Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

Bild:
<< vorherige Seite

Ehren-Gedächtniß.
zugleich mit ihm ins Grab geleget zu werden/ sich machen
dörffen/ endlich diese großmüttige Worte gebrauchet: Vale,
mi Gvilielme, ac vive intemerati nostri conjugii memor, do-
nec Te mihi, aut me Tibi, sors Tua reddiderit. Nec plane mo-
rior, dum utriusque nostrum totam imaginem possides. Tu
unus, erisque vivus mihi tumulus quovis Mausolaeo, quavis
mole sanctior & honoratior.
Ist ein Zeugniß/ daß diß all-
gemeine Final auch die Grossen in der Welt sich müssen gefal-
len lassen/ wenn es zum Scheiden kömmt/ wie sehr sie einan-
der lieben. Aber weit glückseliger waren unsere Abschied-
nehmenden Abschatzischen Ehe- und Ewig-vertrauten. Der
unversehene Hingang des durch den Schlag-Fluß erstumme-
ten/ und nur noch mit den Angst-vollen Augen redenden
Herrn Barons, zu dem Krancken-Bette der Frau Gemahlin/
war/ als wie wenn der Todte einen Sterbenden besuchen/ und
die Trostlose dem Erschrockenen Mutt einreden solte. Die
tieff-geholten Seuffzer/ und die damahls ein wenig bewegte
Hand gaben zu verstehen/ daß die höchst-elende Frau Baro-
nesse
zu gleicher Freude und baldigen Geniessung ewiger
Ruhe invitiret würde/ welches sie auch mit sehr beweglichen
Worten zu rühmen wuste. Dessen allen wir/ die solches
wehmüttig angesehen/ uns ewig erinnern werden.

Es konte doch auch dergleichen Tugendvolle Ehe-Frau
nun nicht mehr leben/ denn das Leben wurde ihr mit ihrem
sterbenden Ehe-Herrn genommen. Und daß selbter seiner
Tod-schwachen Frau Gemahlin biß hieher in Liegnitz nach-
gezogen/ war die Ursache/ weil er wuste/ daß wenn sie sterbe/ er
zuvor in ihr sterben müsse. Sie war seine andere Seele/
denn sie liebte ihn/ so viel ihr möglich war/ und das war die
Flamme/ womit seine in ihr lebende Seele genähret wurde.
Alles/ was an ihr war/ muste zu seiner Pflege dienen/ darum
konte sie ihn nicht alleine lassen. Sie hatte ihre Strahlen
der Ehre und Glückseligkeit von seiner Sonne/ darum erblas-
sete sie/ als er verbliche/ und verlohr ihr Alles bey dem Ver-
luste seines Lebens. So/ wie sie ehemahls in Rausse bey er-
ster Vermählung gesprochen hatte: Ich will mit diesem
Manne/ also redete sie biß ins Grab.


Indi-

Ehren-Gedaͤchtniß.
zugleich mit ihm ins Grab geleget zu werden/ ſich machen
doͤrffen/ endlich dieſe großmuͤttige Worte gebrauchet: Vale,
mi Gvilielme, ac vive intemerati noſtri conjugii memor, do-
nec Te mihi, aut me Tibi, ſors Tua reddiderit. Nec plane mo-
rior, dum utriusque noſtrum totam imaginem poſſides. Tu
unus, erisque vivus mihi tumulus quovis Mauſolæo, quavis
mole ſanctior & honoratior.
Iſt ein Zeugniß/ daß diß all-
gemeine Final auch die Groſſen in der Welt ſich muͤſſen gefal-
len laſſen/ wenn es zum Scheiden koͤmmt/ wie ſehr ſie einan-
der lieben. Aber weit gluͤckſeliger waren unſere Abſchied-
nehmenden Abſchatziſchen Ehe- und Ewig-vertrauten. Der
unverſehene Hingang des durch den Schlag-Fluß erſtumme-
ten/ und nur noch mit den Angſt-vollen Augen redenden
Herrn Barons, zu dem Krancken-Bette der Frau Gemahlin/
war/ als wie wenn der Todte einen Sterbenden beſuchen/ und
die Troſtloſe dem Erſchrockenen Mutt einreden ſolte. Die
tieff-geholten Seuffzer/ und die damahls ein wenig bewegte
Hand gaben zu verſtehen/ daß die hoͤchſt-elende Frau Baro-
neſſe
zu gleicher Freude und baldigen Genieſſung ewiger
Ruhe invitiret wuͤrde/ welches ſie auch mit ſehr beweglichen
Worten zu ruͤhmen wuſte. Deſſen allen wir/ die ſolches
wehmuͤttig angeſehen/ uns ewig erinnern werden.

