Arnold, Johannes: Die Bittere Klage über den Erschlagenen in meinem Volck. Pirna, 1713.über den Erschlagenen in meinem Volck. dentem timeas; Gewiß ists/ daß wir sterben müssen/ ungewiß aber/ anwelchem Tage/ so fürchte dich demnach alle Stunden vor dem hereinbre- chenden Tode. Der kluge Seneca lachet solche rohe Welt-Kinder aus/ und schreibet in Agamemnone: Fleres, si scires, unum tua tempora mensem; Rides, cum non sit forsitan una dies. Du würdest weinen/ wenn du wüstest/ daß deine Lebens-Zeit sich nur auf Und wie solche sichere rohe Welt-Kinder an keine Zubereitung zu ihrem nichts
uͤber den Erſchlagenen in meinem Volck. dentem timeas; Gewiß iſts/ daß wir ſterben muͤſſen/ ungewiß aber/ anwelchem Tage/ ſo fuͤrchte dich demnach alle Stunden vor dem hereinbre- chenden Tode. Der kluge Seneca lachet ſolche rohe Welt-Kinder aus/ und ſchreibet in Agamemnone: Fleres, ſi ſcires, unum tua tempora menſem; Rides, cum non ſit forſitan una dies. Du wuͤrdeſt weinen/ wenn du wuͤſteſt/ daß deine Lebens-Zeit ſich nur auf Und wie ſolche ſichere rohe Welt-Kinder an keine Zubereitung zu ihrem nichts
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uͤber den Erſchlagenen in meinem Volck.
dentem timeas; Gewiß iſts/ daß wir ſterben muͤſſen/ ungewiß aber/ an
welchem Tage/ ſo fuͤrchte dich demnach alle Stunden vor dem hereinbre-
chenden Tode. Der kluge Seneca lachet ſolche rohe Welt-Kinder aus/
und ſchreibet in Agamemnone:
Fleres, ſi ſcires, unum tua tempora menſem;
Rides, cum non ſit forſitan una dies.
Du wuͤrdeſt weinen/ wenn du wuͤſteſt/ daß deine Lebens-Zeit ſich nur auf
einen Monath erſtrecken ſolte; aber da lacheſt du/ da ſie vielleicht nicht ei-
nen Tag waͤhret. Und was Wunder/ daß ſolche ſichere rohe Welt-Kin-
der ploͤtzlich von dem Tode uͤbereilet/ in ihren Suͤnden dahin ſterben/ mit
Leib und Seele zeitlich und ewig verderben/ und mit dem reichen Manne
in alle Ewigkeit in der Hoͤllen muͤſſen geqvaͤlet und gemartert werden/
Chriſti untruͤglicher Mund hat ſolchen Leuten das Weh/ und ein immer-
waͤhrendes Hungern und Heulen zuerkannt: Wehe euch/ die ihr voll ſeyd/
denn euch wird hungern. Wehe euch/ die ihr hier lachet/ denn ihr werdet
weinen und heulen/ (Luc. 6, 25.) David draͤuet ihnen ein kurtzes und
ploͤtzliches Ende: Die Blutgierigen/ Falſchen/ (Gott- und Ruchloſen) wer-
den ihr Leben nicht zur Helffte bringen/ (Pſal. LV, 24.) Du ſetzeſt ſie aufs
Schlipffrige/ und ſtuͤrtzeſt ſie zu Boden; wie werden ſie ſo ploͤtzlich zu nich-
te? ſie gehen unter/ und nehmen ein Ende mit Schrecken/ (Pſal. LXXII,
18.) Und Paulus ſchlieſt ſie gar von dem Himmel aus/ und verweiſt ſie in
die Hoͤlle. Offenbahr ſind die Wercke des Fleiſches/ als da iſt/ Feind-
ſchafft/ Hader/ Neid/ Zorn/ Zanck/ Zwietracht/ Haß/ Mord/ Sauffen/
Freſſen und dergleichen/ von welchen ich euch habe zuvor geſagt/ und ſage
noch zuvor/ daß/ die ſolches thun/ werden das Reich GOttes nicht erer-
ben/ (Gal. V, 19. 20. 21. Phil. III, 18. 19.) Bernhardus ſchreibet: De Ni-
mia vitæ præſentis fallacia; gaudent homines in cibis, gaudent in
pompis, gaudent in divitiis, gaudent & in vitiis homines, ſed luctus
extrema occubat ejusmodi gaudiorum, die Menſchen erfreuen ſich
uͤber Wolleben/ eſſen/ trincken/ koͤſtliche Kleider-Pracht/ Geld und groſſes
Vermoͤgen/ oder wohl gar uͤber allerhand wiſſentlichen und vorſetzlichen
Suͤnden; Alleine/ wenn die Suͤnde vollendet iſt/ gebuͤhret ſie den Tod/
(Jac. I, 15.)
Und wie ſolche ſichere rohe Welt-Kinder an keine Zubereitung zu ihrem
Tode gedencken/ alſo vergeſſen ſie auch gar leicht die Freundſchafft ihrer
Freunde/ beweinen und beklagen ſie bey ihrem Todte entweder gar nicht/
oder doch nur von auſſen/ und auff eine heuchleriſche Arth/ ſo/ daß das Hertz
nichts
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