Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.Himmel-Schlüssel. GOTT lebt: was trauren wir? Er lebet uns zum Besten; Wie sehr uns Hertzeleid/ Furcht/ Sorg' und Sünde questen/ So lebet seine Gnad/ und öffnet uns die Thür Aus Angst zu Freud und Ruh: GOtt lebt; was trauren wir? GOTT liebt: was trauren wir? Wir fühlen manche Pla- gen/ Es wird uns Hertz und Geist und Bein und Marck zerschla- gen/ Aus Liebe/ nicht aus Haß; was schreiben wir ihm für! Er hilfft uns/ wenn es gutt/ GOTT liebt: was trauren wir? Eitelkeit. Ihr bejahrten Eich- und Tannen/ deren dick-umlaubtesHaubt Diesem Bache Schatten giebet/ ihre Macht der Sonnen raubt/ Wie vergleicht sich euer Stand also wenig mit dem meinen! Wie so wenig kan der Mensch eurem Wesen ähnlich schei- nen! Hundert Jahre sind verstrichen/ und ihr seyd noch frisch und gantz/ Eure Rind' und Blätter haben noch vollkommen ihren Glantz. Ich/ bey Leben mehr als todt/ muß dem Rest der Jahre wei- chen/ Eh ich noch das halbe Theil eures Alters kan erreichen. Euch muß nutzen/ mehr als schaden der beflammte Sonnen- Schein/ Was der kalte Winter raubet/ bringt der warme Sommer ein; Ich erfriere/ wenn es kalt; ich verbrenne/ wenn es hitzet/ Weder Lentz noch Winter ists/ welcher mich vorm Tode schützet Ihr
Himmel-Schluͤſſel. GOTT lebt: was trauren wir? Er lebet uns zum Beſten; Wie ſehr uns Hertzeleid/ Furcht/ Sorg’ und Suͤnde queſten/ So lebet ſeine Gnad/ und oͤffnet uns die Thuͤr Aus Angſt zu Freud und Ruh: GOtt lebt; was trauren wir? GOTT liebt: was trauren wir? Wir fuͤhlen manche Pla- gen/ Es wird uns Hertz und Geiſt und Bein und Marck zerſchla- gen/ Aus Liebe/ nicht aus Haß; was ſchreiben wir ihm fuͤr! Er hilfft uns/ wenn es gutt/ GOTT liebt: was trauren wir? Eitelkeit. Ihr bejahrten Eich- und Tannen/ deren dick-umlaubtesHaubt Dieſem Bache Schatten giebet/ ihre Macht der Sonnen raubt/ Wie vergleicht ſich euer Stand alſo wenig mit dem meinen! Wie ſo wenig kan der Menſch eurem Weſen aͤhnlich ſchei- nen! Hundert Jahre ſind verſtrichen/ und ihr ſeyd noch friſch und gantz/ Eure Rind’ und Blaͤtter haben noch vollkommen ihren Glantz. Ich/ bey Leben mehr als todt/ muß dem Reſt der Jahre wei- chen/ Eh ich noch das halbe Theil eures Alters kan erreichen. Euch muß nutzen/ mehr als ſchaden der beflammte Sonnen- Schein/ Was der kalte Winter raubet/ bringt der warme Sommer ein; Ich erfriere/ wenn es kalt; ich verbrenne/ wenn es hitzet/ Weder Lentz noch Winter iſts/ welcher mich vorm Tode ſchuͤtzet Ihr
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0520" n="100"/> <fw place="top" type="header">Himmel-Schluͤſſel.</fw><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">G</hi>OTT lebt: was trauren wir? Er lebet uns zum Beſten;</l><lb/> <l>Wie ſehr uns Hertzeleid/ Furcht/ Sorg’ und Suͤnde</l><lb/> <l> <hi rendition="#c">queſten/</hi> </l><lb/> <l>So lebet ſeine Gnad/ und oͤffnet uns die Thuͤr</l><lb/> <l>Aus Angſt zu Freud und Ruh: GOtt lebt; was trauren<lb/><hi rendition="#c">wir?