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Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712].

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Der sich selbst und die ihn hören
siehets wohl/ wenn frembde Völcker im Lande liegen/ die Einwohner im
Zaum zu halten. Jndessen war bey diesem Hauptmanne ein gutes Hertz
gegen das Jüdische Volck. Die Eltesten sagen: Er hat unser Volck lieb.
Es ist also nicht durchgehends wahr/ was der Poet sagt: Nulla fides, pietas-
que Viris qui castra seqvuntur.
Bey Soldaten ist weder Treu noch Fröm-
migkeit. Es kamen doch gleichwohl auch die Kriegsknechte zu Johanne dem
Täuffer und fragten: Was sollen wir thun? Luc. III, 14. Es ist ja der
fromme Hauptmann zu Cäsarien/ Apostel-Geschicht am X. Es findet sich
ja unter den Römischen Soldaten/ die Christum am Creutze bewachten/ der
Hauptmann/ der eine Furcht vor GOtt spüren ließ/ Matth. XXVII, 54.
Unser Hauptmann hat in diesen Worten das Lob/ Er habe das Volck lieb.
Nun kan man leicht erachten warum es ihm zu thun gewesen. Gewiß nicht
daß man ihn wacker beschencket/ tractiret zugedackt etc. wie es nunmehro
gehen muß/ wo man einige Gnade und Verschonen bey solchen Leuten er-
halten will. Nein! Die Eltesten sagen ein anders: Er hat uns diese
Schule erbauet. Womit sie klar die Ursache seiner Liebe an den Tag legen.
Der Gottesdienst hat ihm gefallen/ und denselben zu befördern/ hat er ihnen
die Schule erbauet. Der Juden ihre Schulen waren der Ort ihrer Zusam-
menkunfft/ da sie ihren Gottesdienst am Sabbath/ und sonst ihre Betstunden
täglich verichteten. Weil es eine Unmögligkeit/ wöchentlich zu dem einigen
Tempel zu Jerusalem zu kommen/ und den Gottesdienste obzuliegen/ ge-
schweige täglich zu denen Betstunden/ so musten in denen Städten/ ja auch
auf dem Lande oder Dörffern solche Orte seyn/ da sie Sabbaths ihren Got-
tesdienst/ und täglich ihre Betstunden halten konten. Und haben die Gelehr-
ten es längst ausgemacht/ daß/ wo nur zehen freye Menschen zusammen ge-
wohnet/ man daselbst eine Synagoge oder Schule erbauet. 1.)

Es
1.) Non est hujus loci prolixius ostendere, Decem illos qui [fremdsprachliches Material - 6 Zeichen fehlen] vocabantur
non prout Lightfoot vult, praecise Literatos & ex professo Legis Studiosos
fuisse (vid. ejus Hor. Hebr. Talm. in Matth. IV, 23) Jacobus enim Rhenferd
Franeccus L. S. Profess. hanc Lightfooti sententiam prolixe prostravit in Dis-
sertationibus de decem Otiosis Synagogae. Hoc interim certum numerum do-
narium requiri. p. m. 232. Vid. Campegius Vitringa de Synagoga veteri L. 1.
pt. 1. c. 12. cit. Rhenferd. inde Decem Otiosis passim Joh. Nicol. in Annotat.
ad Carol. Sigon. Rep. Hebr. L. 2. c. 8. p. m.
193.

Der ſich ſelbſt und die ihn hoͤren
ſiehets wohl/ wenn frembde Voͤlcker im Lande liegen/ die Einwohner im
Zaum zu halten. Jndeſſen war bey dieſem Hauptmanne ein gutes Hertz
gegen das Juͤdiſche Volck. Die Elteſten ſagen: Er hat unſer Volck lieb.
Es iſt alſo nicht durchgehends wahr/ was der Poet ſagt: Nulla fides, pietas-
que Viris qui caſtra ſeqvuntur.
Bey Soldaten iſt weder Treu noch Froͤm-
migkeit. Es kamen doch gleichwohl auch die Kriegsknechte zu Johanne dem
Taͤuffer und fragten: Was ſollen wir thun? Luc. III, 14. Es iſt ja der
fromme Hauptmann zu Caͤſarien/ Apoſtel-Geſchicht am X. Es findet ſich
ja unter den Roͤmiſchen Soldaten/ die Chriſtum am Creutze bewachten/ der
Hauptmann/ der eine Furcht vor GOtt ſpuͤren ließ/ Matth. XXVII, 54.
Unſer Hauptmann hat in dieſen Worten das Lob/ Er habe das Volck lieb.
Nun kan man leicht erachten warum es ihm zu thun geweſen. Gewiß nicht
daß man ihn wacker beſchencket/ tractiret zugedackt etc. wie es nunmehro
gehen muß/ wo man einige Gnade und Verſchonen bey ſolchen Leuten er-
halten will. Nein! Die Elteſten ſagen ein anders: Er hat uns dieſe
Schule erbauet. Womit ſie klar die Urſache ſeiner Liebe an den Tag legen.
Der Gottesdienſt hat ihm gefallen/ und denſelben zu befoͤrdern/ hat er ihnen
die Schule erbauet. Der Juden ihre Schulen waren der Ort ihrer Zuſam-
menkunfft/ da ſie ihren Gottesdienſt am Sabbath/ und ſonſt ihre Betſtunden
taͤglich verichteten. Weil es eine Unmoͤgligkeit/ woͤchentlich zu dem einigen
Tempel zu Jeruſalem zu kommen/ und den Gottesdienſte obzuliegen/ ge-
ſchweige taͤglich zu denen Betſtunden/ ſo muſten in denen Staͤdten/ ja auch
auf dem Lande oder Doͤrffern ſolche Orte ſeyn/ da ſie Sabbaths ihren Got-
tesdienſt/ und taͤglich ihre Betſtunden halten konten. Und haben die Gelehr-
ten es laͤngſt ausgemacht/ daß/ wo nur zehen freye Menſchen zuſammen ge-
wohnet/ man daſelbſt eine Synagoge oder Schule erbauet. 1.)