Es konte doch auch dergleichen Tugendvolle Ehe-Frau
nun nicht mehr leben/ denn das Leben wurde ihr mit ihrem
ſterbenden Ehe-Herrn genommen. Und daß ſelbter ſeiner
Tod-ſchwachen Frau Gemahlin biß hieher in Liegnitz nach-
gezogen/ war die Urſache/ weil er wuſte/ daß wenn ſie ſterbe/ er
zuvor in ihr ſterben muͤſſe. Sie war ſeine andere Seele/
denn ſie liebte ihn/ ſo viel ihr moͤglich war/ und das war die
Flamme/ womit ſeine in ihr lebende Seele genaͤhret wurde.
Alles/ was an ihr war/ muſte zu ſeiner Pflege dienen/ darum
konte ſie ihn nicht alleine laſſen. Sie hatte ihre Strahlen
der Ehre und Gluͤckſeligkeit von ſeiner Sonne/ darum erblaſ-
ſete ſie/ als er verbliche/ und verlohr ihr Alles bey dem Ver-
luſte ſeines Lebens. So/ wie ſie ehemahls in Rauſſe bey er-
ſter Vermaͤhlung geſprochen hatte: Ich will mit dieſem
Manne/ alſo redete ſie biß ins Grab.


Indi-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0033" n="13"/><fw place="top" type="header">Ehren-Geda&#x0364;chtniß.</fw><lb/>
zugleich mit ihm ins Grab geleget zu werden/ &#x017F;ich machen<lb/>
do&#x0364;rffen/ endlich die&#x017F;e großmu&#x0364;ttige Worte gebrauchet: <hi rendition="#aq">Vale,<lb/>
mi Gvilielme, ac vive intemerati no&#x017F;tri conjugii memor, do-<lb/>
nec Te mihi, aut me Tibi, &#x017F;ors Tua reddiderit. Nec plane mo-<lb/>
rior, dum utriusque no&#x017F;trum totam imaginem po&#x017F;&#x017F;ides. Tu<lb/>
unus, erisque vivus mihi tumulus quovis Mau&#x017F;olæo, quavis<lb/>
mole &#x017F;anctior &amp; honoratior.</hi> I&#x017F;t ein Zeugniß/ daß diß all-<lb/>
gemeine <hi rendition="#aq">Final</hi> auch die Gro&#x017F;&#x017F;en in der Welt &#x017F;ich mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en gefal-<lb/>
len la&#x017F;&#x017F;en/ wenn es zum Scheiden ko&#x0364;mmt/ wie &#x017F;ehr &#x017F;ie einan-<lb/>
der lieben. Aber weit glu&#x0364;ck&#x017F;eliger waren un&#x017F;ere Ab&#x017F;chied-<lb/>
nehmenden Ab&#x017F;chatzi&#x017F;chen Ehe- und Ewig-vertrauten. Der<lb/>
unver&#x017F;ehene Hingang des durch den Schlag-Fluß er&#x017F;tumme-<lb/>
ten/ und nur noch mit den Ang&#x017F;t-vollen Augen redenden<lb/>
Herrn <hi rendition="#aq">Barons,</hi> zu dem Krancken-Bette der Frau Gemahlin/<lb/>
war/ als wie wenn der Todte einen Sterbenden be&#x017F;uchen/ und<lb/>
die Tro&#x017F;tlo&#x017F;e dem Er&#x017F;chrockenen Mutt einreden &#x017F;olte. Die<lb/>
tieff-geholten Seuffzer/ und die damahls ein wenig bewegte<lb/>
Hand gaben zu ver&#x017F;tehen/ daß die ho&#x0364;ch&#x017F;t-elende Frau <hi rendition="#aq">Baro-<lb/>
ne&#x017F;&#x017F;e</hi> zu gleicher Freude und baldigen Genie&#x017F;&#x017F;ung ewiger<lb/>
Ruhe <hi rendition="#aq">inviti</hi>ret wu&#x0364;rde/ welches &#x017F;ie auch mit &#x017F;ehr beweglichen<lb/>
Worten zu ru&#x0364;hmen wu&#x017F;te. De&#x017F;&#x017F;en allen wir/ die &#x017F;olches<lb/>
wehmu&#x0364;ttig ange&#x017F;ehen/ uns ewig erinnern werden.</p><lb/>
            <p>Es konte doch auch dergleichen Tugendvolle Ehe-Frau<lb/>
nun nicht mehr leben/ denn das Leben wurde ihr mit ihrem<lb/>
&#x017F;terbenden Ehe-Herrn genommen. Und daß &#x017F;elbter &#x017F;einer<lb/>
Tod-&#x017F;chwachen Frau Gemahlin biß hieher in Liegnitz nach-<lb/>
gezogen/ war die Ur&#x017F;ache/ weil er wu&#x017F;te/ daß wenn &#x017F;ie &#x017F;terbe/ er<lb/>
zuvor in ihr &#x017F;terben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Sie war &#x017F;eine andere Seele/<lb/>
