Anmelden (DTAQ)

DWDS dlexDB CLARIN-D

Mahler, Georg Ernst: Entwurff oder Merckbild Eines Gottergebenen Christen-Menschen. Freyberg, 1675.

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

Abdanckungs-Rede.

anakos ekhousi, den Bekümmerten und Bedrengten behülfflich gewesen.
Wolte nur GOtt/ er wehre nicht auch ancis oder behauen gewesen/
ich meine/ von seiner hiebevor zugestossenen Schwachheit nicht so abge-
kräfftet/ abgemattet und fast gantz erschöpffet worden.

Allein es kämpffte dieser Grosse dennoch in Christlicher Gedult/
welche alles überwindet. Jn seiner langwierigen Schwachheit/ und
andern Hauß-Creutze hatte er stets nicht allein ein Jacobs- und Da-
vids-sondern auch rechtes Hiobs-Hertz/ und sagte: Sit nomen Do-
mini benedictum!

Sehet! mit was vor tapffern Mnthe/ Christlicher Hertzhafftig-
keit und bereitem Willen unser Geistlicher Fürst und Grosser in J-
srael/ unser sel. Herr Inspector auch dem Tode selbsten gleichsam ent-
gegen gangen. Wenig Tage vor seinem seligen Ende hat er eine
gar eigentliche und genaue Disposition und Anordnung seiner Exeqvien
mit eigener Hand auffgesetzet/ und mit dem alten Tobia gleichsam ge-
sagt: Jch warte auff ein Leben/ welches GOTT geben wird denen
die im Glauben starck und feste bleiben für ihm. Viel behertzter als
der sonst berunhmte Held und edle Römer Brutus, welcher/ wie Vale-
rius Max. gedencket/ sich so sehr für dem Tode entsetzet/ daß/ als er auff
Befehl des Antonii vom Leben zum Tode sollen gebracht werden/ er
nur noch umb eine kleine Frist gebethen habe. Nein/ so verzagt war
unser sel. Herr Inspector nicht; Sondern er hatte Lust abzuschei-
den/ oder/ aus dieser Welt-Herberge heim zugehen/ wie das Wort ana-
lusai Philippus Mel. in einem mit Camerario, kurtz vor seinem Ende
gehaltenen Colloqvio, gar schön erkläret.

Darumb so machte ihn GOtt auch groß in dem Tode selbsten.
Es sind sonsten alle Menschen/ wie jener Gelehrte sagt/ einander gleich
in zweyen stücken/ die beissen; Nasci und Denasci. Welches auch
zwar noch eher passiren kan/ als des sonst durch seine Schrifften nütz-
lichen Frantzosen Mons. de la Chambre opinion, daß die Menschen
auch in der Welt-Weißheit dergestalt zuvergleichen/ & que la Philoso-
phie estoit aussi commune, que le sens commun mesme. Gleich-

wohl

F 2

Abdanckungs-Rede.

ἀνακῶς ἔχουσι, den Bekuͤmmerten und Bedrengten behuͤlfflich geweſen.
Wolte nur GOtt/ er wehre nicht auch ancis oder behauen geweſen/
ich meine/ von ſeiner hiebevor zugeſtoſſenen Schwachheit nicht ſo abge-
kraͤfftet/ abgemattet und faſt gantz erſchoͤpffet worden.

Allein es kaͤmpffte dieſer Groſſe dennoch in Chriſtlicher Gedult/
welche alles uͤberwindet. Jn ſeiner langwierigen Schwachheit/ und
andern Hauß-Creutze hatte er ſtets nicht allein ein Jacobs- und Da-
vids-ſondern auch rechtes Hiobs-Hertz/ und ſagte: Sit nomen Do-
mini benedictum!

Sehet! mit was vor tapffern Mnthe/ Chriſtlicher Hertzhafftig-
keit und bereitem Willen unſer Geiſtlicher Fuͤrſt und Groſſer in J-
ſrael/ unſer ſel. Herr Inſpector auch dem Tode ſelbſten gleichſam ent-
gegen gangen. Wenig Tage vor ſeinem ſeligen Ende hat er eine
gar eigentliche und genaue Diſpoſition und Anordnung ſeiner Exeqvien
mit eigener Hand auffgeſetzet/ und mit dem alten Tobia gleichſam ge-
ſagt: Jch warte auff ein Leben/ welches GOTT geben wird denen
die im Glauben ſtarck und feſte bleiben fuͤr ihm. Viel behertzter als
der ſonſt berũhmte Held und edle Roͤmer Brutus, welcher/ wie Vale-
rius Max. gedencket/ ſich ſo ſehr für dem Tode entſetzet/ daß/ als er auff
Befehl des Antonii vom Leben zum Tode ſollen gebracht werden/ er
nur noch umb eine kleine Friſt gebethen habe. Nein/ ſo verzagt war
unſer ſel. Herr Inſpector nicht; Sondern er hatte Luſt abzuſchei-
den/ oder/ aus dieſer Welt-Herberge heim zugehen/ wie das Wort ἀνα-
λῦσαι Philippus Mel. in einem mit Camerario, kurtz vor ſeinem Ende
gehaltenen Colloqvio, gar ſchoͤn erklaͤret.