</hi></l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>GOTT liebt: was trauren wir? Wir fuͤhlen manche Pla-<lb/><hi rendition="#c">gen/</hi></l><lb/> <l>Es wird uns Hertz und Geiſt und Bein und Marck zerſchla-<lb/><hi rendition="#c">gen/</hi></l><lb/> <l>Aus Liebe/ nicht aus Haß; was ſchreiben wir ihm fuͤr!</l><lb/> <l>Er hilfft uns/ wenn es gutt/ GOTT liebt: was trauren<lb/><hi rendition="#c">wir?</hi></l> </lg> </lg><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#b">Eitelkeit.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">I</hi>hr bejahrten Eich- und Tannen/ deren dick-umlaubtes</l><lb/> <l> <hi rendition="#c">Haubt</hi> </l><lb/> <l>Dieſem Bache Schatten giebet/ ihre Macht der Sonnen</l><lb/> <l> <hi rendition="#c">raubt/</hi> </l><lb/> <l>Wie vergleicht ſich euer Stand alſo wenig mit dem meinen!</l><lb/> <l>Wie ſo wenig kan der Menſch eurem Weſen aͤhnlich ſchei-</l><lb/> <l> <hi rendition="#c">nen!</hi> </l><lb/> <l>Hundert Jahre ſind verſtrichen/ und ihr ſeyd noch friſch und</l><lb/> <l> <hi rendition="#c">gantz/</hi> </l><lb/> <l>Eure Rind’ und Blaͤtter haben noch vollkommen ihren</l><lb/> <l> <hi rendition="#c">Glantz.</hi> </l><lb/> <l>Ich/ bey Leben mehr als todt/ muß dem Reſt der Jahre wei-</l><lb/> <l> <hi rendition="#c">chen/</hi> </l><lb/> <l>Eh ich noch das halbe Theil eures Alters kan erreichen.</l><lb/> <l>Euch muß nutzen/ mehr als ſchaden der beflammte Sonnen-</l><lb/> <l> <hi rendition="#c">Schein/</hi> </l><lb/> <l>Was der kalte Winter raubet/ bringt der warme Sommer</l><lb/> <l> <hi rendition="#c">ein;</hi> </l><lb/> <l>Ich erfriere/ wenn es kalt; ich verbrenne/ wenn es hitzet/</l><lb/> <l>Weder Lentz noch Winter iſts/ welcher mich vorm Tode ſchuͤtzet</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Ihr</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [100/0520]
Himmel-Schluͤſſel.
GOTT lebt: was trauren wir? Er lebet uns zum Beſten;
Wie ſehr uns Hertzeleid/ Furcht/ Sorg’ und Suͤnde
queſten/
So lebet ſeine Gnad/ und oͤffnet uns die Thuͤr
Aus Angſt zu Freud und Ruh: GOtt lebt; was trauren
wir?
GOTT liebt: was trauren wir? Wir fuͤhlen manche Pla-
gen/
Es wird uns Hertz und Geiſt und Bein und Marck zerſchla-
gen/
Aus Liebe/ nicht aus Haß; was ſchreiben wir ihm fuͤr!
Er hilfft uns/ wenn es gutt/ GOTT liebt: was trauren
wir?
Eitelkeit.
Ihr bejahrten Eich- und Tannen/ deren dick-umlaubtes
Haubt
Dieſem Bache Schatten giebet/ ihre Macht der Sonnen
raubt/
Wie vergleicht ſich euer Stand alſo wenig mit dem meinen!
Wie ſo wenig kan der Menſch eurem Weſen aͤhnlich ſchei-
nen!
Hundert Jahre ſind verſtrichen/ und ihr ſeyd noch friſch und
gantz/
Eure Rind’ und Blaͤtter haben noch vollkommen ihren
Glantz.
Ich/ bey Leben mehr als todt/ muß dem Reſt der Jahre wei-
chen/
Eh ich noch das halbe Theil eures Alters kan erreichen.
Euch muß nutzen/ mehr als ſchaden der beflammte Sonnen-
Schein/
Was der kalte Winter raubet/ bringt der warme Sommer
ein;
Ich erfriere/ wenn es kalt; ich verbrenne/ wenn es hitzet/
Weder Lentz noch Winter iſts/ welcher mich vorm Tode ſchuͤtzet
Ihr
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDas Exemplar enthält mehrere Werke. Herausgegeben… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |