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Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.

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Madame Vouglans heiratete noch einmal und starb in Amiens im Alter von 89 Jahren am 27. Jänner 1838.

Als der Advokat Chauveau-Lagarde zu Madame Roland kam, um sich mit ihr zu beraten, hörte Madame Roland mit ruhiger Miene zu und besprach kaltblütig die zu ihrer Verteidigung vorgeschlagenen Mittel. Dann zog sie gerührt einen Ring von ihrem Finger und reichte ihn ihrem Advokaten, indem sie sagte: "Morgen werde ich nicht mehr sein, ich kenne das Schicksal, das mich erwartet. Ihre Ratschläge sind mir wertvoll, Ihnen könnten sie verhängnisvoll werden. Es hiesse Sie verderben, ohne mich zu retten. Möge ich nicht den Schmerz haben, den Tod eines Ehrenmannes zu verschulden. Empfangen Sie den einzigen Beweis, den meine Dankbarkeit Ihnen darzubieten vermag. Kommen Sie morgen nicht zur Verhandlung, ich würde Sie desavouieren."

Madame Roland wurde am 9. November 1793 (18. Brumaire des Jahres II) vom Revolutions-Tribunal zum Tode verurteilt.

Diesem Urteil gingen der Form halber, und der Sitte dieses entsetzlichen Tribunals gemäss, Verhandlungen voraus, bei denen es Madame Roland nicht gestattet war zu sprechen, und wo diese Söldlinge in die gröbsten Verleumdungen ausbrachen. Diese Verhandlungen wie ähnliche andere, durften nicht zu Protokoll gebracht werden. Nur eine Person gab der Wahrheit die Ehre, wofür sie bald darauf aufs Schafott geschickt wurde. Es war dies der brave Lecoq, der bloss acht Monate lang in Rolands Diensten stand, ein ehrenwerter Mann, der seiner ausgezeichneten Eigenschaften wegen ein besseres Schicksal verdient hätte.

Als das Todesurteil gesprochen wurde, rief Madame Roland ihren Richtern zu: "Ihr haltet mich für würdig, das Los der grossen Männer zu teilen, die Ihr gemordet habt. Ich danke euch, indem ich euch zugleich die Versicherung

Madame Vouglans heiratete noch einmal und starb in Amiens im Alter von 89 Jahren am 27. Jänner 1838.

Als der Advokat Chauveau-Lagarde zu Madame Roland kam, um sich mit ihr zu beraten, hörte Madame Roland mit ruhiger Miene zu und besprach kaltblütig die zu ihrer Verteidigung vorgeschlagenen Mittel. Dann zog sie gerührt einen Ring von ihrem Finger und reichte ihn ihrem Advokaten, indem sie sagte: „Morgen werde ich nicht mehr sein, ich kenne das Schicksal, das mich erwartet. Ihre Ratschläge sind mir wertvoll, Ihnen könnten sie verhängnisvoll werden. Es hiesse Sie verderben, ohne mich zu retten. Möge ich nicht den Schmerz haben, den Tod eines Ehrenmannes zu verschulden. Empfangen Sie den einzigen Beweis, den meine Dankbarkeit Ihnen darzubieten vermag. Kommen Sie morgen nicht zur Verhandlung, ich würde Sie desavouieren.“

Madame Roland wurde am 9. November 1793 (18. Brumaire des Jahres II) vom Revolutions-Tribunal zum Tode verurteilt.

Diesem Urteil gingen der Form halber, und der Sitte dieses entsetzlichen Tribunals gemäss, Verhandlungen voraus, bei denen es Madame Roland nicht gestattet war zu sprechen, und wo diese Söldlinge in die gröbsten Verleumdungen ausbrachen. Diese Verhandlungen wie ähnliche andere, durften nicht zu Protokoll gebracht werden. Nur eine Person gab der Wahrheit die Ehre, wofür sie bald darauf aufs Schafott geschickt wurde. Es war dies der brave Lecoq, der bloss acht Monate lang in Rolands Diensten stand, ein ehrenwerter Mann, der seiner ausgezeichneten Eigenschaften wegen ein besseres Schicksal verdient hätte.

Als das Todesurteil gesprochen wurde, rief Madame Roland ihren Richtern zu: „Ihr haltet mich für würdig, das Los der grossen Männer zu teilen, die Ihr gemordet habt. Ich danke euch, indem ich euch zugleich die Versicherung

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        <p>Madame Roland wurde am 9. November 1793 (18. Brumaire des Jahres II) vom Revolutions-Tribunal zum Tode verurteilt.</p>
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[145/0164] Madame Vouglans heiratete noch einmal und starb in Amiens im Alter von 89 Jahren am 27. Jänner 1838. Als der Advokat Chauveau-Lagarde zu Madame Roland kam, um sich mit ihr zu beraten, hörte Madame Roland mit ruhiger Miene zu und besprach kaltblütig die zu ihrer Verteidigung vorgeschlagenen Mittel. Dann zog sie gerührt einen Ring von ihrem Finger und reichte ihn ihrem Advokaten, indem sie sagte: „Morgen werde ich nicht mehr sein, ich kenne das Schicksal, das mich erwartet. Ihre Ratschläge sind mir wertvoll, Ihnen könnten sie verhängnisvoll werden. Es hiesse Sie verderben, ohne mich zu retten. Möge ich nicht den Schmerz haben, den Tod eines Ehrenmannes zu verschulden. Empfangen Sie den einzigen Beweis, den meine Dankbarkeit Ihnen darzubieten vermag. Kommen Sie morgen nicht zur Verhandlung, ich würde Sie desavouieren.“ Madame Roland wurde am 9. November 1793 (18. Brumaire des Jahres II) vom Revolutions-Tribunal zum Tode verurteilt. Diesem Urteil gingen der Form halber, und der Sitte dieses entsetzlichen Tribunals gemäss, Verhandlungen voraus, bei denen es Madame Roland nicht gestattet war zu sprechen, und wo diese Söldlinge in die gröbsten Verleumdungen ausbrachen. Diese Verhandlungen wie ähnliche andere, durften nicht zu Protokoll gebracht werden. Nur eine Person gab der Wahrheit die Ehre, wofür sie bald darauf aufs Schafott geschickt wurde. Es war dies der brave Lecoq, der bloss acht Monate lang in Rolands Diensten stand, ein ehrenwerter Mann, der seiner ausgezeichneten Eigenschaften wegen ein besseres Schicksal verdient hätte. Als das Todesurteil gesprochen wurde, rief Madame Roland ihren Richtern zu: „Ihr haltet mich für würdig, das Los der grossen Männer zu teilen, die Ihr gemordet habt. Ich danke euch, indem ich euch zugleich die Versicherung

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Zitationshilfe: Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/164>, abgerufen am 03.05.2024.