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Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733].

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ge, sondern so viel der Himmel höher ist, denn die Erde, so sind
auch GOttes Wege höher, denn unsre Wege, und GOttes Gedan-
cken denn unsre Gedancken.
Es. 55, 8. 9. So hoch sie aber sind, so sind sie
doch allemahl gut. Die Wege des HErrn sind eitel Güte und Wahr-
heit.
Ps. 25, 10. Eben durch diesen Hintritt mußte Jhre gehorsame fromme
Jungfer Tochter und Enckelin und erwünschte Jungfer Braut zu ihrem
rechten Vater in Himmel, zu ihrem Seelen innigst geliebten Bräutigam,
der sich in der Tauffe mit Jhr verlobt, als dem rechten Weg, gehen. Das
ist tröstlicher, als wenn vormahls bey denen Römern denen Leidtragenden
den Tod lieber Leute zu versüssen zugeruffen wurde (a) Letho Ollus datus
est,
oder Traditur oblivioni, der Verstorbene ist der Vergessenheit über-
geben. Daß man aber die Oblivion vor einen besondern Trost gehalten,
ist aus des Kaysers Friderici III. cognom. Pacifici Symbolo, so er offters
an die Wände schreiben lassen, zu sehen: Rerum irrecuperabilium summa
felicitas oblivio.
Die größte Glückseeligkeit und der beste Trost ist, der erjeni-
gen Dinge, die nicht wieder zu erlangen sind, vergessen können und nicht
weiter dran zu gedencken, davon seinen Sinn abkehren, das einem nicht
wieder werden kan. (b) Doch haben die Römer und Griechen ihren Ver-
storbenen kostbahre Ehren- und Gedächtniß-Mahle gestifftet und aufgerich-
tet, und in einer kurtzen Grab-Schrifft ohne Stoltz und Pracht ihre rühm-
liche Thaten kürtzlich abgefasset. Stilicho ließ seiner Tochter, einer ver-
lobten Braut mit dem Kayser Honorio, folgende Grab-Schrifft setzen: (c)

Honori
Maria
Stilicho
Vivatis.

Das
(a) Varro I. VI. LL.
(b) M. Christ. Seumii Symbol. p. 324.
(c) Vive,
vivatis ultima valedicentis vox fuit charis suis, qvibus felicem vitam
optatet & diuturnam post suum excessum. Unde monumentis suis in-
cidi id verbum faciebant praesertim illi, qvi, ut loqvimur, immatura aetate
decedebant. Ut filia Stiliconis, Honorio Imperatori nupta, in cujus se-
pulchro haec figura gemmis insculpta reperta est. i. e. qvos annos nobis
fata negarunt, ad plenum vitae humanae spatium, eos vobis, nobis appre-
cantibus, velint largiri. v. C. Gevartium Elector. lib. 3. c.
8.

ge, ſondern ſo viel der Himmel hoͤher iſt, denn die Erde, ſo ſind
auch GOttes Wege hoͤher, denn unſre Wege, und GOttes Gedan-
cken denn unſre Gedancken.
Eſ. 55, 8. 9. So hoch ſie aber ſind, ſo ſind ſie
doch allemahl gut. Die Wege des HErrn ſind eitel Guͤte und Wahr-
heit.
Pſ. 25, 10. Eben durch dieſen Hintritt mußte Jhre gehorſame fromme
Jungfer Tochter und Enckelin und erwuͤnſchte Jungfer Braut zu ihrem
rechten Vater in Himmel, zu ihrem Seelen innigſt geliebten Braͤutigam,
der ſich in der Tauffe mit Jhr verlobt, als dem rechten Weg, gehen. Das
iſt troͤſtlicher, als wenn vormahls bey denen Roͤmern denen Leidtragenden
den Tod lieber Leute zu verſuͤſſen zugeruffen wurde (a) Letho Ollus datus
eſt,
oder Traditur oblivioni, der Verſtorbene iſt der Vergeſſenheit uͤber-
geben. Daß man aber die Oblivion vor einen beſondern Troſt gehalten,
iſt aus des Kayſers Friderici III. cognom. Pacifici Symbolo, ſo er offters
an die Waͤnde ſchreiben laſſen, zu ſehen: Rerum irrecuperabilium ſumma
felicitas oblivio.
Die groͤßte Gluͤckſeeligkeit und der beſte Troſt iſt, der erjeni-
gen Dinge, die nicht wieder zu erlangen ſind, vergeſſen koͤnnen und nicht
weiter dran zu gedencken, davon ſeinen Sinn abkehren, das einem nicht
wieder werden kan. (b) Doch haben die Roͤmer und Griechen ihren Ver-
ſtorbenen koſtbahre Ehren- und Gedaͤchtniß-Mahle geſtifftet und aufgerich-
tet, und in einer kurtzen Grab-Schrifft ohne Stoltz und Pracht ihre ruͤhm-
liche Thaten kuͤrtzlich abgefaſſet. Stilicho ließ ſeiner Tochter, einer ver-
lobten Braut mit dem Kayſer Honorio, folgende Grab-Schrifft ſetzen: (c)

Honori
Maria
Stilicho
Vivatis.