Darumb ſo machte ihn GOtt auch groß in dem Tode ſelbſten.
Es ſind ſonſten alle Menſchen/ wie jener Gelehrte ſagt/ einander gleich
in zweyen ſtuͤcken/ die beiſſen; Naſci und Denaſci. Welches auch
zwar noch eher paſſiren kan/ als des ſonſt durch ſeine Schrifften nütz-
lichen Frantzoſen Monſ. de la Chambre opinion, daß die Menſchen
auch in der Welt-Weißheit dergeſtalt zuvergleichen/ & que la Philoſo-
phie eſtoit ausſi commune, que le ſens commun meſme. Gleich-

wohl

F 2

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsOration" n="1">
        <p><pb facs="#f0043"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Abdanckungs-Rede.</hi></fw><lb/>
&#x1F00;&#x03BD;&#x03B1;&#x03BA;&#x1FF6;&#x03C2; &#x1F14;&#x03C7;&#x03BF;&#x03C5;&#x03C3;&#x03B9;, den Beku&#x0364;mmerten und Bedrengten behu&#x0364;lfflich gewe&#x017F;en.<lb/>
Wolte nur GOtt/ er wehre nicht auch <hi rendition="#aq">ancis</hi> oder behauen gewe&#x017F;en/<lb/>
ich meine/ von &#x017F;einer hiebevor zuge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;enen Schwachheit nicht &#x017F;o abge-<lb/>
kra&#x0364;fftet/ abgemattet und fa&#x017F;t gantz er&#x017F;cho&#x0364;pffet worden.</p><lb/>
        <p>Allein es ka&#x0364;mpffte die&#x017F;er Gro&#x017F;&#x017F;e dennoch in Chri&#x017F;tlicher Gedult/<lb/>
welche alles u&#x0364;berwindet. Jn &#x017F;einer langwierigen Schwachheit/ und<lb/>
andern Hauß-Creutze hatte er &#x017F;tets nicht allein ein Jacobs- und Da-<lb/>
vids-&#x017F;ondern auch rechtes Hiobs-Hertz/ und &#x017F;agte: <hi rendition="#aq">Sit nomen Do-<lb/>
mini benedictum!</hi></p><lb/>
        <p>Sehet! mit was vor tapffern Mnthe/ Chri&#x017F;tlicher Hertzhafftig-<lb/>
keit und bereitem Willen un&#x017F;er Gei&#x017F;tlicher Fu&#x0364;r&#x017F;t und Gro&#x017F;&#x017F;er in J-<lb/>
&#x017F;rael/ un&#x017F;er &#x017F;el. Herr <hi rendition="#aq">In&#x017F;pector</hi> auch dem Tode &#x017F;elb&#x017F;ten gleich&#x017F;am ent-<lb/>
gegen gangen. Wenig Tage vor &#x017F;einem &#x017F;eligen Ende hat er eine<lb/>
gar eigentliche und genaue <hi rendition="#aq">Di&#x017F;po&#x017F;ition</hi> und Anordnung &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Exeqvi</hi>en<lb/>
mit eigener Hand auffge&#x017F;etzet/ und mit dem alten <hi rendition="#aq">Tobia</hi> gleich&#x017F;am ge-<lb/>
&#x017F;agt: Jch warte auff ein Leben/ welches GOTT geben wird denen<lb/>
die im Glauben &#x017F;tarck und fe&#x017F;te bleiben fu&#x0364;r ihm. Viel behertzter als<lb/>
der &#x017F;on&#x017F;t beru&#x0303;hmte Held und edle Ro&#x0364;mer <hi rendition="#aq"><persName>Brutus</persName>,</hi> welcher/ wie <hi rendition="#aq"><persName>Vale-<lb/>
rius Max.</persName></hi> gedencket/ &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;ehr für dem Tode ent&#x017F;etzet/ daß/ als er auff<lb/>
Befehl des <hi rendition="#aq"><persName>Antonii</persName></hi> vom Leben zum Tode &#x017F;ollen gebracht werden/ er<lb/>
nur noch umb eine kleine Fri&#x017F;t gebethen habe. Nein/ &#x017F;o verzagt war<lb/>
un&#x017F;er &#x017F;el. Herr <hi rendition="#aq">In&#x017F;pector</hi> nicht; Sondern er hatte Lu&#x017F;t abzu&#x017F;chei-<lb/>
den/ oder/ aus die&#x017F;er Welt-Herberge heim zugehen/ wie das Wort &#x1F00;&#x03BD;&#x03B1;-<lb/>
&#x03BB;&#x1FE6;&#x03C3;&#x03B1;&#x03B9; <hi rendition="#aq"><persName>Philippus Mel.</persName></hi> in einem mit <hi rendition="#aq"><persName>Camerario</persName>,</hi> kurtz vor &#x017F;einem Ende<lb/>
gehaltenen <hi rendition="#aq">Colloqvio,</hi> gar &#x017F;cho&#x0364;n erkla&#x0364;ret.</p><lb/>
