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Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635.

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Der ander Bundt wirdt geheissen der Gottshauß Bundt / wirdt darfür gehalten / daß er den Namen also wegen deß Bischthumbs Chur bekommen / welches darinn begriffen wirdt / beneben dem Pregell vnd Engadin / bey welchen die Inn vnd Athesis entspringen. Hat gleichfalls in sich neunzehen Gemeinden / darunter allein zwo der Teutschen / die vbrigen alle Chur Welscher Sprach / so sie Romanisch nennen / vnd von den Tuscanern herkommen ist / sich gebrauchen. Dieser Bundt ist erstlich von dem Bischoff von Chur / Johanne dem dritten gemacht worden. Der hat sich Anno 1419. sampt seinem Thumb Capitul / vnd der gantzen Statt mit den Zürchern auff 51. Jahr verbunden: Hernach aber mit dem Oberbundt sich vereiniget / vnd endlich auch im Jahr 1498. mit den Schweitzern in eine jmmerwehrende Bündnuß getretten.

Den dritten Bundt nennet man den Zehen-Gerichts Bundt / der grentzet an die Graffschafft Tyrol / hat ein rauher Land / als die andern zween Bund. Wirdt in Zehen Gemein den abgetheilet / darunter zwo Teutscher / vier Chur Welscher vnd Teutscher / vnd vier Chur Welscher Spraach allein seynd. In diesem Bundtligt auch das Veltliner vnd Clevenser Thal sampt der Landschafft am Chumer See. Diese haben sich vnlangstvor dem Burgundischen Krieg Anno 1470. zusammen gethan / vnd eine Bündnuß vnter jhnen vffgerichtet / hernach sich auch zu den vorgesagten zweyen begeben / vnnd endlich sich mit der Cron Franckreich vereiniget. Vnd ob diese wol mit den Schweitzern keinen Bundt gemacht / leysten sie doch denselben / dieweil sie mit den vorgemeldten beyden Gesellschafften in ewiger Bündnuß leben / alle Freundschafft vnd Trewe.

Heutigs Tags seynd so wol die Rhaetier als die Schweitzer mit dem König in Franckreich in Bündnuß / demselben seynd sie in Kriegen bedienet / doch schicken die Rhaetier gemeinlich jhr Volck absonderlich vnter einem sonderlichen Obristen.

Schröcklicher Vntergang deß flecken Pluers. Vnter obbemeltem Verlauff in Grawpündten hat sich in der Graffschafft Cleven ein plötzlicher vnd erschröcklicher Bergfall begeben / der in einem Augenblick den schönen Flecken Pluers mit dem daran ligenden Dorff Schilan vberfallen / vnd dieselben sampt allem was darinnen gewesen / erbärmlicher weise zerschmettert vnnd bedecket.

Es ist dieser Flecken / wie auch bemeltes Dorff / so etwas mehr als ein halbe Stundt vom Stättlein Claven / vnten an dem Berg Conto gelegen / mit sehr schönen Kirchen / vielen herrlichen Pallästen / vnd köstlichen Gebäwen vnd Häusern gezieret gewesen / darinn die Innwohner / gleich in einem Irrdischen Paradeiß / in allerhandt Wollüsten sicher gelebet: Deren vnversehener Vndergang vns ein Exempel deß grausamen Zorns Gottes vber die Sünde vor Augen stellet / daß wir wissen sollen / wo wir nicht wahre Buß thun werden / es vns nicht besser ergehen / sondern eben solche / oder aber ein andere dergleichen Straffe vber vns ergehen solle / wie Christus selbsten Luc. am 13. Cap. solches dröwet.