Das
(a) Varro I. VI. LL.
(b) M. Chriſt. Seumii Symbol. p. 324.
(c) Vive,
vivatis ultima valedicentis vox fuit charis ſuis, qvibus felicem vitam
optatet & diuturnam poſt ſuum exceſſum. Unde monumentis ſuis in-
cidi id verbum faciebant præſertim illi, qvi, ut loqvimur, immatura ætate
decedebant. Ut filia Stiliconis, Honorio Imperatori nupta, in cujus ſe-
pulchro hæc figura gemmis inſculpta reperta eſt. i. e. qvos annos nobis
fata negarunt, ad plenum vitæ humanæ ſpatium, eos vobis, nobis appre-
cantibus, velint largiri. v. C. Gevartium Elector. lib. 3. c.
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[26/0026] ge, ſondern ſo viel der Himmel hoͤher iſt, denn die Erde, ſo ſind auch GOttes Wege hoͤher, denn unſre Wege, und GOttes Gedan- cken denn unſre Gedancken. Eſ. 55, 8. 9. So hoch ſie aber ſind, ſo ſind ſie doch allemahl gut. Die Wege des HErrn ſind eitel Guͤte und Wahr- heit. Pſ. 25, 10. Eben durch dieſen Hintritt mußte Jhre gehorſame fromme Jungfer Tochter und Enckelin und erwuͤnſchte Jungfer Braut zu ihrem rechten Vater in Himmel, zu ihrem Seelen innigſt geliebten Braͤutigam, der ſich in der Tauffe mit Jhr verlobt, als dem rechten Weg, gehen. Das iſt troͤſtlicher, als wenn vormahls bey denen Roͤmern denen Leidtragenden den Tod lieber Leute zu verſuͤſſen zugeruffen wurde (a) Letho Ollus datus eſt, oder Traditur oblivioni, der Verſtorbene iſt der Vergeſſenheit uͤber- geben. Daß man aber die Oblivion vor einen beſondern Troſt gehalten, iſt aus des Kayſers Friderici III. cognom. Pacifici Symbolo, ſo er offters an die Waͤnde ſchreiben laſſen, zu ſehen: Rerum irrecuperabilium ſumma felicitas oblivio. Die groͤßte Gluͤckſeeligkeit und der beſte Troſt iſt, der erjeni- gen Dinge, die nicht wieder zu erlangen ſind, vergeſſen koͤnnen und nicht weiter dran zu gedencken, davon ſeinen Sinn abkehren, das einem nicht wieder werden kan. (b) Doch haben die Roͤmer und Griechen ihren Ver- ſtorbenen koſtbahre Ehren- und Gedaͤchtniß-Mahle geſtifftet und aufgerich- tet, und in einer kurtzen Grab-Schrifft ohne Stoltz und Pracht ihre ruͤhm- liche Thaten kuͤrtzlich abgefaſſet. Stilicho ließ ſeiner Tochter, einer ver- lobten Braut mit dem Kayſer Honorio, folgende Grab-Schrifft ſetzen: (c) Honori Maria Stilicho Vivatis. Das (a) Varro I. VI. LL. (b) M. Chriſt. Seumii Symbol. p. 324. (c) Vive, vivatis ultima valedicentis vox fuit charis ſuis, qvibus felicem vitam optatet & diuturnam poſt ſuum exceſſum. Unde monumentis ſuis in- cidi id verbum faciebant præſertim illi, qvi, ut loqvimur, immatura ætate decedebant. Ut filia Stiliconis, Honorio Imperatori nupta, in cujus ſe- pulchro hæc figura gemmis inſculpta reperta eſt. i. e. qvos annos nobis fata negarunt, ad plenum vitæ humanæ ſpatium, eos vobis, nobis appre- cantibus, velint largiri. v. C. Gevartium Elector. lib. 3. c. 8.

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Zitationshilfe: Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733], S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/542451/26>, abgerufen am 23.11.2024.