Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

Bild:
<< vorherige Seite
GUARINI
Wenn sich das wilde Fleisch ie mehr und mehr ergrimmt/
So oft des Artztes Hand zum faulen Schaden kümmt.
Bey jungen Hertzen heilt die Liebe selbst den Stich/
Begierde bringt dir Pein/ die Hoffnung tröstet dich.
Verletzet gleich auff eine Zeit ihr Pfeil/
So macht er doch zulezt gesund und heil.
Wirst aber du hernach verliebt/
Wenn dir der Jahre Last die müden Achseln drückt/
Der matte Rücken sich in krumme Bogen bückt/
Wenn eigner Mangel mehr als fremde Schuld betrübt/
Der Glieder todte Krafft kein voll Vergnügen giebt/
Da geht die Marter an/ die dich zu Grabe schickt.
Unglücklich ist der Wunden Pein
Wenn sie muß ohne Pflaster seyn;
Unglücklicher wenn herbe Gall und Gifft
Mit diesem Pflaster selbst in Schaden trifft.
Ach/ ziehe dir nicht zu den Mangel grauer Haare/
Weil noch dein Alter blüht im Lentzen grüner Jahre.
Wiltu zu lieben
Bißhin verschieben/
Wird das Vergnügen noch so klein/
Noch einst so groß der Schmertzen seyn.
Drum laß den Thieren Wald und Häyn
Und räume deine Brust den keuschen Flammen ein.
S. Als wenn man anders nicht glückselig könte leben/
Man habe denn den Sinn der tollen Lieb ergeben.
L. Silvio/ sieh' mit mir an die beliebte Mäyen-Zeit/
Da die wieder-junge Welt sich beblümet und verneut/
Wenn dein Aug' izt solte schauen
Sonder Blumen/ Laub und Kraut/ Hügel/ Wald und Aue
Würdest du nicht voller Schrecken mit bestürtztem Mund
sagen:
Erd und Himmel sey erstorben/ die Natur verschwäche sich
Denck auf dich:
Gleiches Schrecken wirst du müssen über dein Verfahre
tragen.
O Sohn/ der Himmel pflanzt uns ein den Jahren gleich
Sinnen.
Gleich
GUARINI
Wenn ſich das wilde Fleiſch ie mehr und mehr ergrimmt/
So oft des Artztes Hand zum faulen Schaden kuͤmmt.
Bey jungen Hertzen heilt die Liebe ſelbſt den Stich/
Begierde bringt dir Pein/ die Hoffnung troͤſtet dich.
Verletzet gleich auff eine Zeit ihr Pfeil/
So macht er doch zulezt geſund und heil.
Wirſt aber du hernach verliebt/
Wenn dir der Jahre Laſt die muͤden Achſeln druͤckt/
Der matte Ruͤcken ſich in krumme Bogen buͤckt/
Wenn eigner Mangel mehr als fremde Schuld betruͤbt/
Der Glieder todte Krafft kein voll Vergnuͤgen giebt/
Da geht die Marter an/ die dich zu Grabe ſchickt.
Ungluͤcklich iſt der Wunden Pein
Wenn ſie muß ohne Pflaſter ſeyn;
Ungluͤcklicher wenn herbe Gall und Gifft
Mit dieſem Pflaſter ſelbſt in Schaden trifft.
Ach/ ziehe dir nicht zu den Mangel grauer Haare/
Weil noch dein Alter bluͤht im Lentzen gruͤner Jahre.
Wiltu zu lieben
Bißhin verſchieben/
Wird das Vergnuͤgen noch ſo klein/
Noch einſt ſo groß der Schmertzen ſeyn.
Drum laß den Thieren Wald und Haͤyn
Und raͤume deine Bruſt den keuſchen Flammen ein.
S. Als wenn man anders nicht gluͤckſelig koͤnte leben/
Man habe denn den Sinn der tollen Lieb ergeben.
L. Silvio/ ſieh’ mit mir an die beliebte Maͤyen-Zeit/
Da die wieder-junge Welt ſich bebluͤmet und verneut/
Wenn dein Aug’ izt ſolte ſchauen
Sonder Blumen/ Laub und Kraut/ Huͤgel/ Wald und Aue
Wuͤrdeſt du nicht voller Schrecken mit beſtuͤrtztem Mund
ſagen:
Erd und Himmel ſey erſtorben/ die Natur verſchwaͤche ſich
Denck auf dich:
Gleiches Schrecken wirſt du muͤſſen uͤber dein Verfahre
tragen.
O Sohn/ der Himmel pflanzt uns ein den Jahren gleich
Sinnen.
