Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712].Den sich selbst und die ihn hören angetrieben/ seiner selbst und die ihn höreten wahrzunehmen. Denn wasPaulus seinem Timotheo/ und uns/ die wir im Lehr-Ambt an denen Ge- meinden stehen/ hiermit anzeiget/ daß gehet auch in seiner Maße die in de- nen Schulen Lehrende an; in dem was wir an denen gesambten Zuhörern aus allen Ständen/ Geschlechte und Alter thun müssen/ sie insonderheit an der Jugend zu verrichten haben. Gewiß genug sollen sie dieselbe nicht allein zu Wissenschafften anführen/ sondern auch und allermeist zu lebendiger Got- tessurcht und gottseeligem Wandel. Lautets in denen Schul-Legibus un- ter andern: Qui proficit in literis & deficit in moribus, plus deficit quam proficit. Wer zunimmt in Wissenschafften/ und abnimmt an guten Sitten/ der nimmt mehr ab als daß er zunehme: so muß die liebe Jugend wohl allermeist zu gottseeligen Sitten und Wandel angeführet werden/ da- mit sie nicht allein hier wohl lebe/ sondern auch dereinst ewig seelig werde. Schul-Lehrer müssen demnach darauf bedacht seyn. Unser seeliger Herr Rector Hoffmann hat/ wie schon vorhin angeführet/ rühmlichen Fleiß an- gewendet/ daß Er die die studierende Jugend nicht nur gelehrt/ sondern auch fromm und seelig machte. Demnach hatte Er Acht auf sich und seine Lehre; Acht auf seine Untergebene/ die ihn höreten. Dahin gieng sein Gebeth und Flehen zu GOtt/ dahin seine Arbeit und Bemühung/ das bezeugete Er ge- gen uns Diener GOttes/ und andere/ darüber satzte Er seine Kräffte und endlich sein Leben zu. Dencket ihr/ die ihr ihn vorher/ und doch zu guter letzt kaum 48. Stunden vor seinem seeligen Ende/ am Tage da ihr des A- bendmahls theilhafftig worden/ am lieben Michaels-Feste/ nach der Nach- mittags-Predigt/ zu guter letzt/ gegen Abend/ von Jhm gehöret: Denn das waren seine letzten Worte an euch. Jch meines Orts habe demnach seinen Leichen-Text, nicht wie ich wohl billich gesolt/ als sein Cordial, hertzlichen Trost/ Freude und Beruhigung seiner Seelen/ sondern nach Gelegenheit unsererWorte vielmehr unter diesem Vortrage euch für Augen legen wollen Den/ Sich und die Jhn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Da
Den ſich ſelbſt und die ihn hoͤren angetrieben/ ſeiner ſelbſt und die ihn hoͤreten wahrzunehmen. Denn wasPaulus ſeinem Timotheo/ und uns/ die wir im Lehr-Ambt an denen Ge- meinden ſtehen/ hiermit anzeiget/ daß gehet auch in ſeiner Maße die in de- nen Schulen Lehrende an; in dem was wir an denen geſambten Zuhoͤrern aus allen Staͤnden/ Geſchlechte und Alter thun muͤſſen/ ſie inſonderheit an der Jugend zu verrichten haben. Gewiß genug ſollen ſie dieſelbe nicht allein zu Wiſſenſchafften anfuͤhren/ ſondern auch und allermeiſt zu lebendiger Got- tesſurcht und gottſeeligem Wandel. Lautets in denen Schul-Legibus un- ter andern: Qui proficit in literis & deficit in moribus, plus deficit quam proficit. Wer zunimmt in Wiſſenſchafften/ und abnimmt an guten Sitten/ der nimmt mehr ab als daß er zunehme: ſo muß die liebe Jugend wohl allermeiſt zu gottſeeligen Sitten und Wandel angefuͤhret werden/ da- mit ſie nicht allein hier wohl lebe/ ſondern auch dereinſt ewig ſeelig werde. Schul-Lehrer muͤſſen demnach darauf bedacht ſeyn. Unſer ſeeliger Herr Rector Hoffmann hat/ wie