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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.

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Menschen wallten durch die Gänge des Gartens. Ein Paar
traten im Gespräche näher und nahmen Platz auf der Bank,
worauf ich früher gesessen hatte. Sie unterhielten sich von
der an diesem Morgen vollzogenen Verbindung des reichen
Herrn Rascal mit der Tochter des Hauses. -- Es war
also geschehen.

Ich streifte mit der Hand die Tarnkappe des sogleich mir
verschwindenden Unbekannten von meinem Haupte weg, und
eilte stillschweigend, in die tiefste Nacht des Gebüsches mich
versenkend, den Weg über Graf Peter's Laube einschla-
gend, dem Ausgange des Gartens zu. Unsichtbar aber gelei-
tete mich mein Plagegeist, mich mit scharfen Worten ver-
folgend. "Das ist also der Dank für die Mühe, die man ge-
nommen hat, Monsieur, der schwache Nerven hat, den lan-
gen lieben Tag hindurch zu pflegen. Und man soll den Narren
im Spiele abgeben. Gut, Herr Trotzkopf, fliehn Sie nur
vor mir, wir sind doch unzertrennlich. Sie haben mein Gold
und ich Ihren Schatten; das läßt uns beiden keine Ruhe. --
Hat man je gehört, daß ein Schatten von seinem Herrn
gelassen hätte? Ihrer zieht mich Ihnen nach, bis Sie ihn
wieder zu Gnaden annehmen und ich ihn los bin. Was
Sie versäumt haben, aus frischer Lust zu thun, werden Sie,
nur zu spät, aus Ueberdruß und Langeweile nachholen müs-
sen; man entgeht seinem Schicksale nicht." Er sprach aus
demselben Tone fort und fort, ich floh umsonst, er ließ nicht
nach, und immer gegenwärtig, redete er höhnend von Gold
und Schatten. Ich konnte zu keinem eigenen Gedanken kommen.

Ich hatte durch menschenleere Straßen einen Weg nach
meinem Hause eingeschlagen. Als ich davor stand und es an-
sah, konnte ich es kaum erkennen; hinter den eingeschlagenen
Fenstern brannte kein Licht. Die Thüren waren zu, kein Die-

Menſchen wallten durch die Gänge des Gartens. Ein Paar
traten im Geſpräche näher und nahmen Platz auf der Bank,
worauf ich früher geſeſſen hatte. Sie unterhielten ſich von
der an dieſem Morgen vollzogenen Verbindung des reichen
Herrn Rascal mit der Tochter des Hauſes. — Es war
alſo geſchehen.

Ich ſtreifte mit der Hand die Tarnkappe des ſogleich mir
verſchwindenden Unbekannten von meinem Haupte weg, und
eilte ſtillſchweigend, in die tiefſte Nacht des Gebüſches mich
verſenkend, den Weg über Graf Peter’s Laube einſchla-
gend, dem Ausgange des Gartens zu. Unſichtbar aber gelei-
tete mich mein Plagegeiſt, mich mit ſcharfen Worten ver-
folgend. »Das iſt alſo der Dank für die Mühe, die man ge-
nommen hat, Monſieur, der ſchwache Nerven hat, den lan-
gen lieben Tag hindurch zu pflegen. Und man ſoll den Narren
im Spiele abgeben. Gut, Herr Trotzkopf, fliehn Sie nur
vor mir, wir ſind doch unzertrennlich. Sie haben mein Gold
und ich Ihren Schatten; das läßt uns beiden keine Ruhe. —
Hat man je gehört, daß ein Schatten von ſeinem Herrn
gelaſſen hätte? Ihrer zieht mich Ihnen nach, bis Sie ihn
wieder zu Gnaden annehmen und ich ihn los bin. Was
Sie verſäumt haben, aus friſcher Luſt zu thun, werden Sie,
nur zu ſpät, aus Ueberdruß und Langeweile nachholen müſ-
ſen; man entgeht ſeinem Schickſale nicht.« Er ſprach aus
demſelben Tone fort und fort, ich floh umſonſt, er ließ nicht
nach, und immer gegenwärtig, redete er höhnend von Gold
und Schatten. Ich konnte zu keinem eigenen Gedanken kommen.

Ich hatte durch menſchenleere Straßen einen Weg nach
meinem Hauſe eingeſchlagen. Als ich davor ſtand und es an-
ſah, konnte ich es kaum erkennen; hinter den eingeſchlagenen
Fenſtern brannte kein Licht. Die Thüren waren zu, kein Die-

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[54/0072] Menſchen wallten durch die Gänge des Gartens. Ein Paar traten im Geſpräche näher und nahmen Platz auf der Bank, worauf ich früher geſeſſen hatte. Sie unterhielten ſich von der an dieſem Morgen vollzogenen Verbindung des reichen Herrn Rascal mit der Tochter des Hauſes. — Es war alſo geſchehen. Ich ſtreifte mit der Hand die Tarnkappe des ſogleich mir verſchwindenden Unbekannten von meinem Haupte weg, und eilte ſtillſchweigend, in die tiefſte Nacht des Gebüſches mich verſenkend, den Weg über Graf Peter’s Laube einſchla- gend, dem Ausgange des Gartens zu. Unſichtbar aber gelei- tete mich mein Plagegeiſt, mich mit ſcharfen Worten ver- folgend. »Das iſt alſo der Dank für die Mühe, die man ge- nommen hat, Monſieur, der ſchwache Nerven hat, den lan- gen lieben Tag hindurch zu pflegen. Und man ſoll den Narren im Spiele abgeben. Gut, Herr Trotzkopf, fliehn Sie nur vor mir, wir ſind doch unzertrennlich. Sie haben mein Gold und ich Ihren Schatten; das läßt uns beiden keine Ruhe. — Hat man je gehört, daß ein Schatten von ſeinem Herrn gelaſſen hätte? Ihrer zieht mich Ihnen nach, bis Sie ihn wieder zu Gnaden annehmen und ich ihn los bin. Was Sie verſäumt haben, aus friſcher Luſt zu thun, werden Sie, nur zu ſpät, aus Ueberdruß und Langeweile nachholen müſ- ſen; man entgeht ſeinem Schickſale nicht.« Er ſprach aus demſelben Tone fort und fort, ich floh umſonſt, er ließ nicht nach, und immer gegenwärtig, redete er höhnend von Gold und Schatten. Ich konnte zu keinem eigenen Gedanken kommen. Ich hatte durch menſchenleere Straßen einen Weg nach meinem Hauſe eingeſchlagen. Als ich davor ſtand und es an- ſah, konnte ich es kaum erkennen; hinter den eingeſchlagenen Fenſtern brannte kein Licht. Die Thüren waren zu, kein Die-

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/Yw_7531_1/72>, abgerufen am 21.11.2024.