Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.lassen! Als Roland das erstemal Minister wurde, bemerkte er, dass die Gefängnisse sich in einem furchtbaren Zustand der Vernachlässigung befanden. Er wollte abhelfen und ernannte einen gewissen Grandpre zu einer Art Inspektor der Gefängnisse, dem die Pflicht oblag, über alle vorgefundenen Schäden dem Minister Bericht zu erstatten und den Gefangenen alle mögliche Sorgfalt und Erleichterung zukommen zu lassen. Man muss bedenken, wie viele Tausende von Unschuldigen damals in den Kerkern schmachteten! Der erste Besuch, den Madame Roland in der Abbaye empfing, war der von Grandpre. Er eilte herbei, sein Herz war tief egriffen. Madame Roland versichert, dass ihr niemals ein Zeichen der Teilnahme rührender und ehrender erschienen war als das, welches er ihr bezeigte. Er verband damit das Gefühl einer edlen Dankbarkeit und sie fand auch den Geist einer guten Tat darin. Er riet ihr, an den Nationalkonvent zu schreiben, sie entschloss sich gleich dazu. Grandpre versprach, in zwei Stunden wieder zu kommen, um den Brief zu übernehmen. Der Brief enthielt die genaue Schilderung ihrer Verhaftung und Internierung. Sie lehnte sich gegen die Ungerechtigkeit, die ihr widerfahren war auf und forderte ihr Recht in jener edlen, freien Sprache, die ihr eigen war. Grandpre übernahm den Brief, brachte ihn jedoch am andern Tag zurück. Er hatte sich mit Champagneux, einem Freunde Madame Rolands, darüber beraten. Beide waren übereingekommen, dass die Einleitung in einem milderen Tone abgefasst werden müsse, auch sei es nötig, einige Zeilen an den Minister des Innern zu richten, worin er offiziell ersucht wird, den Brief an den Konvent gelangen zu lassen. Sie tat was man ihr riet, aber nicht gerade gerne. Am andern Morgen betrachtete sie ihre Zelle und dachte nach, wie sie sich dort einrichten würde. Sie bedeckte den kleinen, hässlichen Tisch mit einem saubern Tuche und schob ihn ans Fenster, sie bestimmte ihn zu ihrem Schreibtisch, entschlossen, ihre lassen! Als Roland das erstemal Minister wurde, bemerkte er, dass die Gefängnisse sich in einem furchtbaren Zustand der Vernachlässigung befanden. Er wollte abhelfen und ernannte einen gewissen Grandpré zu einer Art Inspektor der Gefängnisse, dem die Pflicht oblag, über alle vorgefundenen Schäden dem Minister Bericht zu erstatten und den Gefangenen alle mögliche Sorgfalt und Erleichterung zukommen zu lassen. Man muss bedenken, wie viele Tausende von Unschuldigen damals in den Kerkern schmachteten! Der erste Besuch, den Madame Roland in der Abbaye empfing, war der von Grandpré. Er eilte herbei, sein Herz war tief egriffen. Madame Roland versichert, dass ihr niemals ein Zeichen der Teilnahme rührender und ehrender erschienen war als das, welches er ihr bezeigte. Er verband damit das Gefühl einer edlen Dankbarkeit und sie fand auch den Geist einer guten Tat darin. Er riet ihr, an den Nationalkonvent zu schreiben, sie entschloss sich gleich dazu. Grandpré versprach, in zwei Stunden wieder zu kommen, um den Brief zu übernehmen. Der Brief enthielt die genaue Schilderung ihrer Verhaftung und Internierung. Sie lehnte sich gegen die Ungerechtigkeit, die ihr widerfahren war auf und forderte ihr Recht in jener edlen, freien Sprache, die ihr eigen war. Grandpré übernahm den Brief, brachte ihn jedoch am andern Tag zurück. Er hatte sich mit Champagneux, einem Freunde Madame Rolands, darüber beraten. Beide waren übereingekommen, dass die Einleitung in einem milderen Tone abgefasst werden müsse, auch sei es nötig, einige Zeilen an den Minister des Innern zu richten, worin er offiziell ersucht wird, den Brief an den Konvent gelangen zu lassen. Sie tat was man ihr riet, aber nicht gerade gerne. Am andern Morgen betrachtete sie ihre Zelle und dachte nach, wie sie sich dort einrichten würde. Sie bedeckte den kleinen, hässlichen Tisch mit einem saubern Tuche und schob ihn ans Fenster, sie bestimmte ihn zu ihrem Schreibtisch, entschlossen, ihre <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0138" n="119"/> lassen! Als