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Günther, Andreas: Christliche Leichpredigt. Oels, 1623.

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Christliche Leichpredigt.
Jn diesen Worten beschreibet der Man Gottes zweyerley/
Erstlich des Menschlichen lebens kürtze/ vnd Wegflüchtig-
keit. Da er denn ohne zweyfel zurück gesehen auff die lange
Lebenszeit der Heyl. Ertzväter vor der Sündfluth/ welche
etliche hundert Jahr gelebet. Denn von Adam saget die
Schrifft/ das er gelebet hat/ Neunhundert vnd 30. Jahr/
Von Mathusalem 969. Jahr. Aber von seiner Zeit/
spricht Moses/ das es schon sehr abgenommen/ vnd die Leute/
wenns hoch kommen/ nur gelebet haben 70. oder 80 Jahr.
Jch geschweige des Lebens/ so jtziger Zeit die Menschen er-
reichen/ gegen dem zunahenden ende der Welt.

Darnach beschreibet auch der Prophet des Menschlichen
lebens Dürfftigkeit vnnd Mühseligkeit/ Da Er spricht:
Wenns köstlich gewesen ist/ so ists Mühe vnnd
Arbeit gewesen. Davon Syrach im 40. Cap. nach der
lenge redet. Es ist ein elend jämmerlich ding/ vmb aller
Menschen leben/ von Mutter leibe an/ biß sie in die Erde
begraben werden.

Dieser vnser geliebter Mitbruder in Christo/
deme wir jetzo den letzten Christlichen dienst geleystet/ hat
das erste Ziel erreichet/ dessen Moses gedencket. Nemlich
70. Jahr. Das ander Ziel. Nemlich 80. Hat er nicht
erreichen können. Wann es nun möglich were/ das er
sein Häupt auffrichten vnd wider reden solte/ So würde er
vns wunderliche Zeittung sagen. Wie er die gantze Zeit
seines Lebens vnzählig viel Trübsall vnd Mühseligkeit auß
gestanden/ Nun aber nach seinem seeligen Tode/ ist er von
dem allem erlöset. Wie wir pflegen zu singen:

Sein Jammer/ Trübsall/ vnd Elend/
Jst kommen zu einm seelign end.
Er hat getragen Christi Joch/
Jst gestorben vnd Lebet noch.
Er

Chꝛiſtliche Leichpꝛedigt.
Jn dieſen Worten beſchreibet der Man Gottes zweyerley/
Erſtlich des Menſchlichen lebens kuͤrtze/ vnd Wegfluͤchtig-
keit. Da er denn ohne zweyfel zuruͤck geſehen auff die lange
Lebenszeit der Heyl. Ertzvaͤter vor der Suͤndfluth/ welche
etliche hundert Jahr gelebet. Denn von Adam ſaget die
Schrifft/ das er gelebet hat/ Neunhundert vnd 30. Jahr/
Von Mathuſalem 969. Jahr. Aber von ſeiner Zeit/
ſpricht Moſes/ das es ſchon ſehr abgenom̃en/ vnd die Leute/
wenns hoch kommen/ nur gelebet haben 70. oder 80 Jahr.
Jch geſchweige des Lebens/ ſo jtziger Zeit die Menſchen er-
reichen/ gegen dem zunahenden ende der Welt.

Darnach beſchreibet auch der Pꝛophet des Menſchlichẽ
lebens Duͤrfftigkeit vnnd Muͤhſeligkeit/ Da Er ſpricht:
Wenns köſtlich geweſen iſt/ ſo iſts Muͤhe vnnd
Arbeit geweſen. Davon Syrach im 40. Cap. nach der
lenge redet. Es iſt ein elend jämmerlich ding/ vmb aller
Menſchen leben/ von Mutter leibe an/ biß ſie in die Erde
begraben werden.

Dieſer vnſer geliebter Mitbruder in Chriſto/
deme wir jetzo den letzten Chriſtlichen dienſt geleyſtet/ hat
das erſte Ziel erꝛeichet/ deſſen Moſes gedencket. Nemlich
70. Jahr. Das ander Ziel. Nemlich 80. Hat er nicht
erꝛeichen koͤnnen. Wann es nun moͤglich were/ das er
ſein Haͤupt auffrichten vñ wider reden ſolte/ So wuͤrde er
vns wunderliche Zeittung ſagen. Wie er die gantze Zeit
ſeines Lebens vnzaͤhlig viel Truͤbſall vñ Muͤhſeligkeit auß
geſtanden/ Nun aber nach ſeinem ſeeligen Tode/ iſt er von
dem allem erloͤſet. Wie wir pflegen zu ſingen:

Sein Jammer/ Truͤbſall/ vnd Elend/
Jſt kommen zu einm ſeelign end.
Er hat getragen Chꝛiſti Joch/
Jſt geſtoꝛben vnd Lebet noch.
Er
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[0006] Chꝛiſtliche Leichpꝛedigt. Jn dieſen Worten beſchreibet der Man Gottes zweyerley/ Erſtlich des Menſchlichen lebens kuͤrtze/ vnd Wegfluͤchtig- keit. Da er denn ohne zweyfel zuruͤck geſehen auff die lange Lebenszeit der Heyl. Ertzvaͤter vor der Suͤndfluth/ welche etliche hundert Jahr gelebet. Denn von Adam ſaget die Schrifft/ das er gelebet hat/ Neunhundert vnd 30. Jahr/ Von Mathuſalem 969. Jahr. Aber von ſeiner Zeit/ ſpricht Moſes/ das es ſchon ſehr abgenom̃en/ vnd die Leute/ wenns hoch kommen/ nur gelebet haben 70. oder 80 Jahr. Jch geſchweige des Lebens/ ſo jtziger Zeit die Menſchen er- reichen/ gegen dem zunahenden ende der Welt. Darnach beſchreibet auch der Pꝛophet des Menſchlichẽ lebens Duͤrfftigkeit vnnd Muͤhſeligkeit/ Da Er ſpricht: Wenns köſtlich geweſen iſt/ ſo iſts Muͤhe vnnd Arbeit geweſen. Davon Syrach im 40. Cap. nach der lenge redet. Es iſt ein elend jämmerlich ding/ vmb aller Menſchen leben/ von Mutter leibe an/ biß ſie in die Erde begraben werden. Dieſer vnſer geliebter Mitbruder in Chriſto/ deme wir jetzo den letzten Chriſtlichen dienſt geleyſtet/ hat das erſte Ziel erꝛeichet/ deſſen Moſes gedencket. Nemlich 70. Jahr. Das ander Ziel. Nemlich 80. Hat er nicht erꝛeichen koͤnnen. Wann es nun moͤglich were/ das er ſein Haͤupt auffrichten vñ wider reden ſolte/ So wuͤrde er vns wunderliche Zeittung ſagen. Wie er die gantze Zeit ſeines Lebens vnzaͤhlig viel Truͤbſall vñ Muͤhſeligkeit auß geſtanden/ Nun aber nach ſeinem ſeeligen Tode/ iſt er von dem allem erloͤſet. Wie wir pflegen zu ſingen: Sein Jammer/ Truͤbſall/ vnd Elend/ Jſt kommen zu einm ſeelign end. Er hat getragen Chꝛiſti Joch/ Jſt geſtoꝛben vnd Lebet noch. Er

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Zitationshilfe: Günther, Andreas: Christliche Leichpredigt. Oels, 1623, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/509199/6>, abgerufen am 29.04.2024.