Besagter Vntergang aber hat sich also verhalten: Sambstags den 25. Augusti deß 1618. Jahrs hat es angefangen zu regnen / endlich ist plötzlich ein grosser Platzregen mit donnern vnnd blitzen entstanden / so biß auff den Donnerstag / als den 30. obgemeltes Monats geweret. Derselbe Tag ist hell vnd klar gewesen: aber die folgende Nacht ist wider ein Platzregen mit donnern vnnd blitzen kommen / so abermahls biß gegen Montag morgens (als den 3. Septembr.) geweret: vnd ist darauff wider den folgenden Dienstag schön Wetter gewesen. Denselben Tag / nach Mittags / hat auff der lincken Seiten deß Flusses Meyra / von dem Berg Conto / da man vor diesem die Lavetztzen gemacht / vnd noch die Gruben vnd Hölen daran zu sehen waren / nachdem schon vor Zehen Jahren etliche Riß an demselben Ort sich erzeiget / etwas Erdreichs anfangen herunter zu fallen / so etliche Weinberg bey Schilan / gegen Cleven zu bedeckt. Weil aber an demselben Ort dergleichen herabfallen deß Erdreichs (welches daher kommen / daß das Wasser / so von den Wiesen auff dem Berg geflossen / nicht fleissig durch Canäl herab geleytet worden) zuvor mehr geschehen / haben die Innwohner zu Pluers / bevorab weil dieses vnter dem Flecken gegen Cleven zu sich begeben / dessen nicht geachtet. So haben auch die jenigen / die auff der Ebne Hew gemacht / vermerckt / daß die Erde vnter jhnen zitterte. Etliche schreiben / es habe sich den Tag zuvor ein vngewönlicher Gestanck mercken lassen. Vber diß seynd auch die Innwohner durch etliche benachbarte Bawern gewarnet worden / daß sie sich bey Zeiten mit jhren besten Sachen von dannen begeben solten / dann es were em Vnglück vorhanden: Sie aber haben solches verlacht / vnd die Bawern falsche Propheten geheissen / vnd für Leut welche fabulirten / oder voller Weins weren / gehalten.

Vmb die Ave Marien Stundt seynd die Catholische in S. Cassiani Kirch / vnd die Reformirten (deren in Pluers vnd Schilan nicht vber 40. gewohnet) in einem sonderlichen Hauß jhr Gebet zuverrichten jusammen kommen / wie solches die Bawern auß dem Dorff Rongalia / so dazumahl von dar nach Hauß gangen / bezeuget. Als es nun Abend worden / vnd sich Tag vnd Nacht gescheiden / vnd jetzt der volle Mond am Himmel sich erzeiget / auch sonsten das Wetter hell vnd klar ohne einiges Gewölck war / siehe da geschahe gleichsam in einem Augenblick von dem Berg Conto dieser schröckliche vnd erbärmliche Fall / welcher nicht allein das Dorff Schilan / in welchem acht vnd siebentzig / sondern auch den schönen Flecken Pluers / in welchem hundert vnd fünff vnd zwantzig schöne Gebäw stunden / mit in Neunhundert vnd dreissig Personen vberfallen vnd zerschmettert / mit solchem krachen vnd praßlen / daß auch die Innwohner zu Cleven vermeynet / man schiesse ein Hauffen Stück Geschütz mit einander loß / vnd sahen auch allda Staub vnd Rauch mit Fewer

Der ander Bundt wirdt geheissen der Gottshauß Bundt / wirdt darfür gehalten / daß er den Namen also wegen deß Bischthumbs Chur bekommen / welches darinn begriffen wirdt / beneben dem Pregell vnd Engadin / bey welchen die Inn vnd Athesis entspringen. Hat gleichfalls in sich neunzehen Gemeinden / darunter allein zwo der Teutschẽ / die vbrigẽ alle Chur Welscher Sprach / so sie Romanisch nennen / vnd von den Tuscanern herkom̃en ist / sich gebrauchen. Dieser Bundt ist erstlich von dem Bischoff von Chur / Johanne dem dritten gemacht worden. Der hat sich Anno 1419. sampt seinem Thumb Capitul / vnd der gantzen Statt mit den Zürchern auff 51. Jahr verbunden: Hernach aber mit dem Oberbundt sich vereiniget / vnd endlich auch im Jahr 1498. mit den Schweitzern in eine jmmerwehrende Bündnuß getretten.

Den dritten Bundt nennet man den Zehen-Gerichts Bundt / der grentzet an die Graffschafft Tyrol / hat ein rauher Land / als die andern zween Bund. Wirdt in Zehen Gemein den abgetheilet / darunter zwo Teutscher / vier Chur Welscher vnd Teutscher / vnd vier Chur Welscher Spraach allein seynd. In diesem Bundtligt auch das Veltliner vnd Clevenser Thal sampt der Landschafft am Chumer See. Diese haben sich vnlangstvor dem Burgundischen Krieg Anno 1470. zusammen gethan / vnd eine Bündnuß vnter jhnen vffgerichtet / hernach sich auch zu den vorgesagten zweyen begeben / vnnd endlich sich mit der Cron Franckreich vereiniget. Vnd ob diese wol mit den Schweitzern keinen Bundt gemacht / leysten sie doch denselben / dieweil sie mit den vorgemeldten beyden Gesellschafftẽ in ewiger Bündnuß leben / alle Freundschafft vnd Trewe.

