Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

Bild:
<< vorherige Seite

Ehren-Gedächtniß.
Früchte gleich einem wilden Baume zu tragen. Unterschie-
dene haben auch wohl stattliche Gaben/ aber keine Gelegen-
heit gehabt solche anzugewähren/ wie die jenigen/ die zwar
die besten Früchte zu Marckte/ aber wegen Mangel der
Käuffer nicht an Mann bringen können: Hingegen andern
hat es nicht an Gelegenheit/ sondern am Geschicke/ sich ihrer
zu bedienen/ gefehlet. Ihm spielete das Glücke die Gele-
genheit/ vor das Vaterland rühmlichst zu sorgen/ selbst in die
Hand/ und seine Fähigkeit hat sich niemahls besser/ als zu
Diensten unsers Allerdurchlauchtigsten Landes-Fürsten bey
den hochansehnlichen Versammlungen des Hertzogthums
Schlesien gewiesen. Ob er nun gleich die vornehmsten Eh-
ren-Stellen bestritten/ wuste er doch dabey sich also auffzu-
führen/ daß niemand einigen Schatten der Einbildung bey
ihm zu spüren vermochte. Denn nur die niedrigen Gemüt-
ter blehen sich nach Art der Blase-Bälge vom Winde des
Glückes auff/ grosse aber fühlen/ wie die obersten Sterne/ kei-
ne Veränderung. In solchen Aemtern hat man unsern
theuren Frey-Herrn von Abschatz nie mit den Ameisen müs-
sig/ vielmehr aber an dem Ruder der Mühsamkeit schwitzen
gesehen. Die Rathschläge der Häubter des Landes über-
legte er nach der Scharffsinnigkeit seines Verstandes über-
aus vorsichtig: Denn er hatte wohl gelernet/ daß ein An-
schlag von gar zu grosser Hitze so wenig/ als die durch übrige
Wärme reiff-gewordenen Aepffel taugen; was aber sein
kluger Kopff wohl bedacht/ wuste seine Hand mit einem hur-
tigen Eyfer geschwinde ins Werck zu setzen. Er war ihr
Janus/ der mit zweyen Antlitzern vor- und rückwerts sahe/
das Gegenwärtige erwog/ das Zukünfftige betrachtete/ und
das Vergangene nicht aus dem Gemütte ließ; ihr Pharus/
auff den sie sich bey düsterer Nacht verlassen konten; ihr
Atlas/ dem die Last alleine auff seinen Schultern lag. Er
begieng niemahls einigen Fehler/ weder aus Schwachheit/
noch aus Vorsatz; seine Auffrichtigkeit ließ ihn nieman-
den/ seine Vorsichtigkeit aber sich niemanden betrügen. Die
Geschickligkeit unsers ruhmwürdigen Frey-Herrn von Ab-
schatz fädmete die Geschäffte mit einer besondern Art ein/

und

Ehren-Gedaͤchtniß.
Fruͤchte gleich einem wilden Baume zu tragen. Unterſchie-
dene haben auch wohl ſtattliche Gaben/ aber keine Gelegen-
heit gehabt ſolche anzugewaͤhren/ wie die jenigen/ die zwar
die beſten Fruͤchte zu Marckte/ aber wegen Mangel der
Kaͤuffer nicht an Mann bringen koͤnnen: Hingegen andern
hat es nicht an Gelegenheit/ ſondern am Geſchicke/ ſich ihrer
zu bedienen/ gefehlet. Ihm ſpielete das Gluͤcke die Gele-
genheit/ vor das Vaterland ruͤhmlichſt zu ſorgen/ ſelbſt in die
Hand/ und ſeine Faͤhigkeit hat ſich niemahls beſſer/ als zu
Dienſten unſers Allerdurchlauchtigſten Landes-Fuͤrſten bey
den hochanſehnlichen Verſammlungen des Hertzogthums
Schleſien gewieſen. Ob er nun gleich die vornehmſten Eh-
ren-Stellen beſtritten/ wuſte er doch dabey ſich alſo auffzu-
fuͤhren/ daß niemand einigen Schatten der Einbildung bey
ihm zu ſpuͤren vermochte. Denn nur die niedrigen Gemuͤt-
ter blehen ſich nach Art der Blaſe-Baͤlge vom Winde des
Gluͤckes auff/ groſſe aber fuͤhlen/ wie die oberſten Sterne/ kei-
ne Veraͤnderung. In ſolchen Aemtern hat man unſern
theuren Frey-Herrn von Abſchatz nie mit den Ameiſen muͤſ-
ſig/ vielmehr aber an dem Ruder der Muͤhſamkeit ſchwitzen
geſehen. Die Rathſchlaͤge der Haͤubter des Landes uͤber-
legte er nach der Scharffſinnigkeit ſeines Verſtandes uͤber-
aus vorſichtig: Denn er hatte wohl gelernet/ daß ein An-
ſchlag von gar zu groſſer Hitze ſo wenig/ als die durch uͤbrige
Waͤrme reiff-gewordenen Aepffel taugen; was aber ſein
kluger Kopff wohl bedacht/ wuſte ſeine Hand mit einem hur-
tigen Eyfer geſchwinde ins Werck zu ſetzen. Er war ihr
Janus/ der mit zweyen Antlitzern vor- und ruͤckwerts ſahe/
das Gegenwaͤrtige erwog/ das Zukuͤnfftige betrachtete/ und
das Vergangene nicht aus dem Gemuͤtte ließ; ihr Pharus/
auff den ſie ſich bey duͤſterer Nacht verlaſſen konten; ihr
Atlas/ dem die Laſt alleine auff ſeinen Schultern lag. Er
begieng niemahls einigen Fehler/ weder aus Schwachheit/
noch aus Vorſatz; ſeine Auffrichtigkeit ließ ihn nieman-
den/ ſeine Vorſichtigkeit aber ſich niemanden betruͤgen. Die
Geſchickligkeit unſers ruhmwuͤrdigen Frey-Herrn von Ab-
ſchatz faͤdmete die Geſchaͤffte mit einer beſondern Art ein/

