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Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100.

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"Nun dann, wenn Sie mich kennen, Capitain,
-- fuhr der Maire fort, die Zähne fest zusammenge-
preßt, -- so wissen Sie, daß ich Alles wage, wo ich
fürchte. Zittern Sie."

"Zittern Sie," wiederhohlte kaltblütig der Ca-
pitain. "Genug des Geschwätzes. Jch komme mit
Jhnen die Rechnung abzuschließen, und weiß, was meine
Wissenschaft werth ist, da ich der Einzige bin, der sie
besitzt. Zahlen Sie vierzigtausend Franken, so vernichte
ich die Papiere, die in sicheren Händen ruhen, und wenn
auch Jch stumm würde, laut sprechen könnten. Zahlen
Sie nicht, so soll mich nichts hindern, Sie um Jhr
Alles zu bringen."

"Unverschämter! Dasselbe versprachst Du, als ich
Dir die Tausende gab, damit Du nach Elba entwichst;
dasselbe, als ich Dir die Wechsel nachsandte; und wenn
ich meinen letzten Franken Dir gegeben, wirst Du noch
mehr fordern."

"Jch weiß, was meine Kunde werth ist," sagte
kaltblütig der Capitain.

"So vergißt Du, Barbaroux, daß bei'm Abschluß
der Rechnung die Hälfte der Schuld auf Deinem
Conto stand?"

"Der Capitain Barbaroux hat nichts zu verlieren,
keine Familienehre, keine Ansprüche auf Erbschaften,
nur einen Flicken durchlöchertes Leben; aber Martin

„Nun dann, wenn Sie mich kennen, Capitain,
— fuhr der Maire fort, die Zähne feſt zuſammenge-
preßt, — ſo wiſſen Sie, daß ich Alles wage, wo ich
fürchte. Zittern Sie.“

„Zittern Sie,“ wiederhohlte kaltblütig der Ca-
pitain. „Genug des Geſchwätzes. Jch komme mit
Jhnen die Rechnung abzuſchließen, und weiß, was meine
Wiſſenſchaft werth iſt, da ich der Einzige bin, der ſie
beſitzt. Zahlen Sie vierzigtauſend Franken, ſo vernichte
ich die Papiere, die in ſicheren Händen ruhen, und wenn
auch Jch ſtumm würde, laut ſprechen könnten. Zahlen
Sie nicht, ſo ſoll mich nichts hindern, Sie um Jhr
Alles zu bringen.“

„Unverſchämter! Daſſelbe verſprachſt Du, als ich
Dir die Tauſende gab, damit Du nach Elba entwichſt;
daſſelbe, als ich Dir die Wechſel nachſandte; und wenn
ich meinen letzten Franken Dir gegeben, wirſt Du noch
mehr fordern.“

„Jch weiß, was meine Kunde werth iſt,“ ſagte
kaltblütig der Capitain.

„So vergißt Du, Barbaroux, daß bei’m Abſchluß
der Rechnung die Hälfte der Schuld auf Deinem
Conto ſtand?“

„Der Capitain Barbaroux hat nichts zu verlieren,
keine Familienehre, keine Anſprüche auf Erbſchaften,
nur einen Flicken durchlöchertes Leben; aber Martin

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/78>, abgerufen am 26.04.2024.