        <p>Darumb &#x017F;o machte ihn GOtt auch groß in dem Tode &#x017F;elb&#x017F;ten.<lb/>
Es &#x017F;ind &#x017F;on&#x017F;ten alle Men&#x017F;chen/ wie jener Gelehrte &#x017F;agt/ einander gleich<lb/>
in zweyen &#x017F;tu&#x0364;cken/ die bei&#x017F;&#x017F;en; <hi rendition="#aq">Na&#x017F;ci</hi> und <hi rendition="#aq">Dena&#x017F;ci.</hi> Welches auch<lb/>
zwar noch eher <hi rendition="#aq">pa&#x017F;&#x017F;iren</hi> kan/ als des &#x017F;on&#x017F;t durch &#x017F;eine Schrifften nütz-<lb/>
lichen Frantzo&#x017F;en <hi rendition="#aq"><persName>Mon&#x017F;. de la Chambre</persName> opinion,</hi> daß die Men&#x017F;chen<lb/>
auch in der Welt-Weißheit derge&#x017F;talt zuvergleichen/ &amp; <hi rendition="#aq">que la Philo&#x017F;o-<lb/>
phie e&#x017F;toit aus&#x017F;i commune, que le &#x017F;ens commun me&#x017F;me.</hi> Gleich-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 2</fw><fw place="bottom" type="catch">wohl</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[0043] Abdanckungs-Rede. ἀνακῶς ἔχουσι, den Bekuͤmmerten und Bedrengten behuͤlfflich geweſen. Wolte nur GOtt/ er wehre nicht auch ancis oder behauen geweſen/ ich meine/ von ſeiner hiebevor zugeſtoſſenen Schwachheit nicht ſo abge- kraͤfftet/ abgemattet und faſt gantz erſchoͤpffet worden. Allein es kaͤmpffte dieſer Groſſe dennoch in Chriſtlicher Gedult/ welche alles uͤberwindet. Jn ſeiner langwierigen Schwachheit/ und andern Hauß-Creutze hatte er ſtets nicht allein ein Jacobs- und Da- vids-ſondern auch rechtes Hiobs-Hertz/ und ſagte: Sit nomen Do- mini benedictum! Sehet! mit was vor tapffern Mnthe/ Chriſtlicher Hertzhafftig- keit und bereitem Willen unſer Geiſtlicher Fuͤrſt und Groſſer in J- ſrael/ unſer ſel. Herr Inſpector auch dem Tode ſelbſten gleichſam ent- gegen gangen. Wenig Tage vor ſeinem ſeligen Ende hat er eine gar eigentliche und genaue Diſpoſition und Anordnung ſeiner Exeqvien mit eigener Hand auffgeſetzet/ und mit dem alten Tobia gleichſam ge- ſagt: Jch warte auff ein Leben/ welches GOTT geben wird denen die im Glauben ſtarck und feſte bleiben fuͤr ihm. Viel behertzter als der ſonſt berũhmte Held und edle Roͤmer Brutus, welcher/ wie Vale- rius Max. gedencket/ ſich ſo ſehr für dem Tode entſetzet/ daß/ als er auff Befehl des Antonii vom Leben zum Tode ſollen gebracht werden/ er nur noch umb eine kleine Friſt gebethen habe. Nein/ ſo verzagt war unſer ſel. Herr Inſpector nicht; Sondern er hatte Luſt abzuſchei- den/ oder/ aus dieſer Welt-Herberge heim zugehen/ wie das Wort ἀνα- λῦσαι Philippus Mel. in einem mit Camerario, kurtz vor ſeinem Ende gehaltenen Colloqvio, gar ſchoͤn erklaͤret. Darumb ſo machte ihn GOtt auch groß in dem Tode ſelbſten. Es ſind ſonſten alle Menſchen/ wie jener Gelehrte ſagt/ einander gleich in zweyen ſtuͤcken/ die beiſſen; Naſci und Denaſci. Welches auch zwar noch eher paſſiren kan/ als des ſonſt durch ſeine Schrifften nütz- lichen Frantzoſen Monſ. de la Chambre opinion, daß die Menſchen auch in der Welt-Weißheit dergeſtalt zuvergleichen/ & que la Philoſo- phie eſtoit ausſi commune, que le ſens commun meſme. Gleich- wohl F 2

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): Dieses Werk steht unter der „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz“ (CC BY-SA).
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/508321
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/508321/43
Zitationshilfe:	Mahler, Georg Ernst: Entwurff oder Merckbild Eines Gottergebenen Christen-Menschen. Freyberg, 1675, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508321/43>, abgerufen am 21.11.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.