Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100.Wildniß! Die heitere Herbstluft spielte oben in den Gin- Wildniß! Die heitere Herbſtluft ſpielte oben in den Gin- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0022"/> Wildniß! Die heitere Herbſtluft ſpielte oben in den Gin-<lb/> ſterſträuchen. Die Tollheit des Gedankens, um ſchlechte<lb/> Waldbeeren, die ſelbſt der franzöſiſche Bauer nicht eſſen<lb/> mag, vielleicht feindlichen Vorpoſten in die Hände zu<lb/> laufen, hatte etwas Berauſchendes. Jch hätte heut mö-<lb/> gen Givet ſtürmen. Der todte Freund war vergeſſen.<lb/> Mit einem Male öffnete ſich der Grund links vor mir;<lb/> hoch auf dem violetten Schieferfelſen lag der Mont-<lb/> d’or, ein Außenwerk, und vor mir rauchten die Schorn-<lb/> ſteine von Givet. Zugleich aber lachten mich zu bei-<lb/> den Seiten die reichſten Brombeerſtauden an. Es war<lb/> mir, als müſſe man mich aus der Stadt, da dieſe ſo<lb/> offen vor mir lag, eben ſo gut bemerken, als ich jene,<lb/> und ich verbarg mich, ähnlich den Kindern, welche die<lb/> Augen zudrücken, wenn ſie geſehen zu werden fürchten,<lb/> in die Geſträuche. Bald indeſſen war dieſe Beſorgniß<lb/> überwunden; ich pflückte deſto eifriger, ſo daß mein<lb/> Geſchirr hochaufgefüllt war, als die Abenddämmerung<lb/> anfangen wollte. Eben war ich im Begriff aufzuſtehn,<lb/> als ich im Gebüſche hinter mir Fußtritte vernahm,<lb/> und ein Franzoſe aus dem Grunde hervor der Stadt<lb/> zueilte. Jch brauchte mich nicht lange zu beſinnen; es<lb/> war derſelbe, deſſen Andenken kaum die Brombeeren<lb/> in mir verdrängt hatten. Mit einem Male hielt er<lb/> inne, und ſah ſich nach allen Gegenden um. Jch ver-<lb/> wünſchte, daß ich kein Gewehr bei mir hatte. Plötzlich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0022]
Wildniß! Die heitere Herbſtluft ſpielte oben in den Gin-
ſterſträuchen. Die Tollheit des Gedankens, um ſchlechte
Waldbeeren, die ſelbſt der franzöſiſche Bauer nicht eſſen
mag, vielleicht feindlichen Vorpoſten in die Hände zu
laufen, hatte etwas Berauſchendes. Jch hätte heut mö-
gen Givet ſtürmen. Der todte Freund war vergeſſen.
Mit einem Male öffnete ſich der Grund links vor mir;
hoch auf dem violetten Schieferfelſen lag der Mont-
d’or, ein Außenwerk, und vor mir rauchten die Schorn-
ſteine von Givet. Zugleich aber lachten mich zu bei-
den Seiten die reichſten Brombeerſtauden an. Es war
mir, als müſſe man mich aus der Stadt, da dieſe ſo
offen vor mir lag, eben ſo gut bemerken, als ich jene,
und ich verbarg mich, ähnlich den Kindern, welche die
Augen zudrücken, wenn ſie geſehen zu werden fürchten,
in die Geſträuche. Bald indeſſen war dieſe Beſorgniß
überwunden; ich pflückte deſto eifriger, ſo daß mein
Geſchirr hochaufgefüllt war, als die Abenddämmerung
anfangen wollte. Eben war ich im Begriff aufzuſtehn,
als ich im Gebüſche hinter mir Fußtritte vernahm,
und ein Franzoſe aus dem Grunde hervor der Stadt
zueilte. Jch brauchte mich nicht lange zu beſinnen; es
war derſelbe, deſſen Andenken kaum die Brombeeren
in mir verdrängt hatten. Mit einem Male hielt er
inne, und ſah ſich nach allen Gegenden um. Jch ver-
wünſchte, daß ich kein Gewehr bei mir hatte. Plötzlich
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Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
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