Roland das erstemal Minister wurde, bemerkte er, dass die Gefängnisse sich in einem furchtbaren Zustand der Vernachlässigung befanden. Er wollte abhelfen und ernannte einen gewissen Grandpré zu einer Art Inspektor der Gefängnisse, dem die Pflicht oblag, über alle vorgefundenen Schäden dem Minister Bericht zu erstatten und den Gefangenen alle mögliche Sorgfalt und Erleichterung zukommen zu lassen. Man muss bedenken, wie viele Tausende von Unschuldigen damals in den Kerkern schmachteten! Der erste Besuch, den Madame Roland in der Abbaye empfing, war der von Grandpré. Er eilte herbei, sein Herz war tief egriffen. Madame Roland versichert, dass ihr niemals ein Zeichen der Teilnahme rührender und ehrender erschienen war als das, welches er ihr bezeigte. Er verband damit das Gefühl einer edlen Dankbarkeit und sie fand auch den Geist einer guten Tat darin. Er riet ihr, an den Nationalkonvent zu schreiben, sie entschloss sich gleich dazu. Grandpré versprach, in zwei Stunden wieder zu kommen, um den Brief zu übernehmen. Der Brief enthielt die genaue Schilderung ihrer Verhaftung und Internierung. Sie lehnte sich gegen die Ungerechtigkeit, die ihr widerfahren war auf und forderte ihr Recht in jener edlen, freien Sprache, die ihr eigen war. Grandpré übernahm den Brief, brachte ihn jedoch am andern Tag zurück. Er hatte sich mit Champagneux, einem Freunde Madame Rolands, darüber beraten. Beide waren übereingekommen, dass die Einleitung in einem milderen Tone abgefasst werden müsse, auch sei es nötig, einige Zeilen an den Minister des Innern zu richten, worin er offiziell ersucht wird, den Brief an den Konvent gelangen zu lassen. Sie tat was man ihr riet, aber nicht gerade gerne.</p> <p>Am andern Morgen betrachtete sie ihre Zelle und dachte nach, wie sie sich dort einrichten würde. Sie bedeckte den kleinen, hässlichen Tisch mit einem saubern Tuche und schob ihn ans Fenster, sie bestimmte ihn zu ihrem Schreibtisch, entschlossen, ihre </p> </div> </body> </text> </TEI> [119/0138]
lassen! Als Roland das erstemal Minister wurde, bemerkte er, dass die Gefängnisse sich in einem furchtbaren Zustand der Vernachlässigung befanden. Er wollte abhelfen und ernannte einen gewissen Grandpré zu einer Art Inspektor der Gefängnisse, dem die Pflicht oblag, über alle vorgefundenen Schäden dem Minister Bericht zu erstatten und den Gefangenen alle mögliche Sorgfalt und Erleichterung zukommen zu lassen. Man muss bedenken, wie viele Tausende von Unschuldigen damals in den Kerkern schmachteten! Der erste Besuch, den Madame Roland in der Abbaye empfing, war der von Grandpré. Er eilte herbei, sein Herz war tief egriffen. Madame Roland versichert, dass ihr niemals ein Zeichen der Teilnahme rührender und ehrender erschienen war als das, welches er ihr bezeigte. Er verband damit das Gefühl einer edlen Dankbarkeit und sie fand auch den Geist einer guten Tat darin. Er riet ihr, an den Nationalkonvent zu schreiben, sie entschloss sich gleich dazu. Grandpré versprach, in zwei Stunden wieder zu kommen, um den Brief zu übernehmen. Der Brief enthielt die genaue Schilderung ihrer Verhaftung und Internierung. Sie lehnte sich gegen die Ungerechtigkeit, die ihr widerfahren war auf und forderte ihr Recht in jener edlen, freien Sprache, die ihr eigen war. Grandpré übernahm den Brief, brachte ihn jedoch am andern Tag zurück. Er hatte sich mit Champagneux, einem Freunde Madame Rolands, darüber beraten. Beide waren übereingekommen, dass die Einleitung in einem milderen Tone abgefasst werden müsse, auch sei es nötig, einige Zeilen an den Minister des Innern zu richten, worin er offiziell ersucht wird, den Brief an den Konvent gelangen zu lassen. Sie tat was man ihr riet, aber nicht gerade gerne.
Am andern Morgen betrachtete sie ihre Zelle und dachte nach, wie sie sich dort einrichten würde. Sie bedeckte den kleinen, hässlichen Tisch mit einem saubern Tuche und schob ihn ans Fenster, sie bestimmte ihn zu ihrem Schreibtisch, entschlossen, ihre
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