seele im Menſchen/ theils
eine ſterbliche Seele/ und folgends keine Aufferſtehung/
noch Ewigkeit ſtatuireten. Seltzame Traͤume haben ihreꝛ
viel hiervon gehabet. Man meinet gar/ als weñ ſchon
Adam als ein Vater aller Lebendigen in ſeiner Hauß-Kir-
chen einen ſo wunderlichen Sohn gehabet/ der weder Ge-
richte/ noch einen Richter/ weder Straffen vor die Gott-Targum.
Hieroſol:
in Para-
phr. c. IV.

loſen/ noch Lohn vor die From̃en/ und alſo kein Leben nach
dem Tode ſich einbilden koͤnnen.

Ariſto-
c 2
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[19/0019] Abdanckungs-Rede. Haͤuſer beſitzen. Es wird aber ohne dem die Erfahrung ſelber vor mich reden/ und die jenigen werden mir Glau- ben geben/ die auf ſich und das menſchliche Leben achtung geben/ nemlich: Daß das menſchliche Leben mit dem Tode umbgeben/ und dahero in ihrem Leben der Tod ſey/ damit aber niemand in dem ohne des bekuͤmmerten Leben mit mehrem Kummer beleget werde/ will ich mit wenigen zu einer Erqvickung annoch anfuͤhren/ daß die in ihrem Leben den Tod bey ſich tragen/ in ihrem Tode zu ihrer groͤſten Vergnuͤgung das Leben haben/ und ſich daher vor dem Tode/ noch Todten ſcheuen doͤrffen. Hier koͤnte wohl ein in Goͤttlichen Dingen unbewandertes ſich angeben/ daß es zwar jenes zu glauben uͤberwunden ſey/ aber in dieſem ſich nicht wuͤrde uͤberꝛeden laſſen/ weil es wo nicht gar un- glaublich/ doch zum wenigſten ſehr ſchwer zu behaupten: Wie ein Sterbender erſt anfahe recht zu leben/ und ein Todter allbereit noch lebe. Allein es iſt die unlaugbahre Warheit/ daß Leben ſey im Tode. Wir ſondern uns aber hier ab von allen Meinungen/ derer die theils kein Leben nach dem Tode/ keine lebendige Seele im Menſchen/ theils eine ſterbliche Seele/ und folgends keine Aufferſtehung/ noch Ewigkeit ſtatuireten. Seltzame Traͤume haben ihreꝛ viel hiervon gehabet. Man meinet gar/ als weñ ſchon Adam als ein Vater aller Lebendigen in ſeiner Hauß-Kir- chen einen ſo wunderlichen Sohn gehabet/ der weder Ge- richte/ noch einen Richter/ weder Straffen vor die Gott- loſen/ noch Lohn vor die From̃en/ und alſo kein Leben nach dem Tode ſich einbilden koͤnnen. Targum. Hieroſol: in Para- phr. c. IV. Ariſto- c 2

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Zitationshilfe: Klepperbein, Vertraugott: Den Todt im Leben Und das Leben im Tode. Schlichtingsheim (Oder), 1693, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/359522/19>, abgerufen am 28.03.2024.