Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.und Liebe. Camille Desmoulins war, wie er selbst sagte, der glücklichste der Sterblichen und es blieb ihm nichts zu wünschen übrig. Besonders glücklich verlebten sie die ersten Sommermonate auf dem Landgute der Familie Duplessis in "Bourg-la-Reine", das sie in "Bourg-de-l'Egalite" umänderten. Wie zwei harmlose Kinder genossen sie die Freuden des Landlebens, aller Ernst des Daseins schien für Beide nicht zu existieren. Lucile liebte nach Frauenart, grenzenlos. Wenn sie bei Desmoulins nach Fehlern suchte und welche an ihm fand, so sagte sie: "Wenn ich an Camille Fehler finde, liebe ich sie". Das ehemals unwissende, romantische Mädchen wurde eine hingebende Gattin, eine reizende Gefährtin, sie begeisterte sich für seine Ideen und Hoffnungen, sie teilte seine Träume und Gefahren. Während Desmoulins seine Meisterwerke des Geistes und Stils schrieb, schaukelte sich Lucile im Schaukelstuhl und träumte von Glück und Liebe. Meist las er ihr dann seine Artikel vor, oder sie las über seine Schulter gebeugt mit, wenn er schrieb. Die geistreichen Bemerkungen gefielen ihr, und oft lachten beide über lustige Einfalle, die mit unterliefen. Diese junge, lachende, naive Frau verstand nicht die ernste Bedeutung der Zeitläufte, in denen sie lebte. In jenen Jahren wurden die Idyllen bald mit Kanonendonner verjagt. Das reizende Kind spielte mit der Revolution, neckte das Ungeheuer, das bald sie und jene, die sie liebte, verschlingen sollte. Im Salon der Desmoulins trafen die meisten grossen Männer der Zeit zusammen. Danton kam besonders gern in diesen fröhlichen Haushalt und konnte stundenlang das heitere Geplauder und den tollen Uebermut des glücklichen Paares mitgeniessen. Nichtsdestoweniger hatte diese ewige Lacherin von Zeit zu Zeit Anfälle von Melancholie und Traurigkeit. Dann sagte sie: "Wo findet man das Glück, das man sucht? Der Mensch blendet sich. Wenn man sich vergisst, glaubt man glücklich zu sein. Nein, es gibt kein und Liebe. Camille Desmoulins war, wie er selbst sagte, der glücklichste der Sterblichen und es blieb ihm nichts zu wünschen übrig. Besonders glücklich verlebten sie die ersten Sommermonate auf dem Landgute der Familie Duplessis in „Bourg-la-Reine“, das sie in „Bourg-de-l’Égalité“ umänderten. Wie zwei harmlose Kinder genossen sie die Freuden des Landlebens, aller Ernst des Daseins schien für Beide nicht zu existieren. Lucile liebte nach Frauenart, grenzenlos. Wenn sie bei Desmoulins nach Fehlern suchte und welche an ihm fand, so sagte sie: „Wenn ich an Camille Fehler finde, liebe ich sie“. Das ehemals unwissende, romantische Mädchen wurde eine hingebende Gattin, eine reizende Gefährtin, sie begeisterte sich für seine Ideen und Hoffnungen, sie teilte seine Träume und Gefahren. Während Desmoulins seine Meisterwerke des Geistes und Stils schrieb, schaukelte sich Lucile im Schaukelstuhl und träumte von Glück und Liebe. Meist las er ihr dann seine Artikel vor, oder sie las über seine Schulter gebeugt mit, wenn er schrieb. Die geistreichen Bemerkungen gefielen ihr, und oft lachten beide über lustige Einfalle, die mit unterliefen. Diese junge, lachende, naive Frau verstand nicht die ernste Bedeutung der Zeitläufte, in denen sie lebte. In jenen Jahren wurden die Idyllen bald mit Kanonendonner verjagt. Das reizende Kind spielte mit der Revolution, neckte das Ungeheuer, das bald sie und jene, die sie liebte, verschlingen sollte. Im Salon der Desmoulins trafen die meisten grossen Männer der Zeit zusammen. Danton kam besonders gern in diesen fröhlichen Haushalt und konnte stundenlang das heitere Geplauder und den tollen Uebermut des glücklichen Paares mitgeniessen. Nichtsdestoweniger hatte diese ewige Lacherin von Zeit zu Zeit Anfälle von Melancholie und Traurigkeit. 