Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733].Ein Mägdgen gar zu sehr geziert, Nicht vor gar keusch gehalten wird. Daher war die Wohlseelige wohl eine Liebhaberin der Reinligkeit in Klei- weinende (l) August. Lib. 50. homiliar. Homil. 10. E 2
Ein Maͤgdgen gar zu ſehr geziert, Nicht vor gar keuſch gehalten wird. Daher war die Wohlſeelige wohl eine Liebhaberin der Reinligkeit in Klei- weinende (l) Auguſt. Lib. 50. homiliar. Homil. 10. E 2
<TEI> <text> <body> <div type="fsThanks" n="1"> <pb facs="#f0035" n="35"/> <lg type="poem"> <l> <hi rendition="#fr">Ein Maͤgdgen gar zu ſehr geziert,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Nicht vor gar keuſch gehalten wird.</hi> </l> </lg><lb/> <p>Daher war die <hi rendition="#fr">Wohlſeelige</hi> wohl eine Liebhaberin der Reinligkeit in Klei-<lb/> dung, aber ohne Hoffarth. Sie bedachte wohl die gemeine Spruͤch-Woͤr-<lb/> ter: Wer zu ſeinem eigenen Leibe nicht Luſt hat, der hat nirgends zu Luſt.<lb/> Wer ſein Kleid ehrt, den ehrt es wieder. Die <hi rendition="#fr">wohlſeelige Jungfer</hi> war<lb/> keine Liebhaberin der Fenſter. Sie ſahe ſich in Noth und Gefahr nicht um<lb/> nach andern Nothhelffern, ſondern ſuchte bey dem HErrn JEſu ihrem ei-<lb/> nigen Seelen-Braͤutigam allein durch andaͤchtiges Gebeth, Rath, Troſt<lb/> und Huͤlffe. Der war ihr alleine der rechte Meiſter zu helffen, auſſer dem<lb/> kein Heyl. <hi rendition="#aq">Act.</hi> 4. Ach die geiſtliche Braut Chriſti, eine glaͤubige Seele,<lb/> muß ſeyn <hi rendition="#aq">roſa inter ſpinas,</hi> eine <hi rendition="#fr">Roſe unter den Dornen.</hi> <hi rendition="#aq">Cant.</hi> 2. <hi rendition="#fr">Wie eine<lb/> Roſe unter den Dornen, ſo iſt meine Freundin unter den Toͤchtern.</hi> Un-<lb/> ſere <hi rendition="#fr">wohlſeelige Chriſtiana</hi> war auch eine <hi rendition="#aq">Cruciana,</hi> eine Creutz-Traͤgerin.<lb/> Doͤrfte mancher gedencken: <hi rendition="#fr">o die wohlſeelige Jungfer</hi> hat in ihrem frey-<lb/> ledigen Jungfern-Stande wohl vom Creutze nicht viel gewußt noch ge-<lb/> ſchmeckt! Was vor Noth wird Sie doch gehabt haben bey ſo guͤttigen, mil-<lb/> den und geſeegneten <hi rendition="#fr">Eltern?</hi> War Sie doch das einige liebe Kind. Jtzt<lb/> eine begluͤckte <hi rendition="#fr">Braut,</hi> welche auf einen ſolchen erwuͤnſchten <hi rendition="#fr">Braͤutigam</hi><lb/> ihre <hi rendition="#aq">Affection</hi> geworffen, der Sie nach wenig Wochen, nach ihrer voͤlligen<lb/> Verehligung, in ihr Geburths- und Stamm-Haus, ich meine aus dem <hi rendition="#aq">Re-<lb/> ctor-</hi> ins <hi rendition="#aq">Con-Rector-</hi>Haus fuͤhren ſolte? Allein Sie war eine wohlgefaͤl-<lb/> lige <hi rendition="#fr">Braut</hi> JEſu, Sie mußte, wie die <hi rendition="#aq">Eſther,</hi> mit Balſam und Myrrhen des<lb/> Creutzes angenehm gemacht und geſchmuͤckt ſeyn. Jhr Seelen-Braͤuti-<lb/> gam Chriſtus JEſus mußte mit groſſen Creutz-Buͤrden beladen in lauter<lb/> Unruhe dieſer Welt herum wallen: ſo ſchaͤmete Sie ſich auch nicht, als ſei-<lb/> ne gehorſame Braut, ſeiner Spur nach zufahren. Sie wußte, Sie finde<lb/> anders ihren Seelen-Braͤutigam nicht, als im Creutze, am Creutze, und<lb/> unter dem Creutze. Sie war eine <hi rendition="#aq">Cruciana</hi> die <hi rendition="#fr">wohlſeelige Chriſtiana,</hi><lb/> ins Lebens Anfang. <hi rendition="#aq">Naſcentium vox prima vagitus eſt.</hi> Der gebohr-<lb/> nen Menſchen erſte Stimm iſt ein weinendes Schreyen. Sie mußte ſagen:<lb/><hi rendition="#fr">Weinen war meine erſte Stimme.</hi> <hi rendition="#aq">Sap.</hi> 7, 3. Damit Sie ihr kuͤnftiges<lb/> Ungluͤck und <hi rendition="#fr">Creutze</hi> zu verſtehen gab. Wie <hi rendition="#aq">Auguſtinus</hi> ſagt: <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">Auguſt. Lib. 50. homiliar. Homil.</hi> 10.</note> Das<lb/> <fw type="sig" place="bottom">E 2</fw><fw type="catch" place="bottom">weinende</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [35/0035]
Ein Maͤgdgen gar zu ſehr geziert,
Nicht vor gar keuſch gehalten wird.