Es
1.) Non eſt hujus loci prolixius oſtendere, Decem illos qui [fremdsprachliches Material – 6 Zeichen fehlen] vocabantur
non prout Lightfoot vult, præciſe Literatos & ex profeſſo Legis Studioſos
fuiſſe (vid. ejus Hor. Hebr. Talm. in Matth. IV, 23) Jacobus enim Rhenferd
Franeccus L. S. Profeſſ. hanc Lightfooti ſententiam prolixe proſtravit in Diſ-
ſertationibus de decem Otioſis Synagogæ. Hoc interim certum numerum do-
narium requiri. p. m. 232. Vid. Campegius Vitringa de Synagoga veteri L. 1.
pt. 1. c. 12. cit. Rhenferd. inde Decem Otioſis paſſim Joh. Nicol. in Annotat.
ad Carol. Sigon. Rep. Hebr. L. 2. c. 8. p. m.
193.
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[2/0004] Der ſich ſelbſt und die ihn hoͤren ſiehets wohl/ wenn frembde Voͤlcker im Lande liegen/ die Einwohner im Zaum zu halten. Jndeſſen war bey dieſem Hauptmanne ein gutes Hertz gegen das Juͤdiſche Volck. Die Elteſten ſagen: Er hat unſer Volck lieb. Es iſt alſo nicht durchgehends wahr/ was der Poet ſagt: Nulla fides, pietas- que Viris qui caſtra ſeqvuntur. Bey Soldaten iſt weder Treu noch Froͤm- migkeit. Es kamen doch gleichwohl auch die Kriegsknechte zu Johanne dem Taͤuffer und fragten: Was ſollen wir thun? Luc. III, 14. Es iſt ja der fromme Hauptmann zu Caͤſarien/ Apoſtel-Geſchicht am X. Es findet ſich ja unter den Roͤmiſchen Soldaten/ die Chriſtum am Creutze bewachten/ der Hauptmann/ der eine Furcht vor GOtt ſpuͤren ließ/ Matth. XXVII, 54. Unſer Hauptmann hat in dieſen Worten das Lob/ Er habe das Volck lieb. Nun kan man leicht erachten warum es ihm zu thun geweſen. Gewiß nicht daß man ihn wacker beſchencket/ tractiret zugedackt etc. wie es nunmehro gehen muß/ wo man einige Gnade und Verſchonen bey ſolchen Leuten er- halten will. Nein! Die Elteſten ſagen ein anders: Er hat uns dieſe Schule erbauet. Womit ſie klar die Urſache ſeiner Liebe an den Tag legen. Der Gottesdienſt hat ihm gefallen/ und denſelben zu befoͤrdern/ hat er ihnen die Schule erbauet. Der Juden ihre Schulen waren der Ort ihrer Zuſam- menkunfft/ da ſie ihren Gottesdienſt am Sabbath/ und ſonſt ihre Betſtunden taͤglich verichteten. Weil es eine Unmoͤgligkeit/ woͤchentlich zu dem einigen Tempel zu Jeruſalem zu kommen/ und den Gottesdienſte obzuliegen/ ge- ſchweige taͤglich zu denen Betſtunden/ ſo muſten in denen Staͤdten/ ja auch auf dem Lande oder Doͤrffern ſolche Orte ſeyn/ da ſie Sabbaths ihren Got- tesdienſt/ und taͤglich ihre Betſtunden halten konten. Und haben die Gelehr- ten es laͤngſt ausgemacht/ daß/ wo nur zehen freye Menſchen zuſammen ge- wohnet/ man daſelbſt eine Synagoge oder Schule erbauet. 1.) Es 1.) Non eſt hujus loci prolixius oſtendere, Decem illos qui ______ vocabantur non prout Lightfoot vult, præciſe Literatos & ex profeſſo Legis Studioſos fuiſſe (vid. ejus Hor. Hebr. Talm. in Matth. IV, 23) Jacobus enim Rhenferd Franeccus L. S. Profeſſ. hanc Lightfooti ſententiam prolixe proſtravit in Diſ- ſertationibus de decem Otioſis Synagogæ. Hoc interim certum numerum do- narium requiri. p. m. 232. Vid. Campegius Vitringa de Synagoga veteri L. 1. pt. 1. c. 12. cit. Rhenferd. inde Decem Otioſis paſſim Joh. Nicol. in Annotat. ad Carol. Sigon. Rep. Hebr. L. 2. c. 8. p. m. 193.

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Zitationshilfe: Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712]. , S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/360149/4>, abgerufen am 21.11.2024.