ſchon vorhin angefuͤhret/ ruͤhmlichen Fleiß an- gewendet/ daß Er die die ſtudierende Jugend nicht nur gelehrt/ ſondern auch fromm und ſeelig machte. Demnach hatte Er Acht auf ſich und ſeine Lehre; Acht auf ſeine Untergebene/ die ihn hoͤreten. Dahin gieng ſein Gebeth und Flehen zu GOtt/ dahin ſeine Arbeit und Bemuͤhung/ das bezeugete Er ge- gen uns Diener GOttes/ und andere/ daruͤber ſatzte Er ſeine Kraͤffte und endlich ſein Leben zu. Dencket ihr/ die ihr ihn vorher/ und doch zu guter letzt kaum 48. Stunden vor ſeinem ſeeligen Ende/ am Tage da ihr des A- bendmahls theilhafftig worden/ am lieben Michaels-Feſte/ nach der Nach- mittags-Predigt/ zu guter letzt/ gegen Abend/ von Jhm gehoͤret: Denn das waren ſeine letzten Worte an euch. Jch meines Orts habe demnach ſeinen Leichen-Text, nicht wie ich wohl billich geſolt/ als ſein Cordial, hertzlichen Troſt/ Freude und Beruhigung ſeiner Seelen/ ſondern nach Gelegenheit unſererWorte vielmehr unter dieſem Vortrage euch fuͤr Augen legen wollen Den/ Sich und die Jhn hoͤren/ ſeelig zu machen bemuͤheten Schul-Lehrer. Da
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Den ſich ſelbſt und die ihn hoͤren
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Paulus ſeinem Timotheo/ und uns/ die wir im Lehr-Ambt an denen Ge-
meinden ſtehen/ hiermit anzeiget/ daß gehet auch in ſeiner Maße die in de-
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aus allen Staͤnden/ Geſchlechte und Alter thun muͤſſen/ ſie inſonderheit an
der Jugend zu verrichten haben. Gewiß genug ſollen ſie dieſelbe nicht allein
zu Wiſſenſchafften anfuͤhren/ ſondern auch und allermeiſt zu lebendiger Got-
tesſurcht und gottſeeligem Wandel. Lautets in denen Schul-Legibus un-
ter andern: Qui proficit in literis & deficit in moribus, plus deficit
quam proficit. Wer zunimmt in Wiſſenſchafften/ und abnimmt an guten
Sitten/ der nimmt mehr ab als daß er zunehme: ſo muß die liebe Jugend
wohl allermeiſt zu gottſeeligen Sitten und Wandel angefuͤhret werden/ da-
mit ſie nicht allein hier wohl lebe/ ſondern auch dereinſt ewig ſeelig werde.
Schul-Lehrer muͤſſen demnach darauf bedacht ſeyn. Unſer ſeeliger Herr
Rector Hoffmann hat/ wie ſchon vorhin angefuͤhret/ ruͤhmlichen Fleiß an-
gewendet/ daß Er die die ſtudierende Jugend nicht nur gelehrt/ ſondern auch
fromm und ſeelig machte. Demnach hatte Er Acht auf ſich und ſeine Lehre;
Acht auf ſeine Untergebene/ die ihn hoͤreten. Dahin gieng ſein Gebeth und
Flehen zu GOtt/ dahin ſeine Arbeit und Bemuͤhung/ das bezeugete Er ge-
gen uns Diener GOttes/ und andere/ daruͤber ſatzte Er ſeine Kraͤffte und
endlich ſein Leben zu. Dencket ihr/ die ihr ihn vorher/ und doch zu guter
letzt kaum 48. Stunden vor ſeinem ſeeligen Ende/ am Tage da ihr des A-
bendmahls theilhafftig worden/ am lieben Michaels-Feſte/ nach der Nach-
mittags-Predigt/ zu guter letzt/ gegen Abend/ von Jhm gehoͤret: Denn das
waren ſeine letzten Worte an euch. Jch meines Orts habe demnach ſeinen
Leichen-Text, nicht wie ich wohl billich geſolt/ als ſein Cordial, hertzlichen
Troſt/ Freude und Beruhigung ſeiner Seelen/ ſondern nach Gelegenheit
unſererWorte vielmehr unter dieſem Vortrage euch fuͤr Augen legen wollen
Den/ Sich und die Jhn hoͤren/ ſeelig zu machen
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