Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.GUARINI Daß sie zu hören fremden Mund sich hätte lassen ie glüsten/ Und darum flieht sie dich/ den sie vielleicht im Hertze liebt/ Ob sie dir gleich aus Furcht bißher davon kein Zeiche giebt. Das Frauenzimmer ist verliebter weder wir/ Nur schlauer als der Mann/ zu bergen die Begier. Und/ liebte sie dich gleich/ was könte sie sonst machen/ Als dich Mi[r]tillo fliehn/ bey so gestallten Sachen. Wer nicht kan helffen hört umsunft: Wo bleiben andern schaden kan Ist weg zu eilen eine Gunst. Wer zeitlich lässt aus Händen fahren/ Was er nicht lange kan bewahren/ Hat Recht und handelt wohl daran. M. Ach! wäre diß gewiß/ mit Freuden wolt ich sagen: O viel beglückte Pein! O angenehme Plagen! Doch sage mir/ Ergast/ wie dieser Schäffer heist Dem sich der Sternen Schluß so hoch geneigt erweist. E. Kennstu nicht Silvien/ des Priesters einigs Kind/ Dem wenig izt an Ruhm und Reichthum gleiche sind. Der muntern Jugend Blum und unsrer Schäffer Preiß/ Von dem Arcadien so viel zu sagen weiß? Diß ist der Bräutigam von deiner Amarillen. M. O Mensch/ dem Himel/ Erd und Menschen stehn zu willen Der schon die reiffe Frucht des spaten Herbstes sieht/ Weil noch der frühe Lentz auff seinen Wangen blüht! Ich neide dich nicht um dein Wohlergehn: Ich klage nur mein Ubelstehn. E. Auch hastu ihm nicht Ursach Neid zu tragen/ Vielmehr sein Unglück zu beklagen/ M. Wie so? E. Weil er nicht liebt. M. Nicht liebet und kan leben? Nicht annimmt/ was er kan ohn alle Müh erheben/ Wenn andre Tag und Nacht darum in Sorgen schweben? Nicht brennet angeflammt von zweyer Sonnen Lichte/ Und hat ein Hertz im Leib/ hat Augen im Gesichte? Wie
GUARINI Daß ſie zu hoͤren fremden Mund ſich haͤtte laſſen ie gluͤſten/ Und darum flieht ſie dich/ den ſie vielleicht im Hertze liebt/ Ob ſie dir gleich aus Furcht bißher davon kein Zeiche giebt. Das Frauenzimmer iſt verliebter weder wir/ Nur ſchlauer als der Mann/ zu bergen die Begier. Und/ liebte ſie dich gleich/ was koͤnte ſie ſonſt machen/ Als dich Mi[r]tillo fliehn/ bey ſo geſtallten Sachen. Wer nicht kan helffen hoͤrt umſunft: Wo bleiben andern ſchaden kan Iſt weg zu eilen eine Gunſt. Wer zeitlich laͤſſt aus Haͤnden fahren/ Was er nicht lange kan bewahren/ Hat Recht und handelt wohl daran. M. Ach! waͤre diß gewiß/ mit Freuden wolt ich ſagen: O viel begluͤckte Pein! O angenehme Plagen! Doch ſage mir/ Ergaſt/ wie dieſer Schaͤffer heiſt Dem ſich der Sternen Schluß ſo hoch geneigt erweiſt. E. Kennſtu nicht Silvien/ des Prieſters einigs Kind/ Dem wenig izt an Ruhm und Reichthum gleiche ſind. Der muntern Jugend Blum und unſrer Schaͤffer Preiß/ Von dem Arcadien ſo viel zu ſagen weiß? Diß iſt der Braͤutigam von deiner Amarillen. M. O Menſch/ dem Himel/ Erd und Menſchen ſtehn zu willen Der ſchon die reiffe Frucht des ſpaten Herbſtes ſieht/ Weil noch der fruͤhe Lentz auff ſeinen Wangen bluͤht! Ich neide dich nicht um dein Wohlergehn: Ich klage nur mein Ubelſtehn. E. Auch haſtu ihm nicht Urſach Neid zu tragen/ Vielmehr ſein Ungluͤck zu beklagen/ M. Wie ſo? E. Weil er nicht liebt. M. Nicht liebet und kan leben? Nicht annimmt/ was er kan ohn alle Muͤh erheben/ Wenn andre Tag und Nacht darum in Sorgen ſchweben? Nicht brennet angeflammt von zweyer Sonnen Lichte/ Und hat ein Hertz im Leib/ hat Augen im Geſichte? Wie
