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Beuthelius, Johann: Christliches Leben vnd Seliges Sterben. Wittenberg, 1603.

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Dem Christlichem Leser
glück vnd heil etc.

ES ist im alten Vers Sprichworts weise geredt:
Qui procul est oculis, procul est a lumine cordis.
Das wir Deutsch sagen/ Kömpstu mir aus den augen/
kömpst mir auch wol aus dem sinn. Welches Sprichwort/
ob es wol nicht bey allen Menschen in gleichem theil stad fin-
det/ so ist dennoch der meiste hauffe also geunartet/ das was er
teglich für augen hat/ das jn belüstiget/ das liebet er auch: Wz
jm aber aussm gesicht kömpt verg[e]sset er gar leichtlieh. Vnd
solle sich dis wol vnter Eheleuten/ die doch ein Fleisch sein/ nit
gar selten begeben/ das/ wenn eins vom andern durch den zeit-
lichen Todt wird hinweg gerissen/ dem verbliebenen theil nicht
viel mehr drumb ist als wenn jhm eine alte Tasche von der sei-
ten entfallen were. Vom abgeschiedenen theil aber man
wol sagen möcht: Wer nur so nerrisch ist/ das er stirbt/ der
wird wol bald vergessen.

Aber bey rechten vnd echten Gotteskindern/ vnd bey de-
nen so zucht vnd erbarkeit/ Christliche liebe vnd trewe in acht
haben/ findet man dennoch ein viel andern affectum/ denen
der jhrigen abscheid von dieser Welt so tieff zu Hertzen gehet/
das jnen nicht anders deucht/ als würde jnen durch solchen riß
das halbe hertze mit weg genommen.

Denn ob jhnen die jhrigen hiedurch werden aus den
augen gerissen/ so sind sie jhnen doch so tieff ins hertze einge-
wurtzelt das sie derselben/ weil ein athem aus jhnen gehet/ nit
vergessen mögen. Daher es/ nach altem löblichen gebrauch bey
vns Deutschen vblich/ das man hat feine zierliche Coemite-
ria, Epitaphia, Epicedia, inngnia in tempns suspensa,

dabey man sich der Verstorbenen erinnern kan. Hieneben
sind auch nicht wenig welche die Leichpredigten/ so in den ge-
wönlichen Leichbegengnissen gehalten werden/ abdrucken las-
sen/ auff das sie dieselben offt lesen/ daraus jhrer verstorbenen

leben
Dem Chriſtlichem Leſer
gluͤck vnd heil etc.

ES iſt im alten Vers Sprichworts weiſe geredt:
Qui procul eſt oculis, procul eſt à lumine cordis.
Das wir Deutſch ſagen/ Koͤmpſtu mir aus den augen/
koͤmpſt mir auch wol aus dem ſinn. Welches Sprichwort/
ob es wol nicht bey allen Menſchen in gleichem theil ſtad fin-
det/ ſo iſt dennoch der meiſte hauffe alſo geunartet/ das was er
teglich fuͤr augen hat/ das jn beluͤſtiget/ das liebet er auch: Wz
jm aber auſſm geſicht koͤmpt verg[e]ſſet er gar leichtlieh. Vnd
ſolle ſich dis wol vnter Eheleuten/ die doch ein Fleiſch ſein/ nit
gar ſelten begeben/ das/ wenn eins vom andern durch den zeit-
lichen Todt wird hinweg geriſſen/ dem verbliebenen theil nicht
viel mehr drumb iſt als wenn jhm eine alte Taſche von der ſei-
ten entfallen were. Vom abgeſchiedenen theil aber man
wol ſagen moͤcht: Wer nur ſo nerriſch iſt/ das er ſtirbt/ der
wird wol bald vergeſſen.

Aber bey rechten vnd echten Gotteskindern/ vnd bey de-
nen ſo zucht vnd erbarkeit/ Chriſtliche liebe vnd trewe in acht
haben/ findet man dennoch ein viel andern affectum/ denen
der jhrigen abſcheid von dieſer Welt ſo tieff zu Hertzen gehet/
das jnen nicht anders deucht/ als wuͤrde jnen durch ſolchen riß
das halbe hertze mit weg genommen.

Denn ob jhnen die jhrigen hiedurch werden aus den
augen geriſſen/ ſo ſind ſie jhnen doch ſo tieff ins hertze einge-
wurtzelt das ſie derſelben/ weil ein athem aus jhnen gehet/ nit
vergeſſen moͤgen. Daher es/ nach altem loͤblichẽ gebrauch bey
vns Deutſchen vblich/ das man hat feine zierliche Cœmite-
ria, Epitaphia, Epicedia, inngnia in tempns ſuſpenſa,

dabey man ſich der Verſtorbenen erinnern kan. Hieneben
ſind auch nicht wenig welche die Leichpredigten/ ſo in den ge-
woͤnlichen Leichbegengniſſen gehalten werden/ abdrucken laſ-
ſen/ auff das ſie dieſelben offt leſen/ daraus jhrer verſtorbenen

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Zitationshilfe: Beuthelius, Johann: Christliches Leben vnd Seliges Sterben. Wittenberg, 1603, S. [4]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/542550/4>, abgerufen am 21.11.2024.