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Arnold, Johannes: Die Bittere Klage über den Erschlagenen in meinem Volck. Pirna, 1713.

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Die bittere Klage
beschreiben/ denn GOtt hat die Sterne (1.) nicht zu dem Ende erschaffen/
daß sie den Menschen ihr zukünfftiges Glück und Unglück/ Leben und
Tod vorher verkündigen/ sondern daß sie ihnen des Nachts zu ihren Ver-
richtungen leuchten sollen/ (Gen. I, 16. 17.)

(2.) Hat sich GOtt die zukünfftigen Dinge zu verkündigen allein vor-
behalten/ und gehören dieselbigen zu seiner Allwissenheit/ wie (Jes. XLI, 21.
c. XLIV, 24. c. XLVII,
13.) zu ersehen. Weßhalben Göttl. Allwissenheit

(3.) Diese sündliche Curiosität seinem Volck/ als einen Greuel/ ernstlich
untersaget/ (Lev. XIX, 31. Devt. XIIX, 10. 11. 12.) Auch vors

(4.) Solchen nichtigen und betrüglichen Weissagern das ewige Ver-
dammniß ernstlich angedräuet/ indem Jesaias von ihnen weissagen muß:
Siehe/ sie sind wie Stoppeln/ die das Feuer verbrennet/ sie können ihr
Leben nicht erretten für der Flammen/ (Jes. XLVI, 14.) Worüber der sel.
Augustinus also glossiret: Qvi opinantur, ineluctabilia esse, qvae
praedicuntur ab Astrologis, magnam coelo injuriam inferunt, aqve
Deo neutiqvam ferri possunt. (vid. Balduin. Loc. cit. p. 779. seqq. Men-
gering. Informator. conscient. p.
89.)

Auch betrügen sich und irrren die Stoici, oder etliche derer Philosopho-
um,
als welche alle menschliche Affecten von den menschen hinwegneh-
men/ und sie zu gantz unempfindlichen Creaturen des Glücks und Unglücks/
der Freude und der Traurigkeit machen wollen; wie Plutarchus de Stoi-
cis
hin und wieder gedencket: Alleine wie sehr sie fehlen/ sehen wir aus
dem Exempel Davids und unsers selig-Verstorbenen Hinterlassenen/ wel-
che über dem unverhofften Verlust ihres Freundes mit ihm von Hertzen
betrübt seyn/ und sich von ihm vernehmen lassen: Es ist uns leid um
dich/ mein Bruder Jonathan.
Jngleichen an unserm Heyland/ als
welcher sich nicht nur allein gefreuet/ sondern auch zu unterschiedlichen
mahlen bitterlich geweinet/ (Luc. XIX, 41. Joh. XI, 33. Ebr. V, 7.) Aus
dem heilsamen Absehen des grossen GOttes bey Einpflantzung derer Affecten
und Begierden/ seinen ernstlichen Befehlen/ sich zu freuen mit den Freuen-
den/ zu weinen mit den Weinenden/ frölich zu seyn in Hoffnung/ gedultig
in Trübsalen/ (Rom. XII, 12. 15.) Auch aus denen vielen Exempel derer
Frommen/ welche sich gefreuet haben/ wenn es den Gerechten wohl ge-
gangen/ aber betrübet/ wann es ihnen übel gangen.

Paedevti-
cus.
Jst nun der Todt gewiß/ die Todtes-Stunde aber so ungewiß/ praepa-
remus qvotidie ad mortem,
so lasset uns doch täglich zu unserm Todte
bereiten.

Kein

Die bittere Klage
beſchreiben/ denn GOtt hat die Sterne (1.) nicht zu dem Ende erſchaffen/
daß ſie den Menſchen ihr zukuͤnfftiges Gluͤck und Ungluͤck/ Leben und
Tod vorher verkuͤndigen/ ſondern daß ſie ihnen des Nachts zu ihren Ver-
richtungen leuchten ſollen/ (Gen. I, 16. 17.)

(2.) Hat ſich GOtt die zukuͤnfftigen Dinge zu verkuͤndigen allein vor-
behalten/ und gehoͤren dieſelbigen zu ſeiner Allwiſſenheit/ wie (Jeſ. XLI, 21.
c. XLIV, 24. c. XLVII,
13.) zu erſehen. Weßhalben Goͤttl. Allwiſſenheit

(3.) Dieſe ſuͤndliche Curioſitaͤt ſeinem Volck/ als einen Greuel/ ernſtlich
unterſaget/ (Lev. XIX, 31. Devt. XIIX, 10. 11. 12.) Auch vors

(4.) Solchen nichtigen und betruͤglichen Weiſſagern das ewige Ver-
dam̃niß ernſtlich angedraͤuet/ indem Jeſaias von ihnen weiſſagen muß:
Siehe/ ſie ſind wie Stoppeln/ die das Feuer verbrennet/ ſie koͤnnen ihr
Leben nicht erretten fuͤr der Flammen/ (Jeſ. XLVI, 14.) Woruͤber der ſel.
Auguſtinus alſo glosſiret: Qvi opinantur, ineluctabilia eſſe, qvæ
prædicuntur ab Aſtrologis, magnam cœlo injuriam inferunt, àqve
Deo neutiqvam ferri poſſunt. (vid. Balduin. Loc. cit. p. 779. ſeqq. Men-
gering. Informator. conſcient. p.
89.)

