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Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733].

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II. Was die zuletzte von ihm erhalten.

Verlaß mich nicht HERR mein GOTT, sey nicht ferne von mir,
eile mir beyzustehen, HERR meine Hülffe! Amen.

VNd so ist denn, Geliebte und zum Theil schmertzlich
Betrübte! JEsus von Nazareth der gute Hirte.

Es fragt sich vor das

I. Mit was ächte und rechte Christen sich zu ihm
halten.
AEqvalis aeqvalem delectat. Raben, die immer cras cras
schreyen, halten sich zu Raben. Du sprichst: ich halte mich nicht zu
losen Leuten; das läßt man gelten. Vor losen Leuten soll man fliehen.
Sie sind Pech, wer das Pech anrühret, der besudelt sich. Man soll
sie achten wie einen, dessen Athem stinckt, und den man sich nicht gerne
anhauchen läßt. Wer Durst hat nach den Strömen der Weisheit,
dem werden sie nicht ohne Mühe in den Hals fliessen, er muß sich hal-
ten zu dem und dem Gamaliel. Antisthenes hatte dergleichen Durst, er
hielte sich zu dem Socrate, daß ihm der Durst möge gelöschet werden. Sich
zu Christo halten, ist nöthig dem, der nicht wil in den Pfuhl der Fin-
sterniß. Zu dem hält man sich mit wahrem Glauben. Der Glaube
ist der Sieg, durch den wir vermählet werden an Christum. Der
Wind reiniget die Luft; der Glaude das Hertze. Christus ist der
Stamm, in den ich durch den Glauben gepfrofft werde. Der Stamm
treibt, vermöge des Triebes hebe ich an völliger zu werden. Julianus,
Celsus
und wer des Gelichters mehr ist, spottet des Glaubens. Uns ist
der Glaube das edelste Kleinod. Man hält sich zu Christo mit steten
Bemühungen gesinnet zu werden, wie er gesinnet war. Der ist ver-
kehrtes Geschlechtes, der an Christo haben wil einen Artzt, nicht aber
auch einen Vorgänger. Der ist verkehrtes Geschlechtes, der das Heil,
welches in Christo ist, gerne hätte, der aber Christi Fußstapffen nicht
nachfolgt. Man hält sich zu Christo mit fleißigem Gebethe. Dorte
sagte GOTT: Wer Wasser lecken wird, wie ein Hund lecket, der
gehe mit zu Felde; der nicht, der kniende aus dem Strome trin-
cken wird.
Die Hebräer sprechen, welche kniende aus dem Strome

truncken,

II. Was die zuletzte von ihm erhalten.

Verlaß mich nicht HERR mein GOTT, ſey nicht ferne von mir,
eile mir beyzuſtehen, HERR meine Huͤlffe! Amen.

VNd ſo iſt denn, Geliebte und zum Theil ſchmertzlich
Betruͤbte! JEſus von Nazareth der gute Hirte.