Daher war die Wohlſeelige wohl eine Liebhaberin der Reinligkeit in Klei-
dung, aber ohne Hoffarth. Sie bedachte wohl die gemeine Spruͤch-Woͤr-
ter: Wer zu ſeinem eigenen Leibe nicht Luſt hat, der hat nirgends zu Luſt.
Wer ſein Kleid ehrt, den ehrt es wieder. Die wohlſeelige Jungfer war
keine Liebhaberin der Fenſter. Sie ſahe ſich in Noth und Gefahr nicht um
nach andern Nothhelffern, ſondern ſuchte bey dem HErrn JEſu ihrem ei-
nigen Seelen-Braͤutigam allein durch andaͤchtiges Gebeth, Rath, Troſt
und Huͤlffe. Der war ihr alleine der rechte Meiſter zu helffen, auſſer dem
kein Heyl. Act. 4. Ach die geiſtliche Braut Chriſti, eine glaͤubige Seele,
muß ſeyn roſa inter ſpinas, eine Roſe unter den Dornen. Cant. 2. Wie eine
Roſe unter den Dornen, ſo iſt meine Freundin unter den Toͤchtern. Un-
ſere wohlſeelige Chriſtiana war auch eine Cruciana, eine Creutz-Traͤgerin.
Doͤrfte mancher gedencken: o die wohlſeelige Jungfer hat in ihrem frey-
ledigen Jungfern-Stande wohl vom Creutze nicht viel gewußt noch ge-
ſchmeckt! Was vor Noth wird Sie doch gehabt haben bey ſo guͤttigen, mil-
den und geſeegneten Eltern? War Sie doch das einige liebe Kind. Jtzt
eine begluͤckte Braut, welche auf einen ſolchen erwuͤnſchten Braͤutigam
ihre Affection geworffen, der Sie nach wenig Wochen, nach ihrer voͤlligen
Verehligung, in ihr Geburths- und Stamm-Haus, ich meine aus dem Re-
ctor- ins Con-Rector-Haus fuͤhren ſolte? Allein Sie war eine wohlgefaͤl-
lige Braut JEſu, Sie mußte, wie die Eſther, mit Balſam und Myrrhen des
Creutzes angenehm gemacht und geſchmuͤckt ſeyn. Jhr Seelen-Braͤuti-
gam Chriſtus JEſus mußte mit groſſen Creutz-Buͤrden beladen in lauter
Unruhe dieſer Welt herum wallen: ſo ſchaͤmete Sie ſich auch nicht, als ſei-
ne gehorſame Braut, ſeiner Spur nach zufahren. Sie wußte, Sie finde
anders ihren Seelen-Braͤutigam nicht, als im Creutze, am Creutze, und
unter dem Creutze. Sie war eine Cruciana die wohlſeelige Chriſtiana,
ins Lebens Anfang. Naſcentium vox prima vagitus eſt. Der gebohr-
nen Menſchen erſte Stimm iſt ein weinendes Schreyen. Sie mußte ſagen:
Weinen war meine erſte Stimme. Sap. 7, 3. Damit Sie ihr kuͤnftiges
Ungluͤck und Creutze zu verſtehen gab. Wie Auguſtinus ſagt: (l) Das
weinende
(l) Auguſt. Lib. 50. homiliar. Homil. 10.
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