Auch betruͤgen ſich und irrren die Stoici, oder etliche derer Philoſopho-
um,
als welche alle menſchliche Affecten von den menſchen hinwegneh-
men/ und ſie zu gantz unempfindlichen Creaturen des Gluͤcks und Ungluͤcks/
der Freude und der Traurigkeit machen wollen; wie Plutarchus de Stoi-
cis
hin und wieder gedencket: Alleine wie ſehr ſie fehlen/ ſehen wir aus
dem Exempel Davids und unſers ſelig-Verſtorbenen Hinterlaſſenen/ wel-
che uͤber dem unverhofften Verluſt ihres Freundes mit ihm von Hertzen
betruͤbt ſeyn/ und ſich von ihm vernehmen laſſen: Es iſt uns leid um
dich/ mein Bruder Jonathan.
Jngleichen an unſerm Heyland/ als
welcher ſich nicht nur allein gefreuet/ ſondern auch zu unterſchiedlichen
mahlen bitterlich geweinet/ (Luc. XIX, 41. Joh. XI, 33. Ebr. V, 7.) Aus
dem heilſamen Abſehen des groſſen GOttes bey Einpflantzung derer Affecten
und Begierden/ ſeinen ernſtlichen Befehlen/ ſich zu freuen mit den Freuen-
den/ zu weinen mit den Weinenden/ froͤlich zu ſeyn in Hoffnung/ gedultig
in Truͤbſalen/ (Rom. XII, 12. 15.) Auch aus denen vielen Exempel derer
Frommen/ welche ſich gefreuet haben/ wenn es den Gerechten wohl ge-
gangen/ aber betruͤbet/ wann es ihnen uͤbel gangen.

Pædevti-
cus.
Jſt nun der Todt gewiß/ die Todtes-Stunde aber ſo ungewiß/ præpa-
remus qvotidie ad mortem,
ſo laſſet uns doch taͤglich zu unſerm Todte
bereiten.

Kein
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[32/0032] Die bittere Klage beſchreiben/ denn GOtt hat die Sterne (1.) nicht zu dem Ende erſchaffen/ daß ſie den Menſchen ihr zukuͤnfftiges Gluͤck und Ungluͤck/ Leben und Tod vorher verkuͤndigen/ ſondern daß ſie ihnen des Nachts zu ihren Ver- richtungen leuchten ſollen/ (Gen. I, 16. 17.) (2.) Hat ſich GOtt die zukuͤnfftigen Dinge zu verkuͤndigen allein vor- behalten/ und gehoͤren dieſelbigen zu ſeiner Allwiſſenheit/ wie (Jeſ. XLI, 21. c. XLIV, 24. c. XLVII, 13.) zu erſehen. Weßhalben Goͤttl. Allwiſſenheit (3.) Dieſe ſuͤndliche Curioſitaͤt ſeinem Volck/ als einen Greuel/ ernſtlich unterſaget/ (Lev. XIX, 31. Devt. XIIX, 10. 11. 12.) Auch vors (4.) Solchen nichtigen und betruͤglichen Weiſſagern das ewige Ver- dam̃niß ernſtlich angedraͤuet/ indem Jeſaias von ihnen weiſſagen muß: Siehe/ ſie ſind wie Stoppeln/ die das Feuer verbrennet/ ſie koͤnnen ihr Leben nicht erretten fuͤr der Flammen/ (Jeſ. XLVI, 14.) Woruͤber der ſel. Auguſtinus alſo glosſiret: Qvi opinantur, ineluctabilia eſſe, qvæ prædicuntur ab Aſtrologis, magnam cœlo injuriam inferunt, àqve Deo neutiqvam ferri poſſunt. (vid. Balduin. Loc. cit. p. 779. ſeqq. Men- gering. Informator. conſcient. p. 89.) Auch betruͤgen ſich und irrren die Stoici, oder etliche derer Philoſopho- um, als welche alle menſchliche Affecten von den menſchen hinwegneh- men/ und ſie zu gantz unempfindlichen Creaturen des Gluͤcks und Ungluͤcks/ der Freude und der Traurigkeit machen wollen; wie Plutarchus de Stoi- cis hin und wieder gedencket: Alleine wie ſehr ſie fehlen/ ſehen wir aus dem Exempel Davids und unſers ſelig-Verſtorbenen Hinterlaſſenen/ wel- che uͤber dem unverhofften Verluſt ihres Freundes mit ihm von Hertzen betruͤbt ſeyn/ und ſich von ihm vernehmen laſſen: Es iſt uns leid um dich/ mein Bruder Jonathan. Jngleichen an unſerm Heyland/ als welcher ſich nicht nur allein gefreuet/ ſondern auch zu unterſchiedlichen mahlen bitterlich geweinet/ (Luc. XIX, 41. Joh. XI, 33. Ebr. V, 7.) Aus dem heilſamen Abſehen des groſſen GOttes bey Einpflantzung derer Affecten und Begierden/ ſeinen ernſtlichen Befehlen/ ſich zu freuen mit den Freuen- den/ zu weinen mit den Weinenden/ froͤlich zu ſeyn in Hoffnung/ gedultig in Truͤbſalen/ (Rom. XII, 12. 15.) Auch aus denen vielen Exempel derer Frommen/ welche ſich gefreuet haben/ wenn es den Gerechten wohl ge- gangen/ aber betruͤbet/ wann es ihnen uͤbel gangen. Jſt nun der Todt gewiß/ die Todtes-Stunde aber ſo ungewiß/ præpa- remus qvotidie ad mortem, ſo laſſet uns doch taͤglich zu unſerm Todte bereiten. Pædevti- cus. Kein

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Zitationshilfe: Arnold, Johannes: Die Bittere Klage über den Erschlagenen in meinem Volck. Pirna, 1713, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/392439/32>, abgerufen am 28.03.2024.