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp> <p><pb facs="#f0122" n="22"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">GUARINI</hi></hi></fw><lb/> Daß ſie zu hoͤren fremden Mund ſich haͤtte laſſen ie g<lb/><hi rendition="#c">luͤſten/</hi><lb/> Und darum flieht ſie dich/ den ſie vielleicht im Hertze<lb/><hi rendition="#c">liebt/</hi><lb/> Ob ſie dir gleich aus Furcht bißher davon kein Zeiche<lb/><hi rendition="#c">giebt.</hi><lb/> Das Frauenzimmer iſt verliebter weder wir/<lb/> Nur ſchlauer als der Mann/ zu bergen die Begier.<lb/> Und/ liebte ſie dich gleich/ was koͤnte ſie ſonſt machen/<lb/> Als dich Mi<supplied>r</supplied>tillo fliehn/ bey ſo geſtallten Sachen.<lb/> Wer nicht kan helffen hoͤrt umſunft:<lb/> Wo bleiben andern ſchaden kan<lb/> Iſt weg zu eilen eine Gunſt.<lb/> Wer zeitlich laͤſſt aus Haͤnden fahren/<lb/> Was er nicht lange kan bewahren/<lb/> Hat Recht und handelt wohl daran.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">M.</hi> </speaker> <p>Ach! waͤre diß gewiß/ mit Freuden wolt ich ſagen:<lb/> O viel begluͤckte Pein! O angenehme Plagen!<lb/> Doch ſage mir/ Ergaſt/ wie dieſer Schaͤffer heiſt<lb/> Dem ſich der Sternen Schluß ſo hoch geneigt erweiſt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">E.</hi> </speaker> <p>Kennſtu nicht Silvien/ des Prieſters einigs Kind/<lb/> Dem wenig izt an Ruhm und Reichthum gleiche ſind.<lb/> Der muntern Jugend Blum und unſrer Schaͤffer Preiß/<lb/> Von dem Arcadien ſo viel zu ſagen weiß?<lb/> Diß iſt der Braͤutigam von deiner Amarillen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">M.</hi> </speaker> <p>O Menſch/ dem Himel/ Erd und Menſchen ſtehn zu willen<lb/> Der ſchon die reiffe Frucht des ſpaten Herbſtes ſieht/<lb/> Weil noch der fruͤhe Lentz auff ſeinen Wangen bluͤht!<lb/> Ich neide dich nicht um dein Wohlergehn:<lb/> Ich klage nur mein Ubelſtehn.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">E.</hi> </speaker> <p>Auch haſtu ihm nicht Urſach Neid zu tragen/<lb/> Vielmehr ſein Ungluͤck zu beklagen/</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">M.</hi> </speaker> <p>Wie ſo?</p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">E.</hi> </speaker> <p>Weil er nicht liebt.</p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">M.</hi> </speaker> <p>Nicht liebet und<lb/><hi rendition="#c">kan leben?</hi><lb/> Nicht annimmt/ was er kan ohn alle Muͤh erheben/<lb/> Wenn andre Tag und Nacht darum in Sorgen ſchweben?<lb/> Nicht brennet angeflammt von zweyer Sonnen Lichte/<lb/> Und hat ein Hertz im Leib/ hat Augen im Geſichte?<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [22/0122]
GUARINI
Daß ſie zu hoͤren fremden Mund ſich haͤtte laſſen ie g
luͤſten/
Und darum flieht ſie dich/ den ſie vielleicht im Hertze
liebt/
Ob ſie dir gleich aus Furcht bißher davon kein Zeiche
giebt.
Das Frauenzimmer iſt verliebter weder wir/
Nur ſchlauer als der Mann/ zu bergen die Begier.
Und/ liebte ſie dich gleich/ was koͤnte ſie ſonſt machen/
Als dich Mirtillo fliehn/ bey ſo geſtallten Sachen.
Wer nicht kan helffen hoͤrt umſunft:
Wo bleiben andern ſchaden kan
Iſt weg zu eilen eine Gunſt.
Wer zeitlich laͤſſt aus Haͤnden fahren/
Was er nicht lange kan bewahren/
Hat Recht und handelt wohl daran.
M. Ach! waͤre diß gewiß/ mit Freuden wolt ich ſagen:
O viel begluͤckte Pein! O angenehme Plagen!
Doch ſage mir/ Ergaſt/ wie dieſer Schaͤffer heiſt
Dem ſich der Sternen Schluß ſo hoch geneigt erweiſt.
E. Kennſtu nicht Silvien/ des Prieſters einigs Kind/
Dem wenig izt an Ruhm und Reichthum gleiche ſind.
Der muntern Jugend Blum und unſrer Schaͤffer Preiß/
Von dem Arcadien ſo viel zu ſagen weiß?
Diß iſt der Braͤutigam von deiner Amarillen.
M. O Menſch/ dem Himel/ Erd und Menſchen ſtehn zu willen
Der ſchon die reiffe Frucht des ſpaten Herbſtes ſieht/
Weil noch der fruͤhe Lentz auff ſeinen Wangen bluͤht!
Ich neide dich nicht um dein Wohlergehn:
Ich klage nur mein Ubelſtehn.
E. Auch haſtu ihm nicht Urſach Neid zu tragen/
Vielmehr ſein Ungluͤck zu beklagen/
M. Wie ſo?
E. Weil er nicht liebt.
M. Nicht liebet und
kan leben?
Nicht annimmt/ was er kan ohn alle Muͤh erheben/
Wenn andre Tag und Nacht darum in Sorgen ſchweben?
Nicht brennet angeflammt von zweyer Sonnen Lichte/
Und hat ein Hertz im Leib/ hat Augen im Geſichte?
Wie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDas Exemplar enthält mehrere Werke. Herausgegeben… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |