Hafenreffer, Matthias: Passional vnd Leuchpredigt. Tübingen, 1610.Passional vnd Leuchpredigt/ Vbelthäter/ welche sampt jhme hingeführet vnd ge-creutziget worden: sondern auch der grosse Zulauff vom Volck/ wie wir gesehen vnd gehört haben. Vn- ter diesen muß der vnschuldige HErr Christus aller- ley Reden/ Sententz vnd Vrtheil vber sich ergehen lassen. Ettliche haben hertzliches Erbärmd vnd Mit- leiden mit jhme getragen. Ettliche seind vber der sa- che bestürtzt worden. Wie muß das zugehen/ daß Chri- stus/ der gewaltige Lehrer vnd Prophet/ zu den Vbel- thätern gekuppelt worden? Ettliche/ vnd sonderlich diejhenige/ welche vmb Gunst oder Genüß wegen/ den Hohenpriestern vnd Schrifftgelehrten Lavirn vnd Liebkosen wöllen/ werden gesagt haben/ Nun ge- hets abermal dem Sprüchwort nach/ daß böse Sa- chen kein Bestand haben. Wen hat dieser newge- wachsene Prophet nicht bethöret? Dann weiler dem vnverständigen Pöbel zu gefallen wol schwetzen kund- te: demselben auch zu Genüß ettliche Zeichen vnd Wunder gethan/ hat sich jederman an jhme vergaffet: vnd jhne für einen hohen Propheten vnd Lehrer hal- ten wöllen. Nun aber findet sichs im Außgang/ daß er ein Verführer vnd Weltbetrüger muß geweßt sein/ dann sonsten weder die Hohenpriester noch Pila- tus/ jhne zum Tode würden verurtheilt haben. Andere werden Pilatum gerhümbt vnd gesagt haben: Nun sihet man/ daß Pilatus ein recht getrewer Freund des Kaisers ist. Dann wie hoch er sich auch dieses Ver- führers angenommen: hat er jhme doch endtlich lieber wöllen das Recht ergehen lassen/ dann des Keisers Huld verlieren. Ettliche sollen wol auch vber Chri- stum selbs erzürnet/ vnd vnwillig worden sein: vnd gesagt/ oder doch bey sich selbs gedacht haben: Wem ist
Paſſional vnd Leuchpredigt/ Vbelthaͤter/ welche ſampt jhme hingefuͤhret vnd ge-creutziget woꝛden: ſondern auch der groſſe Zulauff vom Volck/ wie wir geſehen vnd gehoͤrt haben. Vn- ter dieſen muß der vnſchuldige HErꝛ Chriſtus aller- ley Reden/ Sententz vnd Vrtheil vber ſich ergehen laſſen. Ettliche haben hertzliches Erbaͤrmd vnd Mit- leiden mit jhme getragen. Ettliche ſeind vber der ſa- che beſtuͤrtzt woꝛden. Wie muß das zugehen/ daß Chꝛi- ſtus/ der gewaltige Lehrer vnd Prophet/ zu den Vbel- thaͤtern gekuppelt woꝛden? Ettliche/ vnd ſonderlich diejhenige/ welche vmb Gunſt oder Genuͤß wegen/ den Hohenpꝛieſtern vnd Schrifftgelehrten Lavirn vnd Liebkoſen woͤllen/ werden geſagt haben/ Nun ge- hets abermal dem Spꝛuͤchwort nach/ daß boͤſe Sa- chen kein Beſtand haben. Wen hat dieſer newge- wachſene Prophet nicht bethoͤret? Dann weiler dem vnverſtaͤndigen Poͤbel zu gefallen wol ſchwetzen kund- te: demſelben auch zu Genuͤß ettliche Zeichen vnd Wunder gethan/ hat ſich jederman an jhme vergaffet: vnd jhne fuͤr einen hohen Propheten vnd Lehrer hal- ten woͤllen. Nun aber findet ſichs im Außgang/ daß er ein Verfuͤhrer vnd Weltbetruͤger muß geweßt ſein/ dann ſonſten weder die Hohenpꝛieſter noch Pila- tus/ jhne zum Tode wuͤrden verurtheilt haben. Andere werden Pilatum gerhuͤmbt vnd geſagt haben: Nun ſihet man/ daß Pilatus ein recht getrewer Freund des Kaiſers iſt. Dann wie hoch er ſich auch dieſes Ver- fuͤhrers angenommen: hat er jhme doch endtlich lieber woͤllen das Recht ergehen laſſen/ dann des Keiſers Huld verlieren. Ettliche ſollen wol auch vber Chri- ſtum ſelbs erzuͤrnet/ vnd vnwillig woꝛden ſein: vnd geſagt/ oder doch bey ſich ſelbs gedacht haben: Wem iſt
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Paſſional vnd Leuchpredigt/
Vbelthaͤter/ welche ſampt jhme hingefuͤhret vnd ge-
creutziget woꝛden: ſondern auch der groſſe Zulauff
vom Volck/ wie wir geſehen vnd gehoͤrt haben. Vn-
ter dieſen muß der vnſchuldige HErꝛ Chriſtus aller-
ley Reden/ Sententz vnd Vrtheil vber ſich ergehen
laſſen. Ettliche haben hertzliches Erbaͤrmd vnd Mit-
leiden mit jhme getragen. Ettliche ſeind vber der ſa-
che beſtuͤrtzt woꝛden. Wie muß das zugehen/ daß Chꝛi-
ſtus/ der gewaltige Lehrer vnd Prophet/ zu den Vbel-
thaͤtern gekuppelt woꝛden? Ettliche/ vnd ſonderlich
diejhenige/ welche vmb Gunſt oder Genuͤß wegen/
den Hohenpꝛieſtern vnd Schrifftgelehrten Lavirn
vnd Liebkoſen woͤllen/ werden geſagt haben/ Nun ge-
hets abermal dem Spꝛuͤchwort nach/ daß boͤſe Sa-
chen kein Beſtand haben. Wen hat dieſer newge-
wachſene Prophet nicht bethoͤret? Dann weiler dem
vnverſtaͤndigen Poͤbel zu gefallen wol ſchwetzen kund-
te: demſelben auch zu Genuͤß ettliche Zeichen vnd
Wunder gethan/ hat ſich jederman an jhme vergaffet:
vnd jhne fuͤr einen hohen Propheten vnd Lehrer hal-
ten woͤllen. Nun aber findet ſichs im Außgang/ daß
er ein Verfuͤhrer vnd Weltbetruͤger muß geweßt
ſein/ dann ſonſten weder die Hohenpꝛieſter noch Pila-
tus/ jhne zum Tode wuͤrden verurtheilt haben. Andere
werden Pilatum gerhuͤmbt vnd geſagt haben: Nun
ſihet man/ daß Pilatus ein recht getrewer Freund des
Kaiſers iſt. Dann wie hoch er ſich auch dieſes Ver-
fuͤhrers angenommen: hat er jhme doch endtlich lieber
woͤllen das Recht ergehen laſſen/ dann des Keiſers
Huld verlieren. Ettliche ſollen wol auch vber Chri-
ſtum ſelbs erzuͤrnet/ vnd vnwillig woꝛden ſein: vnd
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