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Das ehemals unwissende, romantische Mädchen wurde eine hingebende Gattin, eine reizende Gefährtin, sie begeisterte sich für seine Ideen und Hoffnungen, sie teilte seine Träume und Gefahren.</p> <p>Während Desmoulins seine Meisterwerke des Geistes und Stils schrieb, schaukelte sich Lucile im Schaukelstuhl und träumte von Glück und Liebe. Meist las er ihr dann seine Artikel vor, oder sie las über seine Schulter gebeugt mit, wenn er schrieb.</p> <p>Die geistreichen Bemerkungen gefielen ihr, und oft lachten beide über lustige Einfalle, die mit unterliefen.</p> <p>Diese junge, lachende, naive Frau verstand nicht die ernste Bedeutung der Zeitläufte, in denen sie lebte. In jenen Jahren wurden die Idyllen bald mit Kanonendonner verjagt. Das reizende Kind spielte mit der Revolution, neckte das Ungeheuer, das bald sie und jene, die sie liebte, verschlingen sollte.</p> <p>Im Salon der Desmoulins trafen die meisten grossen Männer der Zeit zusammen. Danton kam besonders gern in diesen fröhlichen Haushalt und konnte stundenlang das heitere Geplauder und den tollen Uebermut des glücklichen Paares mitgeniessen. Nichtsdestoweniger hatte diese ewige Lacherin von Zeit zu Zeit Anfälle von Melancholie und Traurigkeit. Dann sagte sie: „Wo findet man das Glück, das man sucht? Der Mensch blendet sich. Wenn man sich vergisst, glaubt man glücklich zu sein. Nein, es gibt kein </p> </div> </body> </text> </TEI> [162/0182]
und Liebe. Camille Desmoulins war, wie er selbst sagte, der glücklichste der Sterblichen und es blieb ihm nichts zu wünschen übrig. Besonders glücklich verlebten sie die ersten Sommermonate auf dem Landgute der Familie Duplessis in „Bourg-la-Reine“, das sie in „Bourg-de-l’Égalité“ umänderten.
Wie zwei harmlose Kinder genossen sie die Freuden des Landlebens, aller Ernst des Daseins schien für Beide nicht zu existieren. Lucile liebte nach Frauenart, grenzenlos. Wenn sie bei Desmoulins nach Fehlern suchte und welche an ihm fand, so sagte sie: „Wenn ich an Camille Fehler finde, liebe ich sie“. Das ehemals unwissende, romantische Mädchen wurde eine hingebende Gattin, eine reizende Gefährtin, sie begeisterte sich für seine Ideen und Hoffnungen, sie teilte seine Träume und Gefahren.
Während Desmoulins seine Meisterwerke des Geistes und Stils schrieb, schaukelte sich Lucile im Schaukelstuhl und träumte von Glück und Liebe. Meist las er ihr dann seine Artikel vor, oder sie las über seine Schulter gebeugt mit, wenn er schrieb.
Die geistreichen Bemerkungen gefielen ihr, und oft lachten beide über lustige Einfalle, die mit unterliefen.
Diese junge, lachende, naive Frau verstand nicht die ernste Bedeutung der Zeitläufte, in denen sie lebte. In jenen Jahren wurden die Idyllen bald mit Kanonendonner verjagt. Das reizende Kind spielte mit der Revolution, neckte das Ungeheuer, das bald sie und jene, die sie liebte, verschlingen sollte.
Im Salon der Desmoulins trafen die meisten grossen Männer der Zeit zusammen. Danton kam besonders gern in diesen fröhlichen Haushalt und konnte stundenlang das heitere Geplauder und den tollen Uebermut des glücklichen Paares mitgeniessen. Nichtsdestoweniger hatte diese ewige Lacherin von Zeit zu Zeit Anfälle von Melancholie und Traurigkeit. Dann sagte sie: „Wo findet man das Glück, das man sucht? Der Mensch blendet sich. Wenn man sich vergisst, glaubt man glücklich zu sein. Nein, es gibt kein
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