Wolder, Johannes: Vidua derelicta sed dilecta. Wittenberg, 1616.Christliche Leichpredigt. dum clementia erga mulieres, que nil nisi flere no-runt. Utendum animi magnitudine adversus prin- cipes, qui tantum bellare didicerunt. Es mus ein Herr freundligkeit vnnd barmhertzigkeit gebrauchen gegen arme elende Witwen/ die nichts anders wissen oder können als weinen. Er mus aber auch sich ernst- hafftig vnnd gestrenge erzeigen/ gegen andere seines gleichen Fursten vnd Herrn/ die nichts anders wissen vnd gelernet haben denn kriegen. Claudius Coesar wird gerühmet/ daß da auff eine zeit eine Witwe mit weinenden Augen jhme jhr Elend hat geklaget/ Er derselbigen die Thränen vom Angesicht mit seinen ei- genen Henden habe abgewischt/ vnd da er darüber ist zur rede gesetzt worden/ gar weislich vnnd wol geant- wortet: Malo angoris subditorum esse particeps, quam autor esse ut oculos lachrymis plenos habe- ant, Jch wil lieber des Elendes meiner armen Vnterthanen theilhafftig sein als vrsach geben/ das jhnen die Augen allezeit mit Thränen vbergehen sol- len. Ach wo solche löbliche Regenten regieren/ da ste- hets wol zu vmb elende verlassene Witwen vnd Wai- sen/ Wie ein solcher lobwürdiger Herr auch gewesen ist der Antonius Pius, der da soll gesagt haben: De- cet principes generosos & bonos erga viduas visce- ra semper aperta habere. Einem Fürsten es wol anstehet vnd geburet/ das er sein Hertz gegen Witwen offen führet. Jst doch Phalacis gewesen ein grewlicher wütiger Bluthund vnd Tyrann/ dennoch da er vieler schand vnd Laster ist beschüldiget worden/ vnnd jhme die D iij
Chriſtliche Leichpredigt. dum clementia erga mulieres, quę nil niſi flere no-runt. Utendum animi magnitudine adverſus prin- cipes, qui tantùm bellare didicerunt. Es mus ein Herr freundligkeit vnnd barmhertzigkeit gebrauchen gegen arme elende Witwen/ die nichts anders wiſſen oder koͤnnen als weinen. Er mus aber auch ſich ernſt- hafftig vnnd geſtrenge erzeigen/ gegen andere ſeines gleichen Fůrſten vnd Herrn/ die nichts anders wiſſen vnd gelernet haben denn kriegen. Claudius Cœſar wird geruͤhmet/ daß da auff eine zeit eine Witwe mit weinenden Augen jhme jhr Elend hat geklaget/ Er derſelbigen die Thraͤnen vom Angeſicht mit ſeinen ei- genen Henden habe abgewiſcht/ vnd da er daruͤber iſt zur rede geſetzt worden/ gar weislich vnnd wol geant- wortet: Malo angoris ſubditorum eſſe particeps, quam autor eſſe ut oculos lachrymis plenos habe- ant, Jch wil lieber des Elendes meiner armen Vnterthanen theilhafftig ſein als vrſach geben/ das jhnen die Augen allezeit mit Thraͤnen vbergehen ſol- len. Ach wo ſolche loͤbliche Regenten regieren/ da ſte- hets wol zu vmb elende verlaſſene Witwen vnd Wai- ſen/ Wie ein ſolcher lobwuͤrdiger Herr auch geweſen iſt der Antonius Pius, der da ſoll geſagt haben: De- cet principes generoſos & bonos erga viduas viſce- ra ſemper aperta habere. Einem Fuͤrſten es wol anſtehet vnd gebůret/ das er ſein Hertz gegen Witwen offen fuͤhret. Jſt doch Phalacis geweſen ein grewlicher wuͤtiger Bluthund vnd Tyrann/ dennoch da er vieler ſchand vnd Laſter iſt beſchuͤldiget worden/ vnnd jhme die D iij
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Chriſtliche Leichpredigt.
dum clementia erga mulieres, quę nil niſi flere no-
runt. Utendum animi magnitudine adverſus prin-
cipes, qui tantùm bellare didicerunt. Es mus ein
Herr freundligkeit vnnd barmhertzigkeit gebrauchen
gegen arme elende Witwen/ die nichts anders wiſſen
oder koͤnnen als weinen. Er mus aber auch ſich ernſt-
hafftig vnnd geſtrenge erzeigen/ gegen andere ſeines
gleichen Fůrſten vnd Herrn/ die nichts anders wiſſen
vnd gelernet haben denn kriegen. Claudius Cœſar
wird geruͤhmet/ daß da auff eine zeit eine Witwe mit
weinenden Augen jhme jhr Elend hat geklaget/ Er
derſelbigen die Thraͤnen vom Angeſicht mit ſeinen ei-
genen Henden habe abgewiſcht/ vnd da er daruͤber iſt
zur rede geſetzt worden/ gar weislich vnnd wol geant-
wortet: Malo angoris ſubditorum eſſe particeps,
quam autor eſſe ut oculos lachrymis plenos habe-
ant, Jch wil lieber des Elendes meiner armen
Vnterthanen theilhafftig ſein als vrſach geben/ das
jhnen die Augen allezeit mit Thraͤnen vbergehen ſol-
len. Ach wo ſolche loͤbliche Regenten regieren/ da ſte-
hets wol zu vmb elende verlaſſene Witwen vnd Wai-
ſen/ Wie ein ſolcher lobwuͤrdiger Herr auch geweſen
iſt der Antonius Pius, der da ſoll geſagt haben: De-
cet principes generoſos & bonos erga viduas viſce-
ra ſemper aperta habere. Einem Fuͤrſten es wol
anſtehet vnd gebůret/ das er ſein Hertz gegen Witwen
offen fuͤhret. Jſt doch Phalacis geweſen ein grewlicher
wuͤtiger Bluthund vnd Tyrann/ dennoch da er vieler
ſchand vnd Laſter iſt beſchuͤldiget worden/ vnnd jhme
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