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Heyden, Benjamin: Frommer Christen Ewiges Gnaden-Trost- und Freuden-Liecht. St. Annaberg, 1676.

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Abdanckungs-Rede.
gesetzet werden/ was meinet ihr wohl/ wie würde dieses mit seinen
Kindlichen Zähren und erbärmlichen Händeringen nicht auch
den frühzeitigen Hintritt seines seeligen Herrn Vaters gnug-
sam bezeugen?

Ja/ die gantze ansehnliche Siegelische Freundschafft/
der noch einige übrige Herr Bruder/ der wohl ruffen möch-
te/ es ist mir leid umb dich mein Bruder! Deine Liebe ist mir grös-
ser gewesen denn Frauen-Liebe: Die Frauen Schwestern/
Herren Schwägere/ und andere nahe Anverwandte so an
Jhme einen treuen Freund müssen entrathen/ was mögen
diese alle wohl mit ihren Thränen anders klagen/ als dieses:
Schade! Jammer! Kaum recht eingerichtet zu leben/ und
doch so bald diß Leben mit den Todte verwechseln müssen.

Die Herren Hammer-Meistere/ so aus ihren Mittel
in garkurtzer Zeit bald ein und das andere eißgraue Haupt/ bald
ein und das andere in voller Blüthe darstehendes Mit-Glied
verlohren. Endlich die gantze Versamlung derer Hammer-und
Berg-Leute/ und aller anderer die mit Herrn Siegeln umbge-
gangen: Alle alle diese/ sage ich/ beseuffzen eben dieses/ zumahl
zu dieser instehenden kümmerlichen Zeit.

Alleine/ meinen wir dann daß wir mit unsern Klagen und
Weinen den so weißlich und bedachtsam gemacheten Schluß des
Himmels werden retractiren und schaffen können/ daß unser
Herr Siegel/ noch erst hier wieder anfahen möge zu leben?
Nein/ Nein/ Wir werden alle GOtt müssen stille halten/ und
mit deme uns beschlagen lassen: Sic Domino placuit! So hat
es für ietzt dem grossen Haußhalter gefallen!

Jnzwischen bleibe dieses für die Betrübte Trostes gnug/
daß Sie allerseits seiner Seeligkeit vergewissert und versiegelt
seyn. Dann:

Hat gleich der seelige Herr Siegel kaum recht angefan-

gen
H 2

Abdanckungs-Rede.
geſetzet werden/ was meinet ihr wohl/ wie wuͤrde dieſes mit ſeinen
Kindlichen Zaͤhren und erbaͤrmlichen Haͤnderingen nicht auch
den fruͤhzeitigen Hintritt ſeines ſeeligen Herrn Vaters gnug-
ſam bezeugen?

Ja/ die gantze anſehnliche Siegeliſche Freundſchafft/
der noch einige uͤbrige Herr Bruder/ der wohl ruffen moͤch-
te/ es iſt mir leid umb dich mein Bruder! Deine Liebe iſt mir groͤſ-
ſer geweſen denn Frauen-Liebe: Die Frauen Schweſtern/
Herren Schwaͤgere/ und andere nahe Anverwandte ſo an
Jhme einen treuen Freund muͤſſen entrathen/ was moͤgen
dieſe alle wohl mit ihren Thraͤnen anders klagen/ als dieſes:
Schade! Jammer! Kaum recht eingerichtet zu leben/ und
doch ſo bald diß Leben mit den Todte verwechſeln muͤſſen.

Die Herren Hammer-Meiſtere/ ſo aus ihren Mittel
in garkurtzer Zeit bald ein und das andere eißgraue Haupt/ bald
ein und das andere in voller Bluͤthe darſtehendes Mit-Glied
verlohren. Endlich die gantze Verſamlung derer Hammer-und
Berg-Leute/ und aller anderer die mit Herrn Siegeln umbge-
gangen: Alle alle dieſe/ ſage ich/ beſeuffzen eben dieſes/ zumahl
zu dieſer inſtehenden kuͤmmerlichen Zeit.

Alleine/ meinen wir dann daß wir mit unſern Klagen und
Weinen den ſo weißlich und bedachtſam gemacheten Schluß des
Himmels werden retractiren und ſchaffen koͤnnen/ daß unſer
Herr Siegel/ noch erſt hier wieder anfahen moͤge zu leben?
Nein/ Nein/ Wir werden alle GOtt muͤſſen ſtille halten/ und
mit deme uns beſchlagen laſſen: Sic Domino placuit! So hat
es fuͤr ietzt dem groſſen Haußhalter gefallen!

Jnzwiſchen bleibe dieſes fuͤr die Betruͤbte Troſtes gnug/
daß Sie allerſeits ſeiner Seeligkeit vergewiſſert und verſiegelt
ſeyn. Dann:

Hat gleich der ſeelige Herr Siegel kaum recht angefan-

gen
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[[59]/0059] Abdanckungs-Rede. geſetzet werden/ was meinet ihr wohl/ wie wuͤrde dieſes mit ſeinen Kindlichen Zaͤhren und erbaͤrmlichen Haͤnderingen nicht auch den fruͤhzeitigen Hintritt ſeines ſeeligen Herrn Vaters gnug- ſam bezeugen? Ja/ die gantze anſehnliche Siegeliſche Freundſchafft/ der noch einige uͤbrige Herr Bruder/ der wohl ruffen moͤch- te/ es iſt mir leid umb dich mein Bruder! Deine Liebe iſt mir groͤſ- ſer geweſen denn Frauen-Liebe: Die Frauen Schweſtern/ Herren Schwaͤgere/ und andere nahe Anverwandte ſo an Jhme einen treuen Freund muͤſſen entrathen/ was moͤgen dieſe alle wohl mit ihren Thraͤnen anders klagen/ als dieſes: Schade! Jammer! Kaum recht eingerichtet zu leben/ und doch ſo bald diß Leben mit den Todte verwechſeln muͤſſen. Die Herren Hammer-Meiſtere/ ſo aus ihren Mittel in garkurtzer Zeit bald ein und das andere eißgraue Haupt/ bald ein und das andere in voller Bluͤthe darſtehendes Mit-Glied verlohren. Endlich die gantze Verſamlung derer Hammer-und Berg-Leute/ und aller anderer die mit Herrn Siegeln umbge- gangen: Alle alle dieſe/ ſage ich/ beſeuffzen eben dieſes/ zumahl zu dieſer inſtehenden kuͤmmerlichen Zeit. Alleine/ meinen wir dann daß wir mit unſern Klagen und Weinen den ſo weißlich und bedachtſam gemacheten Schluß des Himmels werden retractiren und ſchaffen koͤnnen/ daß unſer Herr Siegel/ noch erſt hier wieder anfahen moͤge zu leben? Nein/ Nein/ Wir werden alle GOtt muͤſſen ſtille halten/ und mit deme uns beſchlagen laſſen: Sic Domino placuit! So hat es fuͤr ietzt dem groſſen Haußhalter gefallen! Jnzwiſchen bleibe dieſes fuͤr die Betruͤbte Troſtes gnug/ daß Sie allerſeits ſeiner Seeligkeit vergewiſſert und verſiegelt ſeyn. Dann: Hat gleich der ſeelige Herr Siegel kaum recht angefan- gen H 2

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Zitationshilfe: Heyden, Benjamin: Frommer Christen Ewiges Gnaden-Trost- und Freuden-Liecht. St. Annaberg, 1676, S. [59]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/510974/59>, abgerufen am 23.11.2024.