Heutigs Tags seynd so wol die Rhaetier als die Schweitzer mit dem König in Franckreich in Bündnuß / demselben seynd sie in Kriegen bedienet / doch schicken die Rhaetier gemeinlich jhr Volck absonderlich vnter einem sonderlichen Obristen.

Schröcklicher Vntergang deß flecken Pluers. Vnter obbemeltem Verlauff in Grawpündten hat sich in der Graffschafft Cleven ein plötzlicher vnd erschröcklicher Bergfall begeben / der in einem Augenblick den schönen Flecken Pluers mit dem daran ligenden Dorff Schilan vberfallen / vnd dieselben sampt allem was darinnen gewesen / erbärmlicher weise zerschmettert vnnd bedecket.

Es ist dieser Flecken / wie auch bemeltes Dorff / so etwas mehr als ein halbe Stundt vom Stättlein Claven / vnten an dem Berg Conto gelegen / mit sehr schönen Kirchen / vielen herrlichen Pallästen / vnd köstlichen Gebäwen vnd Häusern gezieret gewesen / darinn die Innwohner / gleich in einem Irrdischen Paradeiß / in allerhandt Wollüsten sicher gelebet: Deren vnversehener Vndergang vns ein Exempel deß grausamen Zorns Gottes vber die Sünde vor Augen stellet / daß wir wissen sollen / wo wir nicht wahre Buß thun werden / es vns nicht besser ergehen / sondern eben solche / oder aber ein andere dergleichen Straffe vber vns ergehen solle / wie Christus selbsten Luc. am 13. Cap. solches dröwet.

Besagter Vntergang aber hat sich also verhalten: Sambstags den 25. Augusti deß 1618. Jahrs hat es angefangen zu regnen / endlich ist plötzlich ein grosser Platzregen mit donnern vnnd blitzen entstanden / so biß auff den Donnerstag / als den 30. obgemeltes Monats geweret. Derselbe Tag ist hell vnd klar gewesen: aber die folgende Nacht ist wider ein Platzregen mit donnern vnnd blitzen kommen / so abermahls biß gegen Montag morgens (als den 3. Septembr.) geweret: vnd ist darauff wider den folgenden Dienstag schön Wetter gewesen. Denselben Tag / nach Mittags / hat auff der lincken Seiten deß Flusses Meyra / von dem Berg Conto / da man vor diesem die Lavetztzen gemacht / vnd noch die Gruben vnd Hölen daran zu sehen waren / nachdem schon vor Zehen Jahren etliche Riß an demselben Ort sich erzeiget / etwas Erdreichs anfangen herunter zu fallen / so etliche Weinberg bey Schilan / gegen Cleven zu bedeckt. Weil aber an demselben Ort dergleichen herabfallen deß Erdreichs (welches daher kommen / daß das Wasser / so von den Wiesen auff dem Berg geflossen / nicht fleissig durch Canäl herab geleytet worden) zuvor mehr geschehen / haben die Innwohner zu Pluers / bevorab weil dieses vnter dem Flecken gegen Cleven zu sich begeben / dessen nicht geachtet. So haben auch die jenigen / die auff der Ebne Hew gemacht / vermerckt / daß die Erde vnter jhnen zitterte. Etliche schreiben / es habe sich den Tag zuvor ein vngewönlicher Gestanck mercken lassen. Vber diß seynd auch die Innwohner durch etliche benachbarte Bawern gewarnet worden / daß sie sich bey Zeiten mit jhren besten Sachen von dannen begeben solten / dann es were em Vnglück vorhanden: Sie aber haben solches verlacht / vnd die Bawern falsche Propheten geheissen / vnd für Leut welche fabulirten / oder voller Weins weren / gehalten.

