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Anther, Nicolaus; Heermann, Georg: Zwo Christliche LeichPredigten. Brieg, 1606.

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Die II. LeichPredigt.
von dir genommen werden/ anzuzeygen/ das so bald nur die
Aufflösung des Leibes vnd der Seelen geschehen kan/ so kom-
men die seelen als bald an jhren bestimpten ort/ wie solches von
der Glaubigen seelen ausdrücklich geschriben stehet: denn von
Lazaro bezeuget das Evangelium/ So bald er nur gestorben/
sey er von stund an getragen worden in die schos Abrahae.

Also vertröstet auch Christus den Schächer am Creutz/ des-
sen wir albereyt zum öfftern gedacht haben. Luc. 23. vers. 43.
Hodie mecun eris in Paradiso;
Er saget nicht/ du must vor eine
zeitlang ins Fegfewr. Vnd gewislich da jemand hette sollen
im Fegefewer gereiniget werden/ so wehre es nach Mensch-
lichem gutdüncken demselben Schächer am aller nötigsten
gewesen/ als der in seinen Sünden ist ergriffen vnd gerichtet
worden. Ioan. 5. v. 24. Spricht Christus abermal: Wer mein
Wort höret vnd gläubet dem der mich gesandt hat/ der hat dz
Ewige leben/ vnd kompt nit in das Gerichte/ sondern er ist von
Tode zum Leben hindurch gedrungen. Es saget Christus nit:
Habebit/ er wirds vberkommen/ sondern er hats jtzt als bald/
albereyt: Er saget auch nicht: Transibit, er wird einmal hin-
durch dringen/ sondern Transivit, er ist albereyt zum Leben
eingangen/ er wird nicht erst lange dürffen im Fegfewr sitzen/
sondern er ist als bald von Tode zum Leben hindurch gedrungen.
Am aller deutlichsten aber/ bezeuget es Joh. in Apoc. 14. v. 13.
Selig sind die todten die im HErrn sterben/ a modo, von nu an/
Jn dem nu/ vnd augenblick/ wenn sich die seele gescheydet/ ehe
der Leib zur Erde kommt/ so ist die seele schon in der hand Gottes
in der schos Abrahae, im Bündlein der Lebendigen/ bey dem
HErren. Weil nu deme also das die Seele der Glaubigen/
von mund auff gen Himmel fahren/ so sind es nichtige ver-
gebliche gedancken/ die jnen die Leute selbst machen wegen des
langen verzugs/ ehe man nach disem tödtlichen abschiede/ der

Die II. LeichPredigt.
von dir genommen werden/ anzuzeygen/ das ſo bald nur die
Auffloͤſung des Leibes vñ der Seelen geſchehen kan/ ſo kom-
men die ſeelen als bald an jhren beſtimpten ort/ wie ſolches võ
der Glaubigen ſeelen ausdruͤcklich geſchriben ſtehet: deñ von
Lazaro bezeuget das Evangelium/ So bald er nur geſtoꝛbẽ/
ſey er von ſtund an getragen woꝛden in die ſchos Abrahæ.

Alſo vertroͤſtet auch Chriſtus den Schaͤcher am Creutz/ deſ-
ſen wir albereyt zum oͤfftern gedacht haben. Luc. 23. verſ. 43.
Hodie mecũ eris in Paradiſo;
Er ſaget nicht/ du muſt vor eine
zeitlang ins Fegfewr. Vnd gewislich da jemand hette ſollen
im Fegefewer gereiniget werden/ ſo wehre es nach Menſch-
lichem gutduͤncken demſelben Schaͤcher am aller noͤtigſten
geweſen/ als der in ſeinen Suͤnden iſt ergriffen vnd gerichtet
wordẽ. Ioan. 5. v. 24. Spricht Chriſtus abermal: Wer mein
Wort hoͤret vnd glaͤubet dem der mich geſandt hat/ der hat dz
Ewige leben/ vnd kompt nit in das Gerichte/ ſondern er iſt võ
Tode zum Lebẽ hindurch gedrungen. Es ſaget Chriſtus nit:
Habebit/ er wirds vberkom̃en/ ſondern er hats jtzt als bald/
albereyt: Er ſaget auch nicht: Tranſibit, er wird einmal hin-
durch dringen/ ſondern Tranſivit, er iſt albereyt zum Leben
eingangẽ/ er wird nicht erſt lange duͤrffen im Fegfewr ſitzen/
ſondern er iſt als bald võ Tode zum Lebẽ hindurch gedrungẽ.
Am aller deutlichſten aber/ bezeuget es Joh. in Apoc. 14. v. 13.
Selig ſind die todten die im HErꝛn ſterbẽ/ à modo, võ nu an/
Jn dem nu/ vnd augenblick/ weñ ſich die ſeele geſcheydet/ ehe
der Leib zur Erde kom̃t/ ſo iſt die ſeele ſchõ in der hand Gottes
in der ſchos Abrahæ, im Buͤndlein der Lebendigen/ bey dem
HErren. Weil nu deme alſo das die Seele der Glaubigen/
von mund auff gen Himmel fahren/ ſo ſind es nichtige ver-
gebliche gedancken/ die jnen die Leute ſelbſt machẽ wegen des
langen verzugs/ ehe man nach diſem toͤdtlichen abſchiede/ der

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Zitationshilfe: Anther, Nicolaus; Heermann, Georg: Zwo Christliche LeichPredigten. Brieg, 1606, S. [62]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/523629/62>, abgerufen am 28.11.2024.