Es fragt ſich vor das

I. Mit was aͤchte und rechte Chriſten ſich zu ihm
halten.
Æqvalis æqvalem delectat. Raben, die immer cras cras
ſchreyen, halten ſich zu Raben. Du ſprichſt: ich halte mich nicht zu
loſen Leuten; das laͤßt man gelten. Vor loſen Leuten ſoll man fliehen.
Sie ſind Pech, wer das Pech anruͤhret, der beſudelt ſich. Man ſoll
ſie achten wie einen, deſſen Athem ſtinckt, und den man ſich nicht gerne
anhauchen laͤßt. Wer Durſt hat nach den Stroͤmen der Weisheit,
dem werden ſie nicht ohne Muͤhe in den Hals flieſſen, er muß ſich hal-
ten zu dem und dem Gamaliel. Antiſthenes hatte dergleichen Durſt, er
hielte ſich zu dem Socrate, daß ihm der Durſt moͤge geloͤſchet werden. Sich
zu Chriſto halten, iſt noͤthig dem, der nicht wil in den Pfuhl der Fin-
ſterniß. Zu dem haͤlt man ſich mit wahrem Glauben. Der Glaube
iſt der Sieg, durch den wir vermaͤhlet werden an Chriſtum. Der
Wind reiniget die Luft; der Glaude das Hertze. Chriſtus iſt der
Stamm, in den ich durch den Glauben gepfrofft werde. Der Stamm
treibt, vermoͤge des Triebes hebe ich an voͤlliger zu werden. Julianus,
Celſus
und wer des Gelichters mehr iſt, ſpottet des Glaubens. Uns iſt
der Glaube das edelſte Kleinod. Man haͤlt ſich zu Chriſto mit ſteten
Bemuͤhungen geſinnet zu werden, wie er geſinnet war. Der iſt ver-
kehrtes Geſchlechtes, der an Chriſto haben wil einen Artzt, nicht aber
auch einen Vorgaͤnger. Der iſt verkehrtes Geſchlechtes, der das Heil,
welches in Chriſto iſt, gerne haͤtte, der aber Chriſti Fußſtapffen nicht
nachfolgt. Man haͤlt ſich zu Chriſto mit fleißigem Gebethe. Dorte
ſagte GOTT: Wer Waſſer lecken wird, wie ein Hund lecket, der
gehe mit zu Felde; der nicht, der kniende aus dem Strome trin-
cken wird.
Die Hebraͤer ſprechen, welche kniende aus dem Strome

truncken,
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[8/0008] II. Was die zuletzte von ihm erhalten. Verlaß mich nicht HERR mein GOTT, ſey nicht ferne von mir, eile mir beyzuſtehen, HERR meine Huͤlffe! Amen. VNd ſo iſt denn, Geliebte und zum Theil ſchmertzlich Betruͤbte! JEſus von Nazareth der gute Hirte. Es fragt ſich vor das I. Mit was aͤchte und rechte Chriſten ſich zu ihm halten. Æqvalis æqvalem delectat. Raben, die immer cras cras ſchreyen, halten ſich zu Raben. Du ſprichſt: ich halte mich nicht zu loſen Leuten; das laͤßt man gelten. Vor loſen Leuten ſoll man fliehen. Sie ſind Pech, wer das Pech anruͤhret, der beſudelt ſich. Man ſoll ſie achten wie einen, deſſen Athem ſtinckt, und den man ſich nicht gerne anhauchen laͤßt. Wer Durſt hat nach den Stroͤmen der Weisheit, dem werden ſie nicht ohne Muͤhe in den Hals flieſſen, er muß ſich hal- ten zu dem und dem Gamaliel. Antiſthenes hatte dergleichen Durſt, er hielte ſich zu dem Socrate, daß ihm der Durſt moͤge geloͤſchet werden. Sich zu Chriſto halten, iſt noͤthig dem, der nicht wil in den Pfuhl der Fin- ſterniß. Zu dem haͤlt man ſich mit wahrem Glauben. Der Glaube iſt der Sieg, durch den wir vermaͤhlet werden an Chriſtum. Der Wind reiniget die Luft; der Glaude das Hertze. Chriſtus iſt der Stamm, in den ich durch den Glauben gepfrofft werde. Der Stamm treibt, vermoͤge des Triebes hebe ich an voͤlliger zu werden. Julianus, Celſus und wer des Gelichters mehr iſt, ſpottet des Glaubens. Uns iſt der Glaube das edelſte Kleinod. Man haͤlt ſich zu Chriſto mit ſteten Bemuͤhungen geſinnet zu werden, wie er geſinnet war. Der iſt ver- kehrtes Geſchlechtes, der an Chriſto haben wil einen Artzt, nicht aber auch einen Vorgaͤnger. Der iſt verkehrtes Geſchlechtes, der das Heil, welches in Chriſto iſt, gerne haͤtte, der aber Chriſti Fußſtapffen nicht nachfolgt. Man haͤlt ſich zu Chriſto mit fleißigem Gebethe. Dorte ſagte GOTT: Wer Waſſer lecken wird, wie ein Hund lecket, der gehe mit zu Felde; der nicht, der kniende aus dem Strome trin- cken wird. Die Hebraͤer ſprechen, welche kniende aus dem Strome truncken,

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Zitationshilfe: Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733], S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/542451/8>, abgerufen am 23.11.2024.