Vmb die Ave Marien Stundt seynd die Catholische in S. Cassiani Kirch / vnd die Reformirten (deren in Pluers vnd Schilan nicht vber 40. gewohnet) in einem sonderlichen Hauß jhr Gebet zuverrichten jusammen kommen / wie solches die Bawern auß dem Dorff Rongalia / so dazumahl von dar nach Hauß gangen / bezeuget. Als es nun Abend worden / vnd sich Tag vnd Nacht gescheiden / vnd jetzt der volle Mond am Himmel sich erzeiget / auch sonsten das Wetter hell vnd klar ohne einiges Gewölck war / siehe da geschahe gleichsam in einem Augenblick von dem Berg Conto dieser schröckliche vnd erbärmliche Fall / welcher nicht allein das Dorff Schilan / in welchem acht vnd siebentzig / sondern auch den schönen Flecken Pluers / in welchem hundert vnd fünff vnd zwantzig schöne Gebäw stunden / mit in Neunhundert vnd dreissig Personen vberfallen vnd zerschmettert / mit solchem krachen vnd praßlen / daß auch die Innwohner zu Cleven vermeynet / man schiesse ein Hauffen Stück Geschütz mit einander loß / vnd sahen auch allda Staub vnd Rauch mit Fewer

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          <p><note place="left">Schröcklicher Vntergang deß flecken Pluers.</note>                      Vnter obbemeltem Verlauff in Grawpündten hat sich in der Graffschafft Cleven ein                      plötzlicher vnd erschröcklicher Bergfall begeben / der in einem Augenblick den                      schönen Flecken Pluers mit dem daran ligenden Dorff Schilan vberfallen / vnd                      dieselben sampt allem was darinnen gewesen / erbärmlicher weise zerschmettert                      vnnd bedecket.</p>
          <p>Es ist dieser Flecken / wie auch bemeltes Dorff / so etwas mehr als ein halbe                      Stundt vom Stättlein Claven / vnten an dem Berg Conto gelegen / mit sehr schönen                      Kirchen / vielen herrlichen Pallästen / vnd köstlichen Gebäwen vnd Häusern                      gezieret gewesen / darinn die Innwohner / gleich in einem Irrdischen Paradeiß /                      in allerhandt Wollüsten sicher gelebet: Deren vnversehener Vndergang vns ein                      Exempel deß grausamen Zorns Gottes vber die Sünde vor Augen stellet / daß wir                      wissen sollen / wo wir nicht wahre Buß thun werden / es vns nicht besser ergehen                      / sondern eben solche / oder aber ein andere dergleichen Straffe vber vns                      ergehen solle / wie Christus selbsten Luc. am 13. Cap. solches dröwet.</p>
          <p>Besagter Vntergang aber hat sich also verhalten: Sambstags den 25. Augusti deß                      1618. Jahrs hat es angefangen zu regnen / endlich ist plötzlich ein grosser                      Platzregen mit donnern vnnd blitzen entstanden / so biß auff den Donnerstag /                      als den 30. obgemeltes Monats geweret. Derselbe Tag ist hell vnd klar gewesen:                      aber die folgende Nacht ist wider ein Platzregen mit donnern vnnd blitzen kommen                      / so abermahls biß gegen Montag morgens (als den 3. Septembr.) geweret: vnd ist                      darauff wider den folgenden Dienstag schön Wetter gewesen. Denselben Tag / nach                      Mittags / hat auff der lincken Seiten deß Flusses Meyra / von dem Berg Conto /                      da man vor diesem die Lavetztzen gemacht / vnd noch die Gruben vnd Hölen daran                      zu sehen waren / nachdem schon vor Zehen Jahren etliche Riß an demselben Ort                      sich erzeiget / etwas Erdreichs anfangen herunter zu fallen / so etliche                      Weinberg bey Schilan / gegen Cleven zu bedeckt. Weil aber an demselben Ort                      dergleichen herabfallen deß Erdreichs (welches daher kommen / daß das Wasser /                      so von den Wiesen auff dem Berg geflossen / nicht fleissig durch Canäl herab                      geleytet worden) zuvor mehr geschehen / haben die Innwohner zu Pluers / bevorab                      weil dieses vnter dem Flecken gegen Cleven zu sich begeben / dessen nicht                      