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="3">
              <p><pb facs="#f0097" n="77"/><fw place="top" type="header">Ehren-Geda&#x0364;chtniß.</fw><lb/>
Fru&#x0364;chte gleich einem wilden Baume zu tragen. Unter&#x017F;chie-<lb/>
dene haben auch wohl &#x017F;tattliche Gaben/ aber keine Gelegen-<lb/>
heit gehabt &#x017F;olche anzugewa&#x0364;hren/ wie die jenigen/ die zwar<lb/>
die be&#x017F;ten Fru&#x0364;chte zu Marckte/ aber wegen Mangel der<lb/>
Ka&#x0364;uffer nicht an Mann bringen ko&#x0364;nnen: Hingegen andern<lb/>
hat es nicht an Gelegenheit/ &#x017F;ondern am Ge&#x017F;chicke/ &#x017F;ich ihrer<lb/>
zu bedienen/ gefehlet. Ihm &#x017F;pielete das Glu&#x0364;cke die Gele-<lb/>
genheit/ vor das Vaterland ru&#x0364;hmlich&#x017F;t zu &#x017F;orgen/ &#x017F;elb&#x017F;t in die<lb/>
Hand/ und &#x017F;eine Fa&#x0364;higkeit hat &#x017F;ich niemahls be&#x017F;&#x017F;er/ als zu<lb/>
Dien&#x017F;ten un&#x017F;ers Allerdurchlauchtig&#x017F;ten Landes-Fu&#x0364;r&#x017F;ten bey<lb/>
den hochan&#x017F;ehnlichen Ver&#x017F;ammlungen des Hertzogthums<lb/>
Schle&#x017F;ien gewie&#x017F;en. Ob er nun gleich die vornehm&#x017F;ten Eh-<lb/>
ren-Stellen be&#x017F;tritten/ wu&#x017F;te er doch dabey &#x017F;ich al&#x017F;o auffzu-<lb/>
fu&#x0364;hren/ daß niemand einigen Schatten der Einbildung bey<lb/>
ihm zu &#x017F;pu&#x0364;ren vermochte. Denn nur die niedrigen Gemu&#x0364;t-<lb/>
ter blehen &#x017F;ich nach Art der Bla&#x017F;e-Ba&#x0364;lge vom Winde des<lb/>
Glu&#x0364;ckes auff/ gro&#x017F;&#x017F;e aber fu&#x0364;hlen/ wie die ober&#x017F;ten Sterne/ kei-<lb/>
ne Vera&#x0364;nderung. In &#x017F;olchen Aemtern hat man un&#x017F;ern<lb/>
theuren Frey-Herrn von Ab&#x017F;chatz nie mit den Amei&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ig/ vielmehr aber an dem Ruder der Mu&#x0364;h&#x017F;amkeit &#x017F;chwitzen<lb/>
ge&#x017F;ehen. Die Rath&#x017F;chla&#x0364;ge der Ha&#x0364;ubter des Landes u&#x0364;ber-<lb/>
legte er nach der Scharff&#x017F;innigkeit &#x017F;eines Ver&#x017F;tandes u&#x0364;ber-<lb/>
aus vor&#x017F;ichtig: Denn er hatte wohl gelernet/ daß ein An-<lb/>
&#x017F;chlag von gar zu gro&#x017F;&#x017F;er Hitze &#x017F;o wenig/ als die durch u&#x0364;brige<lb/>
Wa&#x0364;rme reiff-gewordenen Aepffel taugen; was aber &#x017F;ein<lb/>
kluger Kopff wohl bedacht/ wu&#x017F;te &#x017F;eine Hand mit einem hur-<lb/>
tigen Eyfer ge&#x017F;chwinde ins Werck zu &#x017F;etzen. Er war ihr<lb/>
Janus/ der mit zweyen Antlitzern vor- und ru&#x0364;ckwerts &#x017F;ahe/<lb/>
das Gegenwa&#x0364;rtige erwog/ das Zuku&#x0364;nfftige betrachtete/ und<lb/>
das Vergangene nicht aus dem Gemu&#x0364;tte ließ; ihr Pharus/<lb/>
auff den &#x017F;ie &#x017F;ich bey du&#x0364;&#x017F;terer Nacht verla&#x017F;&#x017F;en konten; ihr<lb/>
Atlas/ dem die La&#x017F;t alleine auff &#x017F;einen Schultern lag. Er<lb/>
