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Güttner, Gabriel: Trias Primitiarum Das ist: Drey Chrisliche Predigten. Leipzig, 1616.

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Die Dritte Leichpredigt.
Humor & la-
psus
proto-
plaston
crassissimus.
Adern verletzet/ verstockt/ vnd zu allen dingen gantz
vntüchtig gemacht werden. Also ists auch mit der Erb-
sünde beschaffen: denn weil vnsere erste Großeltern ein-
mahl jhr Gemuth gegen Gott dem Herrn vnd seine
Liebe erkalten lassen/ so sind sie auch hernach von seinen
Geboten abgewichen/ haben dem Teuffel vnd jhren eig-
Propagatio
peccati origi-
nalis in o-
mnes eoium
posteros.
nen willen gefolget/ vnd sind also in die Erbsünde ge-
rahten. Dieser schaden gehet nun nicht alleine vber sie/
sondern er theilet sich auch aus in alle jhre Adern/ das
Rom 5. v. 12.ist/ in alle jhre Nachkommen/ biß an den zukünfftigen
Jüngsten Tag: Drümb spricht S. Paulus Rom. 5.
Durch einen Menschen ist die Sünde kommen in
die Welt/ vnd durch die Sünde der Todt: vnd ist
also der Todt zu allen Menschen hindurch ge-
drungen/ die weil sie alle gesündiget haben.

b
Ex inordina-
ta diaeta.
Die Medici sagen auch/ daß sich die Gicht oder der
Schlag daher ereigne/ wenn sich ein Mensch im essen
vnd trincken gar vnmessig helt: aus welchen vnordent-
lichen Dieth hernachmals sich obgedachte kalte Humores
mit hauffen entspinnen/ vnd also die Nerven vnd Span-
Adern durchkriechen vnd verletzen: das ist abermals ein
feines Bildnis der Erbsünne/ vnd jhres vrsprungs:
denn weil sich vnsere erste Großeltern auch sehr vnmes-
sig gehalten/ nach dem verbotenen Baum gegriffen/ vnd
desselben Früchte gegessen/ so hat sich daraus freylich
auch dieser grosse vnraht entsponnen/ daß nicht allein
sie/ sondern wir allesampt noch heutiges tages von der
Erbsünde durchkrochen seyn/ daß wir gnung daran zu
kewen haben.

II. So

Die Dritte Leichpredigt.
Humor & la-
pſus
πρωτο-
πλάστων
craſsiſsimus.
Adern verletzet/ verſtockt/ vnd zu allen dingen gantz
vntuͤchtig gemacht werden. Alſo iſts auch mit der Erb-
ſuͤnde beſchaffen: denn weil vnſere erſte Großeltern ein-
mahl jhr Gemuth gegen Gott dem Herrn vnd ſeine
Liebe erkalten laſſen/ ſo ſind ſie auch hernach von ſeinen
Geboten abgewichen/ haben dem Teuffel vnd jhren eig-
Propagatio
peccati origi-
nalis in o-
mnes eoium
poſteros.
nen willen gefolget/ vnd ſind alſo in die Erbſuͤnde ge-
rahten. Dieſer ſchaden gehet nun nicht alleine vber ſie/
ſondern er theilet ſich auch aus in alle jhre Adern/ das
Rom 5. v. 12.iſt/ in alle jhre Nachkommen/ biß an den zukuͤnfftigen
Juͤngſten Tag: Druͤmb ſpricht S. Paulus Rom. 5.
Durch einen Menſchen iſt die Suͤnde kommen in
die Welt/ vnd durch die Suͤnde der Todt: vnd iſt
alſo der Todt zu allen Menſchen hindurch ge-
drungen/ die weil ſie alle geſuͤndiget haben.

β
Ex inordina-
ta diæta.
Die Medici ſagen auch/ daß ſich die Gicht oder der
Schlag daher ereigne/ wenn ſich ein Menſch im eſſen
vnd trincken gar vnmeſſig helt: aus welchen vnordent-
lichẽ Dieth hernachmals ſich obgedachte kalte Humores
mit hauffen entſpinnen/ vnd alſo die Nerven vnd Span-
Adern durchkriechen vnd verletzen: das iſt abermals ein
feines Bildnis der Erbſuͤnne/ vnd jhres vrſprungs:
denn weil ſich vnſere erſte Großeltern auch ſehr vnmeſ-
ſig gehalten/ nach dem verbotenen Baum gegriffen/ vnd
deſſelben Fruͤchte gegeſſen/ ſo hat ſich daraus freylich
auch dieſer groſſe vnraht entſponnen/ daß nicht allein
ſie/ ſondern wir alleſampt noch heutiges tages von der
Erbſuͤnde durchkrochen ſeyn/ daß wir gnung daran zu
kewen haben.

II. So
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[106/0108] Die Dritte Leichpredigt. Adern verletzet/ verſtockt/ vnd zu allen dingen gantz vntuͤchtig gemacht werden. Alſo iſts auch mit der Erb- ſuͤnde beſchaffen: denn weil vnſere erſte Großeltern ein- mahl jhr Gemuth gegen Gott dem Herrn vnd ſeine Liebe erkalten laſſen/ ſo ſind ſie auch hernach von ſeinen Geboten abgewichen/ haben dem Teuffel vnd jhren eig- nen willen gefolget/ vnd ſind alſo in die Erbſuͤnde ge- rahten. Dieſer ſchaden gehet nun nicht alleine vber ſie/ ſondern er theilet ſich auch aus in alle jhre Adern/ das iſt/ in alle jhre Nachkommen/ biß an den zukuͤnfftigen Juͤngſten Tag: Druͤmb ſpricht S. Paulus Rom. 5. Durch einen Menſchen iſt die Suͤnde kommen in die Welt/ vnd durch die Suͤnde der Todt: vnd iſt alſo der Todt zu allen Menſchen hindurch ge- drungen/ die weil ſie alle geſuͤndiget haben. Humor & la- pſus πρωτο- πλάστων craſsiſsimus. Propagatio peccati origi- nalis in o- mnes eoium poſteros. Rom 5. v. 12. Die Medici ſagen auch/ daß ſich die Gicht oder der Schlag daher ereigne/ wenn ſich ein Menſch im eſſen vnd trincken gar vnmeſſig helt: aus welchen vnordent- lichẽ Dieth hernachmals ſich obgedachte kalte Humores mit hauffen entſpinnen/ vnd alſo die Nerven vnd Span- Adern durchkriechen vnd verletzen: das iſt abermals ein feines Bildnis der Erbſuͤnne/ vnd jhres vrſprungs: denn weil ſich vnſere erſte Großeltern auch ſehr vnmeſ- ſig gehalten/ nach dem verbotenen Baum gegriffen/ vnd deſſelben Fruͤchte gegeſſen/ ſo hat ſich daraus freylich auch dieſer groſſe vnraht entſponnen/ daß nicht allein ſie/ ſondern wir alleſampt noch heutiges tages von der Erbſuͤnde durchkrochen ſeyn/ daß wir gnung daran zu kewen haben. β Ex inordina- ta diæta. II. So

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Zitationshilfe: Güttner, Gabriel: Trias Primitiarum Das ist: Drey Chrisliche Predigten. Leipzig, 1616, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/523543/108>, abgerufen am 15.05.2024.