Arnold, Johannes: Die Bittere Klage über den Erschlagenen in meinem Volck. Pirna, 1713.über den Erschlagenen in meinem Volck. Und von dem Ulm-Baum observiren sie/ daß/ ob er gleich alt/ und vorige Amicus post mortem, Hier siebst du einen treuen Freund/ Ders nach dem Tod auch redlich meynt. So nun GOtt denen unvernünfftigen und leblosen Creaturen solche be- Ardorem meum illa non minuit, qvae mihi semper vivit. So wenig Jmmer-grün auff dieser Welt verdirbt; So wenig mein Gemahl in meinem Hertzen stirbt. Und bey dem Orpheo und seiner Euridice stehen die Worte: Amor post funera vivit. Stirbt gleich mein treues Weib dahin/ Durch meine Lieb ich bey ihr bin. Jsts demnach also/ so irren viele unter denen Astrologis und Stern-2. beschrei-
uͤber den Erſchlagenen in meinem Volck. Und von dem Ulm-Baum obſerviren ſie/ daß/ ob er gleich alt/ und vorige Amicus poſt mortem, Hier ſiebſt du einen treuen Freund/ Ders nach dem Tod auch redlich meynt. So nun GOtt denen unvernuͤnfftigen und lebloſen Creaturen ſolche be- Ardorem meum illa non minuit, qvæ mihi ſemper vivit. So wenig Jmmer-gruͤn auff dieſer Welt verdirbt; So wenig mein Gemahl in meinem Hertzen ſtirbt. Und bey dem Orpheo und ſeiner Euridice ſtehen die Worte: Amor poſt funera vivit. Stirbt gleich mein treues Weib dahin/ Durch meine Lieb ich bey ihr bin. Jſts demnach alſo/ ſo irren viele unter denen Aſtrologis und Stern-2. beſchrei-
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uͤber den Erſchlagenen in meinem Volck.
Und von dem Ulm-Baum obſerviren ſie/ daß/ ob er gleich alt/ und vorige
Kraͤffte nicht mehr habe/ halte er doch den Weinſtock/ der bey ihm ſtehe/
ſo wohl/ als wenn er noch friſch waͤre/ weßhalben ſie ihm dieſe Umſchrifft
geben:
Amicus poſt mortem,
Hier ſiebſt du einen treuen Freund/
Ders nach dem Tod auch redlich meynt.
So nun GOtt denen unvernuͤnfftigen und lebloſen Creaturen ſolche be-
ſtaͤndige Liebe auch nach dem Todte eingepflantzet hat/ wie vielmehr ſoll
bey vernuͤnfftigen Menſchen und frommen Chriſten die Liebe und Freund-
ſchafft gegen ihre verſtorbene Freunde beſtaͤndig verbleiben/ und mit vie-
len Thraͤnen gegen dieſelben bezeiget werden. Das wuſte der loͤbliche
Hertzog zu Saphoyen/ Herr Carol Emanuel II. als welcher nach ſeiner
Gemahlin Tode das Kraut Jmmer-gruͤne mahlen laſſen/ mit der Uber-
ſchrifft:
Ardorem meum illa non minuit, qvæ mihi ſemper vivit.
So wenig Jmmer-gruͤn auff dieſer Welt verdirbt;
So wenig mein Gemahl in meinem Hertzen ſtirbt.
Und bey dem Orpheo und ſeiner Euridice ſtehen die Worte:
Amor poſt funera vivit.
Stirbt gleich mein treues Weib dahin/
Durch meine Lieb ich bey ihr bin.
Jſts demnach alſo/ ſo irren viele unter denen Aſtrologis und Stern-
Sehern/ welche aus dem Lauff der Geſtirne denen Menſchen ihr Nativi-
taͤt zu ſtellen/ und unter andern auch die Zeit und Stunde ihres Todes zu
beſtimmen ſich freventlich unterſtehen. Wie vor dieſem Petrus Aleacus
geweſen/ welcher aus dem Geſtirne der Menſchen zukuͤnfftiges Gluͤck und Un-
gluͤck/ Lebens-Arth/ Reichthum/ Tod/ des Todes Arth und Stunde verkuͤndi-
gen wollen/ wie Pererius Lib. 11. ingen. Diſp. adv. Aſtrol. erzehlet/ und ihn
widerleget. Ja Cardanus darff ſich unterſtehen/ Chriſto ſelbſt ein Na-
tivitaͤt aus dem Geſtirne zu ſtellen/ und vorzugeben/ es habe nicht anders
ſeyn koͤnnen/ Chriſtus habe muͤſſen/ vermoͤge des Lauffs ſeines Geburths-
Geſtirns/ eines gewaltſamen Todes ſterben. (vid. Bald. caſ. conſc. p. 787.)
Allein/ ſo wenig Jonathan und unſer ſel. Verſtorbene ihre Todes-Stun-
de wuſten/ ſondern ſie uͤberfiel ſie ploͤtzlich und unverhofft; ſo wenig koͤn-
nen auch dieſe Stern-Seher der Menſchen Todes-Stunde wiſſen und
beſchrei-
2.
Elenchti-
cus.
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