denn &#x017F;ie liebte ihn/ &#x017F;o viel ihr mo&#x0364;glich war/ und das war die<lb/>
Flamme/ womit &#x017F;eine in ihr lebende Seele gena&#x0364;hret wurde.<lb/>
Alles/ was an ihr war/ mu&#x017F;te zu &#x017F;einer Pflege dienen/ darum<lb/>
konte &#x017F;ie ihn nicht alleine la&#x017F;&#x017F;en. Sie hatte ihre Strahlen<lb/>
der Ehre und Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit von &#x017F;einer Sonne/ darum erbla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ete &#x017F;ie/ als er verbliche/ und verlohr ihr Alles bey dem Ver-<lb/>
lu&#x017F;te &#x017F;eines Lebens. So/ wie &#x017F;ie ehemahls in Rau&#x017F;&#x017F;e bey er-<lb/>
&#x017F;ter Verma&#x0364;hlung ge&#x017F;prochen hatte: Ich will mit die&#x017F;em<lb/>
Manne/ al&#x017F;o redete &#x017F;ie biß ins Grab.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Indi-</hi> </fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0033] Ehren-Gedaͤchtniß. zugleich mit ihm ins Grab geleget zu werden/ ſich machen doͤrffen/ endlich dieſe großmuͤttige Worte gebrauchet: Vale, mi Gvilielme, ac vive intemerati noſtri conjugii memor, do- nec Te mihi, aut me Tibi, ſors Tua reddiderit. Nec plane mo- rior, dum utriusque noſtrum totam imaginem poſſides. Tu unus, erisque vivus mihi tumulus quovis Mauſolæo, quavis mole ſanctior & honoratior. Iſt ein Zeugniß/ daß diß all- gemeine Final auch die Groſſen in der Welt ſich muͤſſen gefal- len laſſen/ wenn es zum Scheiden koͤmmt/ wie ſehr ſie einan- der lieben. Aber weit gluͤckſeliger waren unſere Abſchied- nehmenden Abſchatziſchen Ehe- und Ewig-vertrauten. Der unverſehene Hingang des durch den Schlag-Fluß erſtumme- ten/ und nur noch mit den Angſt-vollen Augen redenden Herrn Barons, zu dem Krancken-Bette der Frau Gemahlin/ war/ als wie wenn der Todte einen Sterbenden beſuchen/ und die Troſtloſe dem Erſchrockenen Mutt einreden ſolte. Die tieff-geholten Seuffzer/ und die damahls ein wenig bewegte Hand gaben zu verſtehen/ daß die hoͤchſt-elende Frau Baro- neſſe zu gleicher Freude und baldigen Genieſſung ewiger Ruhe invitiret wuͤrde/ welches ſie auch mit ſehr beweglichen Worten zu ruͤhmen wuſte. Deſſen allen wir/ die ſolches wehmuͤttig angeſehen/ uns ewig erinnern werden. Es konte doch auch dergleichen Tugendvolle Ehe-Frau nun nicht mehr leben/ denn das Leben wurde ihr mit ihrem ſterbenden Ehe-Herrn genommen. Und daß ſelbter ſeiner Tod-ſchwachen Frau Gemahlin biß hieher in Liegnitz nach- gezogen/ war die Urſache/ weil er wuſte/ daß wenn ſie ſterbe/ er zuvor in ihr ſterben muͤſſe. Sie war ſeine andere Seele/ denn ſie liebte ihn/ ſo viel ihr moͤglich war/ und das war die Flamme/ womit ſeine in ihr lebende Seele genaͤhret wurde. Alles/ was an ihr war/ muſte zu ſeiner Pflege dienen/ darum konte ſie ihn nicht alleine laſſen. Sie hatte ihre Strahlen der Ehre und Gluͤckſeligkeit von ſeiner Sonne/ darum erblaſ- ſete ſie/ als er verbliche/ und verlohr ihr Alles bey dem Ver- luſte ſeines Lebens. So/ wie ſie ehemahls in Rauſſe bey er- ſter Vermaͤhlung geſprochen hatte: Ich will mit dieſem Manne/ alſo redete ſie biß ins Grab. Indi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das Exemplar enthält mehrere Werke. Herausgegeben… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/33
Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/33>, abgerufen am 23.11.2024.