DAs äuserliche Thun zeigt meistens vom Gemütte/ Was angebohren ist/ wird unvermerckt geweist; Beherrschet nur den Leib ein freundlich-edler Geist/ So zeiget sich wohl auch von aussen seine Gütte. Wer aber witzig ist/ bemeistert das Geblütte/ Verfälscht das Glaß/ das sonst der Sinnen Spiegel heist. Nicht alles finstr' ist Bley/ nicht alles Gold/ was gleißt: Offt wohnt ein lindes Hertz in einer rauhen Hütte. Zu viele Freundligkeit bringt Eckel und Verdruß/ Die Gall erweckt und reizt des Honigs Uberfluß/ Durch saure Speisen wird die Essens-Lust ersetzet. Den allerstrengsten Durst bestillt das saure Bier; Was keine mühe kost/ taugt weder mir noch dir/ Verwehrtes Kleinod wird am meisten werth geschätzet.
Ipsa non sub eadem conditione sidera sunt: alia negatis im- bribus exurunt solum, aliis serena clauduntur, & omne coelum nubilo grave: alius incertis sideribus cursus est & variantur rempora, neque soles nimis urgent, neque ultra debitum im- bres cadunt: quicquid asperatum aestu est, quicquid nimio de- fluxit imbre, invicem temperatur altero. Luna interdum occu- pata nubilo sordidiorem ostendit orbem suum.
Si quis altum suspirium & oculos subito acriores aut quid his simile indicium affectus animique signum putat, fallitur.
Quidam, ne unquam riderent, consequuti sunt.
AEque facilitas amoris quam difficultas nocet.
Optimum est pati, quod emendari non potest.
32. Die
ADIMARI
31. Die Schoͤne Sauerſehende.
DAs aͤuſerliche Thun zeigt meiſtens vom Gemuͤtte/ Was angebohren iſt/ wird unvermerckt geweiſt; Beherrſchet nur den Leib ein freundlich-edler Geiſt/ So zeiget ſich wohl auch von auſſen ſeine Guͤtte. Wer aber witzig iſt/ bemeiſtert das Gebluͤtte/ Verfaͤlſcht das Glaß/ das ſonſt der Sinnen Spiegel heiſt. Nicht alles finſtr’ iſt Bley/ nicht alles Gold/ was gleißt: Offt wohnt ein lindes Hertz in einer rauhen Huͤtte. Zu viele Freundligkeit bringt Eckel und Verdruß/ Die Gall erweckt und reizt des Honigs Uberfluß/ Durch ſaure Speiſen wird die Eſſens-Luſt erſetzet. Den allerſtrengſten Durſt beſtillt das ſaure Bier; Was keine muͤhe koſt/ taugt weder mir noch dir/ Verwehrtes Kleinod wird am meiſten werth geſchaͤtzet.
Ipſa non ſub eadem conditione ſidera ſunt: alia negatis im- bribus exurunt ſolum, aliis ſerena clauduntur, & omne cœlum nubilo grave: alius incertis ſideribus curſus eſt & variantur rempora, neque ſoles nimis urgent, neque ultra debitum im- bres cadunt: quicquid aſperatum æſtu eſt, quicquid nimio de- fluxit imbre, invicem temperatur altero. Luna interdum occu- pata nubilo ſordidiorem oſtendit orbem ſuum.
Si quis altum ſuſpirium & oculos ſubitò acriores aut quid his ſimile indicium affectus animique ſignum putat, fallitur.
Quidam, ne unquam riderent, conſequuti ſunt.
Æque facilitas amoris quam difficultas nocet.
Optimum eſt pati, quod emendari non poteſt.
32. Die
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ADIMARI
31. Die Schoͤne Sauerſehende.
DAs aͤuſerliche Thun zeigt meiſtens vom Gemuͤtte/
Was angebohren iſt/ wird unvermerckt geweiſt;
Beherrſchet nur den Leib ein freundlich-edler Geiſt/
So zeiget ſich wohl auch von auſſen ſeine Guͤtte.
Wer aber witzig iſt/ bemeiſtert das Gebluͤtte/
Verfaͤlſcht das Glaß/ das ſonſt der Sinnen Spiegel heiſt.
Nicht alles finſtr’ iſt Bley/ nicht alles Gold/ was gleißt:
Offt wohnt ein lindes Hertz in einer rauhen Huͤtte.
Zu viele Freundligkeit bringt Eckel und Verdruß/
Die Gall erweckt und reizt des Honigs Uberfluß/
Durch ſaure Speiſen wird die Eſſens-Luſt erſetzet.
Den allerſtrengſten Durſt beſtillt das ſaure Bier;
Was keine muͤhe koſt/ taugt weder mir noch dir/
Verwehrtes Kleinod wird am meiſten werth geſchaͤtzet.
Ipſa non ſub eadem conditione ſidera ſunt: alia negatis im-
bribus exurunt ſolum, aliis ſerena clauduntur, & omne cœlum
nubilo grave: alius incertis ſideribus curſus eſt & variantur
rempora, neque ſoles nimis urgent, neque ultra debitum im-
bres cadunt: quicquid aſperatum æſtu eſt, quicquid nimio de-
fluxit imbre, invicem temperatur altero. Luna interdum occu-
pata nubilo ſordidiorem oſtendit orbem ſuum.
Si quis altum ſuſpirium & oculos ſubitò acriores aut quid his
ſimile indicium affectus animique ſignum putat, fallitur.
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Optimum eſt pati, quod emendari non poteſt.
32. Die
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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/322>, abgerufen am 21.11.2024.
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