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Francisci, Martinus: Des Sterbens Gewißheit und Der hinterbliebenden Zufriedenheit. [Musckaw], [1675].

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Abdanckungs-Rede.
mert sich umb keine Chur- und Fürstliche Durchlauchtigkeit.
Er achtet nicht der Bischofflichen Hochwürdigkeit/ noch der
Ritterlichen Tapferkeit/ sondern nimbt und Frist all Menschen
Kind/ wie er sie find/ fragt nicht wes Standes oder Ehren sie
sind. Welches wohl erkante jener Limburgsche Graff Otte
Heinrich/ welcher nach Joh. Jacob Otthonis Bericht (im Evan-
gelischen Krancken-Trost p. 671.) auf seinen Todt-Bette/ zu de-
nen herumbstehenden weinenden Bedienten sagte: Nehmet
ein Exempel an mir/ was sind duch wir arme Menschen? Bin
ich nicht so gesund/ starck und frisch gewesen als euer keiner?
Nun liege ich darnieder und verwelcke wie eine Blume. Doch
sterbe ich unerschrocken/ weilen ich weiß/ daß ich meiner See-
ligkeit versichert bin. Diesem allgemeinen und unvermeidt-
lichen Todes-Gesetze nun/ muß sich auch der fromme Jacob/ der
GOtt-gefällige Jacob untergeben/ darumb sagt er: Siehe
ich sterbe!

Und eben dieses Todes- und Trauer-Prognosticon hat
auch ihme selbst gestellet/ ja was sag ich gestellet? Hats in den
traurigen Effect uns allen vor Augen geleget/ der Weyland
Wohl Ehrenveste/ Vorachtbare/ Wohlweise und Wohl-
benambte Herr Martin Tharin/ wohlverdienter Bur-
germeister bey dieser Hochfreyherrl. Callenbergischen
Erb-Herrschafft-Stadt Mußckau/
welcher mit dem Ertz-
Vater Jacob/ bey seinen continuirlich anhaltenden Stein-
Schmertzen/ nichts gewissers als den Tod erwartete/ und da-
hero lauter Sterbens-Gedancken hatte und sagte: Siehe ich
sterbe! Jch sterbe!
Uber welcher traurigen und nunmehro
leider! würcklich erfolgten Todes Post/ bey denen sämbtlichen
Leid-tragenden nicht weniger Betrübniß/ als dort bey denen
Söhnen und Töchtern Jacobs verspüret wird. Absonderlich
sind der gegenwärtig Hertz- und Schmertz betrübten Wittiben/

Frauen
E

Abdanckungs-Rede.
mert ſich umb keine Chur- und Fürſtliche Durchlauchtigkeit.
Er achtet nicht der Biſchofflichen Hochwuͤrdigkeit/ noch der
Ritterlichen Tapferkeit/ ſondern nimbt und Friſt all Menſchen
Kind/ wie er ſie find/ fragt nicht wes Standes oder Ehren ſie
ſind. Welches wohl erkante jener Limburgſche Graff Otte
Heinrich/ welcher nach Joh. Jacob Otthonis Bericht (im Evan-
geliſchen Krancken-Troſt p. 671.) auf ſeinen Todt-Bette/ zu de-
nen herumbſtehenden weinenden Bedienten ſagte: Nehmet
ein Exempel an mir/ was ſind duch wir arme Menſchen? Bin
ich nicht ſo geſund/ ſtarck und friſch geweſen als euer keiner?
Nun liege ich darnieder und verwelcke wie eine Blume. Doch
ſterbe ich unerſchrocken/ weilen ich weiß/ daß ich meiner See-
ligkeit verſichert bin. Dieſem allgemeinen und unvermeidt-
lichen Todes-Geſetze nun/ muß ſich auch der fromme Jacob/ der
GOtt-gefaͤllige Jacob untergeben/ darumb ſagt er: Siehe
ich ſterbe!

Und eben dieſes Todes- und Trauer-Prognoſticon hat
auch ihme ſelbſt geſtellet/ ja was ſag ich geſtellet? Hats in den
traurigen Effect uns allen vor Augen geleget/ der Weyland
Wohl Ehrenveſte/ Vorachtbare/ Wohlweiſe und Wohl-
benambte Herr Martin Tharin/ wohlverdienter Bur-
germeiſter bey dieſer Hochfreyherrl. Callenbergiſchen
Erb-Herrſchafft-Stadt Mußckau/
welcher mit dem Ertz-
Vater Jacob/ bey ſeinen continuirlich anhaltenden Stein-
Schmertzen/ nichts gewiſſers als den Tod erwartete/ und da-
hero lauter Sterbens-Gedancken hatte und ſagte: Siehe ich
ſterbe! Jch ſterbe!
Uber welcher traurigen und nunmehro
leider! würcklich erfolgten Todes Poſt/ bey denen ſaͤmbtlichen
Leid-tragenden nicht weniger Betruͤbniß/ als dort bey denen
Soͤhnen und Toͤchtern Jacobs verſpuͤret wird. Abſonderlich
ſind der gegenwaͤrtig Hertz- und Schmertz betruͤbten Wittiben/

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Zitationshilfe: Francisci, Martinus: Des Sterbens Gewißheit und Der hinterbliebenden Zufriedenheit. [Musckaw], [1675], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508453/5>, abgerufen am 02.05.2024.