Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740.Hilf GOtt! was würkt Dein Todesfall Für Thränen, Mitleid, Angst und Schmerzen, Und wie betäubt sind unsre Herzen Durch diesen Unglücksvollen Schwall! Wie bebend, traurig und verlassen, Geht die sonst muntre Musenschaar, Sie geht, und weiß sich kaum zu fassen, Sie fühlt die ängstliche Gefahr, Worein sie durch den Tod gekommen, Durch den Dich GOtt von uns genommen. Verhängniß, muß ein solcher Mann Denn auch ein Raub des Todes werden, Des klug und muntrer Fleiß der Erden Noch viele Jahre nützen kan? Verhängniß, kan ein frommes Leben, Kan Tugend und Gelehrsamkeit Fürm Sterben keinen Aufschub geben? Läßt, was der alte Bund gedräut, Denn nirgendwo den Trost bestehen: Die Tugend kan dem Tod entgehen. Wie manchen drückt des Creutzes Noth! Er lebt. Doch wie? Sich selbst zur Plage, Er wünscht den letzten seiner Tage; Und doch verzögert sich der Tod. Ein andrer, so der Welt nichts nützet, Behält in ihr doch festen Fuß; Und der so Kunst als Tugend stützet, Wird nach der strengen Schickung Schluß Oft, eh es Harm und Gram bedenket, Jm Mittag seiner Zeit versenket. O Jam- N
Hilf GOtt! was wuͤrkt Dein Todesfall Fuͤr Thraͤnen, Mitleid, Angſt und Schmerzen, Und wie betaͤubt ſind unſre Herzen Durch dieſen Ungluͤcksvollen Schwall! Wie bebend, traurig und verlaſſen, Geht die ſonſt muntre Muſenſchaar, Sie geht, und weiß ſich kaum zu faſſen, Sie fuͤhlt die aͤngſtliche Gefahr, Worein ſie durch den Tod gekommen, Durch den Dich GOtt von uns genom̃en. Verhaͤngniß, muß ein ſolcher Mann Denn auch ein Raub des Todes werden, Des klug und muntrer Fleiß der Erden Noch viele Jahre nuͤtzen kan? Verhaͤngniß, kan ein frommes Leben, Kan Tugend und Gelehrſamkeit Fuͤrm Sterben keinen Aufſchub geben? Laͤßt, was der alte Bund gedraͤut, Denn nirgendwo den Troſt beſtehen: Die Tugend kan dem Tod entgehen. Wie manchen druͤckt des Creutzes Noth! Er lebt. Doch wie? Sich ſelbſt zur Plage, Er wuͤnſcht den letzten ſeiner Tage; Und doch verzoͤgert ſich der Tod. Ein andrer, ſo der Welt nichts nuͤtzet, Behaͤlt in ihr doch feſten Fuß; Und der ſo Kunſt als Tugend ſtuͤtzet, Wird nach der ſtrengen Schickung Schluß Oft, eh es Harm und Gram bedenket, Jm Mittag ſeiner Zeit verſenket. O Jam- N
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Hilf GOtt! was wuͤrkt Dein Todesfall
Fuͤr Thraͤnen, Mitleid, Angſt und Schmerzen,
Und wie betaͤubt ſind unſre Herzen
Durch dieſen Ungluͤcksvollen Schwall!
Wie bebend, traurig und verlaſſen,
Geht die ſonſt muntre Muſenſchaar,
Sie geht, und weiß ſich kaum zu faſſen,
Sie fuͤhlt die aͤngſtliche Gefahr,
Worein ſie durch den Tod gekommen,
Durch den Dich GOtt von uns genom̃en.
Verhaͤngniß, muß ein ſolcher Mann
Denn auch ein Raub des Todes werden,
Des klug und muntrer Fleiß der Erden
Noch viele Jahre nuͤtzen kan?
Verhaͤngniß, kan ein frommes Leben,
Kan Tugend und Gelehrſamkeit
Fuͤrm Sterben keinen Aufſchub geben?
Laͤßt, was der alte Bund gedraͤut,
Denn nirgendwo den Troſt beſtehen:
Die Tugend kan dem Tod entgehen.
Wie manchen druͤckt des Creutzes Noth!
Er lebt. Doch wie? Sich ſelbſt zur Plage,
Er wuͤnſcht den letzten ſeiner Tage;
Und doch verzoͤgert ſich der Tod.
Ein andrer, ſo der Welt nichts nuͤtzet,
Behaͤlt in ihr doch feſten Fuß;
Und der ſo Kunſt als Tugend ſtuͤtzet,
Wird nach der ſtrengen Schickung Schluß
Oft, eh es Harm und Gram bedenket,
Jm Mittag ſeiner Zeit verſenket.
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