Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100.terbrochen gegen das einzige Fenster anschlug. Jch stand vom
terbrochen gegen das einzige Fenſter anſchlug. Jch ſtand vom
<TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0050"/> terbrochen gegen das einzige Fenſter anſchlug. Jch ſtand<lb/> auf. Jm Zimmer brannte kein Feuer, und keine menſch-<lb/> liche Seele war im Hauſe zu errufen. Jch fachte mir<lb/> ſelbſt ein Feuer im Kamine an, einige Aepfel aus der<lb/> Schlafkammer zum Frühſtück zu röſten. Meine Uhr<lb/> zeigte acht, neun, zehn, elf, und Niemand kam nach<lb/> Hauſe. Der Regen rieſelte ohne Aufhalt, der Wind<lb/> warf die letzten gelben Blätter von den Aepfelbäumen,<lb/> und ein dicker Nebel hatte ſich auf die Umgegend ge-<lb/> lagert. Es war mir unmöglich, mich nur zehn Schritt<lb/> über den Hofraum hinaus zurecht zu finden, ich mußte<lb/> wider Willen in meiner trüben Einſiedelei bleiben.<lb/> Die alte Melancholie erwachte, ich warf mich an den<lb/> Kohlen nieder. So unbehaglich war mir noch nie zu<lb/> Muthe geweſen. Die Beſorgniß war verſchwunden;<lb/> die Schrecken einer troſtloſen Einförmigkeit umſtarrten<lb/> mich. Wie wenn das Grau, und der Regen und der<lb/> Nebel im November immer dauerten! Wenn das die<lb/> Ewigkeit wäre, ein Schlummer, Träume und kein Er-<lb/> wachen! Zehn, hundert, tauſend Jahre ſo zu leben, —<lb/> und Niemand klopfte an die Thüre, nicht einmal ein<lb/> Hofhund bellte. Es lag das drückende Gefühl der<lb/> Unthätigkeit zum Grunde, in einem Alter, wo der Ge-<lb/> danke noch nicht reif iſt, und das Verlangen phyſiſch<lb/> und geiſtig erwacht, ohne noch ein Ziel zu kennen. Jch<lb/> phantaſirte vom Veilchen im Grünen, vom Verduften,<lb/> <fw type="catch" place="bottom">vom</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0050]
terbrochen gegen das einzige Fenſter anſchlug. Jch ſtand
auf. Jm Zimmer brannte kein Feuer, und keine menſch-
liche Seele war im Hauſe zu errufen. Jch fachte mir
ſelbſt ein Feuer im Kamine an, einige Aepfel aus der
Schlafkammer zum Frühſtück zu röſten. Meine Uhr
zeigte acht, neun, zehn, elf, und Niemand kam nach
Hauſe. Der Regen rieſelte ohne Aufhalt, der Wind
warf die letzten gelben Blätter von den Aepfelbäumen,
und ein dicker Nebel hatte ſich auf die Umgegend ge-
lagert. Es war mir unmöglich, mich nur zehn Schritt
über den Hofraum hinaus zurecht zu finden, ich mußte
wider Willen in meiner trüben Einſiedelei bleiben.
Die alte Melancholie erwachte, ich warf mich an den
Kohlen nieder. So unbehaglich war mir noch nie zu
Muthe geweſen. Die Beſorgniß war verſchwunden;
die Schrecken einer troſtloſen Einförmigkeit umſtarrten
mich. Wie wenn das Grau, und der Regen und der
Nebel im November immer dauerten! Wenn das die
Ewigkeit wäre, ein Schlummer, Träume und kein Er-
wachen! Zehn, hundert, tauſend Jahre ſo zu leben, —
und Niemand klopfte an die Thüre, nicht einmal ein
Hofhund bellte. Es lag das drückende Gefühl der
Unthätigkeit zum Grunde, in einem Alter, wo der Ge-
danke noch nicht reif iſt, und das Verlangen phyſiſch
und geiſtig erwacht, ohne noch ein Ziel zu kennen. Jch
phantaſirte vom Veilchen im Grünen, vom Verduften,
vom
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Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
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