Gleich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp>
              <p><pb facs="#f0116" n="16"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">GUARINI</hi></hi></fw><lb/>
Wenn &#x017F;ich das wilde Flei&#x017F;ch ie mehr und mehr ergrimmt/<lb/>
So oft des Artztes Hand zum faulen Schaden ku&#x0364;mmt.<lb/>
Bey jungen Hertzen heilt die Liebe &#x017F;elb&#x017F;t den Stich/<lb/>
Begierde bringt dir Pein/ die Hoffnung tro&#x0364;&#x017F;tet dich.<lb/>
Verletzet gleich auff eine Zeit ihr Pfeil/<lb/>
So macht er doch zulezt ge&#x017F;und und heil.<lb/>
Wir&#x017F;t aber du hernach verliebt/<lb/>
Wenn dir der Jahre La&#x017F;t die mu&#x0364;den Ach&#x017F;eln dru&#x0364;ckt/<lb/>
Der matte Ru&#x0364;cken &#x017F;ich in krumme Bogen bu&#x0364;ckt/<lb/>
Wenn eigner Mangel mehr als fremde Schuld betru&#x0364;bt/<lb/>
Der Glieder todte Krafft kein voll Vergnu&#x0364;gen giebt/<lb/>
Da geht die Marter an/ die dich zu Grabe &#x017F;chickt.<lb/>
Unglu&#x0364;cklich i&#x017F;t der Wunden Pein<lb/>
Wenn &#x017F;ie muß ohne Pfla&#x017F;ter &#x017F;eyn;<lb/>
Unglu&#x0364;cklicher wenn herbe Gall und Gifft<lb/>
Mit die&#x017F;em Pfla&#x017F;ter &#x017F;elb&#x017F;t in Schaden trifft.<lb/>
Ach/ ziehe dir nicht zu den Mangel grauer Haare/<lb/>
Weil noch dein Alter blu&#x0364;ht im Lentzen gru&#x0364;ner Jahre.<lb/>
Wiltu zu lieben<lb/>
Bißhin ver&#x017F;chieben/<lb/>
Wird das Vergnu&#x0364;gen noch &#x017F;o klein/<lb/>
Noch ein&#x017F;t &#x017F;o groß der Schmertzen &#x017F;eyn.<lb/>
Drum laß den Thieren Wald und Ha&#x0364;yn<lb/>
Und ra&#x0364;ume deine Bru&#x017F;t den keu&#x017F;chen Flammen ein.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">S.</hi> </speaker>
              <p>Als wenn man anders nicht glu&#x0364;ck&#x017F;elig ko&#x0364;nte leben/<lb/>
Man habe denn den Sinn der tollen Lieb ergeben.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">L.</hi> </speaker>
              <p>Silvio/ &#x017F;ieh&#x2019; mit mir an die beliebte Ma&#x0364;yen-Zeit/<lb/>
Da die wieder-junge Welt &#x017F;ich beblu&#x0364;met und verneut/<lb/>
Wenn dein Aug&#x2019; izt &#x017F;olte &#x017F;chauen<lb/>
Sonder Blumen/ Laub und Kraut/ Hu&#x0364;gel/ Wald und Aue<lb/>
Wu&#x0364;rde&#x017F;t du nicht voller Schrecken mit be&#x017F;tu&#x0364;rtztem Mund<lb/><hi rendition="#c">&#x017F;agen:</hi><lb/>
Erd und Himmel &#x017F;ey er&#x017F;torben/ die Natur ver&#x017F;chwa&#x0364;che &#x017F;ich<lb/>
Denck auf dich:<lb/>
Gleiches Schrecken wir&#x017F;t du mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;ber dein Verfahre<lb/><hi rendition="#c">tragen.</hi><lb/>
O Sohn/ der Himmel pflanzt uns ein den Jahren gleich<lb/><hi rendition="#c">Sinnen.</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Gleich</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0116] GUARINI Wenn ſich das wilde Fleiſch ie mehr und mehr ergrimmt/ So oft des Artztes Hand zum faulen Schaden kuͤmmt. Bey jungen Hertzen heilt die Liebe ſelbſt den Stich/ Begierde bringt dir Pein/ die Hoffnung troͤſtet dich. Verletzet gleich auff eine Zeit ihr Pfeil/ So macht er doch zulezt geſund und heil. Wirſt aber du hernach verliebt/ Wenn dir der Jahre Laſt die muͤden Achſeln druͤckt/ Der matte Ruͤcken ſich in krumme Bogen buͤckt/ Wenn eigner Mangel mehr als fremde Schuld betruͤbt/ Der Glieder todte Krafft kein voll Vergnuͤgen giebt/ Da geht die Marter an/ die dich zu Grabe ſchickt. Ungluͤcklich iſt der Wunden Pein Wenn ſie muß ohne Pflaſter ſeyn; Ungluͤcklicher wenn herbe Gall und Gifft Mit dieſem Pflaſter ſelbſt in Schaden trifft. Ach/ ziehe dir nicht zu den Mangel grauer Haare/ Weil noch dein Alter bluͤht im Lentzen gruͤner Jahre. Wiltu zu lieben Bißhin verſchieben/ Wird das Vergnuͤgen noch ſo klein/ Noch einſt ſo groß der Schmertzen ſeyn. Drum laß den Thieren Wald und Haͤyn Und raͤume deine Bruſt den keuſchen Flammen ein. S. Als wenn man anders nicht gluͤckſelig koͤnte leben/ Man habe denn den Sinn der tollen Lieb ergeben. L. Silvio/ ſieh’ mit mir an die beliebte Maͤyen-Zeit/ Da die wieder-junge Welt ſich bebluͤmet und verneut/ Wenn dein Aug’ izt ſolte ſchauen Sonder Blumen/ Laub und Kraut/ Huͤgel/ Wald und Aue Wuͤrdeſt du nicht voller Schrecken mit beſtuͤrtztem Mund ſagen: Erd und Himmel ſey erſtorben/ die Natur verſchwaͤche ſich Denck auf dich: Gleiches Schrecken wirſt du muͤſſen uͤber dein Verfahre tragen. O Sohn/ der Himmel pflanzt uns ein den Jahren gleich Sinnen. Gleich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das Exemplar enthält mehrere Werke. Herausgegeben… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/116
Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/116>, abgerufen am 21.11.2024.