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Hayn, Johann: Liebliches Seelen-Gespräch. Lissa, 1649.

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Leben und Abschied der Seel. Verstorb.
küsset Jhn/ sagende mit diesen Worten: Hertzlieb-
ster Schatz/ nun wil Jch gehen zu Gott vor Euch/
mich und uns alle hertzlich zu beten/ gleich/ als ob sie
Jhn gesegnen thäte. Nach vollendung des Got-
tesdienstes ist Sie frölich nach Hause kommen/
und hat Jhrem lieben Herren den gantzen Jnhalt
der Predigt erzehlet: Nachmalß auch selbten
gantzen Tag gar freymüttig ohne alle Sorgen/
Kümmernüß oder Bestellung des Haußwesens
(in welchem Sie sonsten gantz eyfferig und emb-
sig gewest) sich erwiesen; Abends noch wol ge-
gessen und getruncken/ auch nach neun Uhr das
liebe Kind voran durch die Köchin schlaffen führen
lassen. Und als Sie zugleich auch mit die Stiegen
hinauff gehet/ fänget Sie an zu klagen/ sagende:
Mein GOTT/ nur ist gleich/ als wann mir siedend
Wasser unter das Gesicht gegossen würde. Als Sie
aber über die Stiegen hinauff ist/ ruffet Sie über-
laut: Ach mein GOTT/ wie geschicht mir/ ach
GOtt sey mir gnädig: Worauff Sie beginnet zu
taumeln und zu sincken/ also/ daß Sie die Köchin
kaum ergreiffen kan; Da ruffet Sie weiter/
Ach GOtt hilff/ Ach GOtt sey mir gnädig/ unnd
sincket nieder/ darbey mit schwacher lallender
Zungen sagende: Ach Schlagwasser auff dem
Fenster. Als nun die Köchin umb Hülffe ruffet/
und der Herr bald zulaufft/ können Sie Sie mit
genawer Noth auffs Bette bringen/ reiben mit
Pulß- Schlag- unnd Krafftwasser nach bestem

vermö-
F iij

Leben und Abſchied der Seel. Verſtorb.
kuͤſſet Jhn/ ſagende mit dieſen Worten: Hertzlieb-
ſter Schatz/ nun wil Jch gehen zu Gott vor Euch/
mich uñ uns alle hertzlich zu beten/ gleich/ als ob ſie
Jhn geſegnen thaͤte. Nach vollendung des Got-
tesdienſtes iſt Sie froͤlich nach Hauſe kommen/
und hat Jhrem lieben Herren den gantzen Jnhalt
der Predigt erzehlet: Nachmalß auch ſelbten
gantzen Tag gar freymuͤttig ohne alle Sorgen/
Kuͤmmernuͤß oder Beſtellung des Haußweſens
(in welchem Sie ſonſten gantz eyfferig und emb-
ſig geweſt) ſich erwieſen; Abends noch wol ge-
geſſen und getruncken/ auch nach neun Uhr das
liebe Kind voran durch die Koͤchin ſchlaffen fuͤhren
laſſen. Und als Sie zugleich auch mit die Stiegen
hinauff gehet/ faͤnget Sie an zu klagen/ ſagende:
Mein GOTT/ nur iſt gleich/ als wann mir ſiedend
Waſſer unter das Geſicht gegoſſen wuͤrde. Als Sie
aber uͤber die Stiegen hinauff iſt/ ruffet Sie uͤber-
laut: Ach mein GOTT/ wie geſchicht mir/ ach
GOtt ſey mir gnaͤdig: Worauff Sie beginnet zu
taumeln und zu ſincken/ alſo/ daß Sie die Koͤchin
kaum ergreiffen kan; Da ruffet Sie weiter/
Ach GOtt hilff/ Ach GOtt ſey mir gnaͤdig/ unnd
ſincket nieder/ darbey mit ſchwacher lallender
Zungen ſagende: Ach Schlagwaſſer auff dem
Fenſter. Als nun die Koͤchin umb Huͤlffe ruffet/
und der Herr bald zulaufft/ koͤnnen Sie Sie mit
genawer Noth auffs Bette bringen/ reiben mit
Pulß- Schlag- unnd Krafftwaſſer nach beſtem

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[0045] Leben und Abſchied der Seel. Verſtorb. kuͤſſet Jhn/ ſagende mit dieſen Worten: Hertzlieb- ſter Schatz/ nun wil Jch gehen zu Gott vor Euch/ mich uñ uns alle hertzlich zu beten/ gleich/ als ob ſie Jhn geſegnen thaͤte. Nach vollendung des Got- tesdienſtes iſt Sie froͤlich nach Hauſe kommen/ und hat Jhrem lieben Herren den gantzen Jnhalt der Predigt erzehlet: Nachmalß auch ſelbten gantzen Tag gar freymuͤttig ohne alle Sorgen/ Kuͤmmernuͤß oder Beſtellung des Haußweſens (in welchem Sie ſonſten gantz eyfferig und emb- ſig geweſt) ſich erwieſen; Abends noch wol ge- geſſen und getruncken/ auch nach neun Uhr das liebe Kind voran durch die Koͤchin ſchlaffen fuͤhren laſſen. Und als Sie zugleich auch mit die Stiegen hinauff gehet/ faͤnget Sie an zu klagen/ ſagende: Mein GOTT/ nur iſt gleich/ als wann mir ſiedend Waſſer unter das Geſicht gegoſſen wuͤrde. Als Sie aber uͤber die Stiegen hinauff iſt/ ruffet Sie uͤber- laut: Ach mein GOTT/ wie geſchicht mir/ ach GOtt ſey mir gnaͤdig: Worauff Sie beginnet zu taumeln und zu ſincken/ alſo/ daß Sie die Koͤchin kaum ergreiffen kan; Da ruffet Sie weiter/ Ach GOtt hilff/ Ach GOtt ſey mir gnaͤdig/ unnd ſincket nieder/ darbey mit ſchwacher lallender Zungen ſagende: Ach Schlagwaſſer auff dem Fenſter. Als nun die Koͤchin umb Huͤlffe ruffet/ und der Herr bald zulaufft/ koͤnnen Sie Sie mit genawer Noth auffs Bette bringen/ reiben mit Pulß- Schlag- unnd Krafftwaſſer nach beſtem vermoͤ- F iij

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Zitationshilfe: Hayn, Johann: Liebliches Seelen-Gespräch. Lissa, 1649, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/360994/45>, abgerufen am 21.11.2024.