geachtet. So haben auch die jenigen / die auff der Ebne Hew gemacht / vermerckt                      / daß die Erde vnter jhnen zitterte. Etliche schreiben / es habe sich den Tag                      zuvor ein vngewönlicher Gestanck mercken lassen. Vber diß seynd auch die                      Innwohner durch etliche benachbarte Bawern gewarnet worden / daß sie sich bey                      Zeiten mit jhren besten Sachen von dannen begeben solten / dann es were em                      Vnglück vorhanden: Sie aber haben solches verlacht / vnd die Bawern falsche                      Propheten geheissen / vnd für Leut welche fabulirten / oder voller Weins weren /                      gehalten.</p>
          <p>Vmb die Ave Marien Stundt seynd die Catholische in S. Cassiani Kirch / vnd die                      Reformirten (deren in Pluers vnd Schilan nicht vber 40. gewohnet) in einem                      sonderlichen Hauß jhr Gebet zuverrichten jusammen kommen / wie solches die                      Bawern auß dem Dorff Rongalia / so dazumahl von dar nach Hauß gangen / bezeuget.                      Als es nun Abend worden / vnd sich Tag vnd Nacht gescheiden / vnd jetzt der                      volle Mond am Himmel sich erzeiget / auch sonsten das Wetter hell vnd klar ohne                      einiges Gewölck war / siehe da geschahe gleichsam in einem Augenblick von dem                      Berg Conto dieser schröckliche vnd erbärmliche Fall / welcher nicht allein das                      Dorff Schilan / in welchem acht vnd siebentzig / sondern auch den schönen                      Flecken Pluers / in welchem hundert vnd fünff vnd zwantzig schöne Gebäw stunden                      / mit in Neunhundert vnd dreissig Personen vberfallen vnd zerschmettert / mit                      solchem krachen vnd praßlen / daß auch die Innwohner zu Cleven vermeynet / man                      schiesse ein Hauffen Stück Geschütz mit einander loß / vnd sahen auch allda                      Staub vnd Rauch mit Fewer</p>
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[114/0159] Der ander Bundt wirdt geheissen der Gottshauß Bundt / wirdt darfür gehalten / daß er den Namen also wegen deß Bischthumbs Chur bekommen / welches darinn begriffen wirdt / beneben dem Pregell vnd Engadin / bey welchen die Inn vnd Athesis entspringen. Hat gleichfalls in sich neunzehen Gemeinden / darunter allein zwo der Teutschẽ / die vbrigẽ alle Chur Welscher Sprach / so sie Romanisch nennen / vnd von den Tuscanern herkom̃en ist / sich gebrauchen. Dieser Bundt ist erstlich von dem Bischoff von Chur / Johanne dem dritten gemacht worden. Der hat sich Anno 1419. sampt seinem Thumb Capitul / vnd der gantzen Statt mit den Zürchern auff 51. Jahr verbunden: Hernach aber mit dem Oberbundt sich vereiniget / vnd endlich auch im Jahr 1498. mit den Schweitzern in eine jmmerwehrende Bündnuß getretten. Den dritten Bundt nennet man den Zehen-Gerichts Bundt / der grentzet an die Graffschafft Tyrol / hat ein rauher Land / als die andern zween Bund. Wirdt in Zehen Gemein den abgetheilet / darunter zwo Teutscher / vier Chur Welscher vnd Teutscher / vnd vier Chur Welscher Spraach allein seynd. In diesem Bundtligt auch das Veltliner vnd Clevenser Thal sampt der Landschafft am Chumer See. Diese haben sich vnlangstvor dem Burgundischen Krieg Anno 1470. zusammen gethan / vnd eine Bündnuß vnter jhnen vffgerichtet / hernach sich auch zu den vorgesagten zweyen begeben / vnnd endlich sich mit der Cron Franckreich vereiniget. Vnd ob diese wol mit den Schweitzern keinen Bundt gemacht / leysten sie doch denselben / dieweil sie mit den vorgemeldten beyden Gesellschafftẽ in ewiger Bündnuß leben / alle Freundschafft vnd Trewe. Heutigs Tags seynd so wol die Rhaetier als die Schweitzer mit dem König in Franckreich in Bündnuß / demselben seynd sie in Kriegen bedienet / doch schicken die Rhaetier gemeinlich jhr Volck absonderlich vnter einem sonderlichen Obristen. Vnter obbemeltem Verlauff in Grawpündten hat sich in der Graffschafft Cleven ein plötzlicher vnd erschröcklicher