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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.

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Verachtung, warf einige Goldstücke hin, und befahl, vor das
vornehmste Hotel vorzufahren. Das Haus war gegen Norden
gelegen, ich hatte die Sonne nicht zu fürchten. Ich schickte
den Kutscher mit Gold weg, ließ mir die besten Zimmer vorn
heraus anweisen, und verschloß mich darin, so bald ich
konnte.

Was denkest Du, das ich nun anfing? -- O mein lieber
Chamisso, selbst vor Dir es zu gestehen, macht mich errö-
then. Ich zog den unglücklichen Seckel aus meiner Brust her-
vor, und mit einer Art Wuth, die, wie eine flackernde Feuers-
brunst, sich in mir durch sich selbst mehrte, zog ich Gold dar-
aus, und Gold, und Gold, und immer mehr Gold, und
streute es auf den Estrich, und schritt darüber hin, und ließ
es klirren, und warf, mein armes Herz an dem Glanze, an
dem Klange weidend, immer des Metalles mehr zu dem Me-
talle, bis ich ermüdet selbst auf das reiche Lager sank und
schwelgend darin wühlte, mich darüber wälzte. So verging
der Tag, der Abend, ich schloß meine Thür' nicht auf, die
Nacht fand mich liegend auf dem Golde, und darauf über-
mannte mich der Schlaf.

Da träumt' es mir von Dir, es ward mir, als stünde
ich hinter der Glasthüre Deines kleinen Zimmers, und sähe
Dich von da an Deinem Arbeitstische zwischen einem Skelet
und einem Bunde getrockneter Pflanzen sitzen, vor Dir waren
Haller, Humboldt und Linne aufgeschlagen, auf Deinem
Sopha lagen ein Band Göthe und der Zauberring, ich betrach-
tete Dich lange und jedes Ding in Deiner Stube, und dann
Dich wieder, Du rührtest Dich aber nicht, Du holtest auch
nicht Athem, Du warst todt.

Ich erwachte. Es schien noch sehr früh zu sein. Meine
Uhr stand. Ich war wie zerschlagen, durstig und hungrig auch
noch; ich hatte seit dem vorigen Morgen nichts gegessen. Ich
stieß von mir mit Unwillen und Ueberdruß dieses Gold, an

Verachtung, warf einige Goldſtücke hin, und befahl, vor das
vornehmſte Hotel vorzufahren. Das Haus war gegen Norden
gelegen, ich hatte die Sonne nicht zu fürchten. Ich ſchickte
den Kutſcher mit Gold weg, ließ mir die beſten Zimmer vorn
heraus anweiſen, und verſchloß mich darin, ſo bald ich
konnte.

Was denkeſt Du, das ich nun anfing? — O mein lieber
Chamiſſo, ſelbſt vor Dir es zu geſtehen, macht mich errö-
then. Ich zog den unglücklichen Seckel aus meiner Bruſt her-
vor, und mit einer Art Wuth, die, wie eine flackernde Feuers-
brunſt, ſich in mir durch ſich ſelbſt mehrte, zog ich Gold dar-
aus, und Gold, und Gold, und immer mehr Gold, und
ſtreute es auf den Eſtrich, und ſchritt darüber hin, und ließ
es klirren, und warf, mein armes Herz an dem Glanze, an
dem Klange weidend, immer des Metalles mehr zu dem Me-
talle, bis ich ermüdet ſelbſt auf das reiche Lager ſank und
ſchwelgend darin wühlte, mich darüber wälzte. So verging
der Tag, der Abend, ich ſchloß meine Thür’ nicht auf, die
Nacht fand mich liegend auf dem Golde, und darauf über-
mannte mich der Schlaf.

Da träumt’ es mir von Dir, es ward mir, als ſtünde
ich hinter der Glasthüre Deines kleinen Zimmers, und ſähe
Dich von da an Deinem Arbeitstiſche zwiſchen einem Skelet
und einem Bunde getrockneter Pflanzen ſitzen, vor Dir waren
Haller, Humboldt und Linné aufgeſchlagen, auf Deinem
Sopha lagen ein Band Göthe und der Zauberring, ich betrach-
tete Dich lange und jedes Ding in Deiner Stube, und dann
Dich wieder, Du rührteſt Dich aber nicht, Du holteſt auch
nicht Athem, Du warſt todt.

Ich erwachte. Es ſchien noch ſehr früh zu ſein. Meine
Uhr ſtand. Ich war wie zerſchlagen, durſtig und hungrig auch
noch; ich hatte ſeit dem vorigen Morgen nichts gegeſſen. Ich
ſtieß von mir mit Unwillen und Ueberdruß dieſes Gold, an

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[12/0030] Verachtung, warf einige Goldſtücke hin, und befahl, vor das vornehmſte Hotel vorzufahren. Das Haus war gegen Norden gelegen, ich hatte die Sonne nicht zu fürchten. Ich ſchickte den Kutſcher mit Gold weg, ließ mir die beſten Zimmer vorn heraus anweiſen, und verſchloß mich darin, ſo bald ich konnte. Was denkeſt Du, das ich nun anfing? — O mein lieber Chamiſſo, ſelbſt vor Dir es zu geſtehen, macht mich errö- then. Ich zog den unglücklichen Seckel aus meiner Bruſt her- vor, und mit einer Art Wuth, die, wie eine flackernde Feuers- brunſt, ſich in mir durch ſich ſelbſt mehrte, zog ich Gold dar- aus, und Gold, und Gold, und immer mehr Gold, und ſtreute es auf den Eſtrich, und ſchritt darüber hin, und ließ es klirren, und warf, mein armes Herz an dem Glanze, an dem Klange weidend, immer des Metalles mehr zu dem Me- talle, bis ich ermüdet ſelbſt auf das reiche Lager ſank und ſchwelgend darin wühlte, mich darüber wälzte. So verging der Tag, der Abend, ich ſchloß meine Thür’ nicht auf, die Nacht fand mich liegend auf dem Golde, und darauf über- mannte mich der Schlaf. Da träumt’ es mir von Dir, es ward mir, als ſtünde ich hinter der Glasthüre Deines kleinen Zimmers, und ſähe Dich von da an Deinem Arbeitstiſche zwiſchen einem Skelet und einem Bunde getrockneter Pflanzen ſitzen, vor Dir waren Haller, Humboldt und Linné aufgeſchlagen, auf Deinem Sopha lagen ein Band Göthe und der Zauberring, ich betrach- tete Dich lange und jedes Ding in Deiner Stube, und dann Dich wieder, Du rührteſt Dich aber nicht, Du holteſt auch nicht Athem, Du warſt todt. Ich erwachte. Es ſchien noch ſehr früh zu ſein. Meine Uhr ſtand. Ich war wie zerſchlagen, durſtig und hungrig auch noch; ich hatte ſeit dem vorigen Morgen nichts gegeſſen. Ich ſtieß von mir mit Unwillen und Ueberdruß dieſes Gold, an

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/Yw_7531_1/30>, abgerufen am 21.11.2024.