begieng niemahls einigen Fehler/ weder aus Schwachheit/<lb/>
noch aus Vor&#x017F;atz; &#x017F;eine Auffrichtigkeit ließ ihn nieman-<lb/>
den/ &#x017F;eine Vor&#x017F;ichtigkeit aber &#x017F;ich niemanden betru&#x0364;gen. Die<lb/>
Ge&#x017F;chickligkeit un&#x017F;ers ruhmwu&#x0364;rdigen Frey-Herrn von Ab-<lb/>
&#x017F;chatz fa&#x0364;dmete die Ge&#x017F;cha&#x0364;ffte mit einer be&#x017F;ondern Art ein/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0097] Ehren-Gedaͤchtniß. Fruͤchte gleich einem wilden Baume zu tragen. Unterſchie- dene haben auch wohl ſtattliche Gaben/ aber keine Gelegen- heit gehabt ſolche anzugewaͤhren/ wie die jenigen/ die zwar die beſten Fruͤchte zu Marckte/ aber wegen Mangel der Kaͤuffer nicht an Mann bringen koͤnnen: Hingegen andern hat es nicht an Gelegenheit/ ſondern am Geſchicke/ ſich ihrer zu bedienen/ gefehlet. Ihm ſpielete das Gluͤcke die Gele- genheit/ vor das Vaterland ruͤhmlichſt zu ſorgen/ ſelbſt in die Hand/ und ſeine Faͤhigkeit hat ſich niemahls beſſer/ als zu Dienſten unſers Allerdurchlauchtigſten Landes-Fuͤrſten bey den hochanſehnlichen Verſammlungen des Hertzogthums Schleſien gewieſen. Ob er nun gleich die vornehmſten Eh- ren-Stellen beſtritten/ wuſte er doch dabey ſich alſo auffzu- fuͤhren/ daß niemand einigen Schatten der Einbildung bey ihm zu ſpuͤren vermochte. Denn nur die niedrigen Gemuͤt- ter blehen ſich nach Art der Blaſe-Baͤlge vom Winde des Gluͤckes auff/ groſſe aber fuͤhlen/ wie die oberſten Sterne/ kei- ne Veraͤnderung. In ſolchen Aemtern hat man unſern theuren Frey-Herrn von Abſchatz nie mit den Ameiſen muͤſ- ſig/ vielmehr aber an dem Ruder der Muͤhſamkeit ſchwitzen geſehen. Die Rathſchlaͤge der Haͤubter des Landes uͤber- legte er nach der Scharffſinnigkeit ſeines Verſtandes uͤber- aus vorſichtig: Denn er hatte wohl gelernet/ daß ein An- ſchlag von gar zu groſſer Hitze ſo wenig/ als die durch uͤbrige Waͤrme reiff-gewordenen Aepffel taugen; was aber ſein kluger Kopff wohl bedacht/ wuſte ſeine Hand mit einem hur- tigen Eyfer geſchwinde ins Werck zu ſetzen. Er war ihr Janus/ der mit zweyen Antlitzern vor- und ruͤckwerts ſahe/ das Gegenwaͤrtige erwog/ das Zukuͤnfftige betrachtete/ und das Vergangene nicht aus dem Gemuͤtte ließ; ihr Pharus/ auff den ſie ſich bey duͤſterer Nacht verlaſſen konten; ihr Atlas/ dem die Laſt alleine auff ſeinen Schultern lag. Er begieng niemahls einigen Fehler/ weder aus Schwachheit/ noch aus Vorſatz; ſeine Auffrichtigkeit ließ ihn nieman- den/ ſeine Vorſichtigkeit aber ſich niemanden betruͤgen. Die Geſchickligkeit unſers ruhmwuͤrdigen Frey-Herrn von Ab- ſchatz faͤdmete die Geſchaͤffte mit einer beſondern Art ein/ und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das Exemplar enthält mehrere Werke. Herausgegeben… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/97
Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/97>, abgerufen am 04.12.2024.