Bergfall begeben / der in einem Augenblick den schönen Flecken Pluers mit dem daran ligenden Dorff Schilan vberfallen / vnd dieselben sampt allem was darinnen gewesen / erbärmlicher weise zerschmettert vnnd bedecket. Schröcklicher Vntergang deß flecken Pluers. Es ist dieser Flecken / wie auch bemeltes Dorff / so etwas mehr als ein halbe Stundt vom Stättlein Claven / vnten an dem Berg Conto gelegen / mit sehr schönen Kirchen / vielen herrlichen Pallästen / vnd köstlichen Gebäwen vnd Häusern gezieret gewesen / darinn die Innwohner / gleich in einem Irrdischen Paradeiß / in allerhandt Wollüsten sicher gelebet: Deren vnversehener Vndergang vns ein Exempel deß grausamen Zorns Gottes vber die Sünde vor Augen stellet / daß wir wissen sollen / wo wir nicht wahre Buß thun werden / es vns nicht besser ergehen / sondern eben solche / oder aber ein andere dergleichen Straffe vber vns ergehen solle / wie Christus selbsten Luc. am 13. Cap. solches dröwet. Besagter Vntergang aber hat sich also verhalten: Sambstags den 25. Augusti deß 1618. Jahrs hat es angefangen zu regnen / endlich ist plötzlich ein grosser Platzregen mit donnern vnnd blitzen entstanden / so biß auff den Donnerstag / als den 30. obgemeltes Monats geweret. Derselbe Tag ist hell vnd klar gewesen: aber die folgende Nacht ist wider ein Platzregen mit donnern vnnd blitzen kommen / so abermahls biß gegen Montag morgens (als den 3. Septembr.) geweret: vnd ist darauff wider den folgenden Dienstag schön Wetter gewesen. Denselben Tag / nach Mittags / hat auff der lincken Seiten deß Flusses Meyra / von dem Berg Conto / da man vor diesem die Lavetztzen gemacht / vnd noch die Gruben vnd Hölen daran zu sehen waren / nachdem schon vor Zehen Jahren etliche Riß an demselben Ort sich erzeiget / etwas Erdreichs anfangen herunter zu fallen / so etliche Weinberg bey Schilan / gegen Cleven zu bedeckt. Weil aber an demselben Ort dergleichen herabfallen deß Erdreichs (welches daher kommen / daß das Wasser / so von den Wiesen auff dem Berg geflossen / nicht fleissig durch Canäl herab geleytet worden) zuvor mehr geschehen / haben die Innwohner zu Pluers / bevorab weil dieses vnter dem Flecken gegen Cleven zu sich begeben / dessen nicht geachtet. So haben auch die jenigen / die auff der Ebne Hew gemacht / vermerckt / daß die Erde vnter jhnen zitterte. Etliche schreiben / es habe sich den Tag zuvor ein vngewönlicher Gestanck mercken lassen. Vber diß seynd auch die Innwohner durch etliche benachbarte Bawern gewarnet worden / daß sie sich bey Zeiten mit jhren besten Sachen von dannen begeben solten / dann es were em Vnglück vorhanden: Sie aber haben solches verlacht / vnd die Bawern falsche Propheten geheissen / vnd für Leut welche fabulirten / oder voller Weins weren / gehalten. Vmb die Ave Marien Stundt seynd die Catholische in S. Cassiani Kirch / vnd die Reformirten (deren in Pluers vnd Schilan nicht vber 40. gewohnet) in einem sonderlichen Hauß jhr Gebet zuverrichten jusammen kommen / wie solches die Bawern auß dem Dorff Rongalia / so dazumahl von dar nach Hauß gangen / bezeuget. Als es nun Abend worden / vnd sich Tag vnd Nacht gescheiden / vnd jetzt der volle Mond am Himmel sich erzeiget / auch sonsten das Wetter hell vnd klar ohne einiges Gewölck war / siehe da geschahe gleichsam in einem Augenblick von dem Berg Conto dieser schröckliche vnd erbärmliche Fall / welcher nicht allein das Dorff Schilan / in welchem acht vnd siebentzig / sondern auch den schönen Flecken Pluers / in welchem hundert vnd fünff vnd zwantzig schöne Gebäw stunden / mit in Neunhundert vnd dreissig Personen vberfallen vnd zerschmettert / mit solchem krachen vnd praßlen / daß auch die Innwohner zu Cleven vermeynet / man schiesse ein Hauffen Stück Geschütz mit einander loß / vnd sahen auch allda Staub vnd Rauch mit Fewer

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  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.



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Zitationshilfe: Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abelinus_theatrum_1635/159>, abgerufen am 15.05.2024.