zösisch muß sie lernen und ein Bischen auf dem Kla¬ vier klimpern und vor allem tanzen."
Der Vater paffte drei Mal heftig, und schlug sich auf den Schenkel: "Tanzen soll sie nicht lernen! Und Romane und französisch parliren und klimpern auch nicht. Daß Dich! Ich werf's zum Fenster hin¬ aus, wenn ich was attrappire. Und -- in die Tanz¬ schule schicke ich sie absolut nicht."
Sie ließ ihn sich erholen: "Da hast Du auch ganz recht, Alter, hub sie, ihre Maschen zählend, wieder an und sie wird schon ohnedem tanzen lernen, denn sie hat ein Geschick dazu, und wenn sie nur erst in einem guten Hause ist. Aber sie wird doch älter, und ein Mal wird sie heirathen müssen. Der Sohn vom Hofbronceur, der möchte sie gern haben. Die Eltern sind reich. Nun ja, wenn Du sie dem geben willst, da braucht sie nicht mehr zu lernen."
Der Vater schwieg wieder: "Sie konnte ihn ja nie leiden."
"Und weißt Du, was die Jette sagt? Sie hätte doch bei vielen Herrschaften gedient. Aber eine solche Mamsell wäre ihr noch nicht vorgekommen. Die stäche manches Fräulein aus; auch manche Gräfin hätte nicht so feine Art. Du bist doch nun einmal Kriegs¬ rath, und wir müssen in Gesellschaften. Sollen wir die Adelheid immer zu Haus einschließen? Du siehst es freilich nicht, wie sie zu uns rauf gaffen, wenn sie am Fenster strickt, und ich hab's Dir nicht sagen
I. 9
zöſiſch muß ſie lernen und ein Bischen auf dem Kla¬ vier klimpern und vor allem tanzen.“
Der Vater paffte drei Mal heftig, und ſchlug ſich auf den Schenkel: „Tanzen ſoll ſie nicht lernen! Und Romane und franzöſiſch parliren und klimpern auch nicht. Daß Dich! Ich werf's zum Fenſter hin¬ aus, wenn ich was attrappire. Und — in die Tanz¬ ſchule ſchicke ich ſie abſolut nicht.“
Sie ließ ihn ſich erholen: „Da haſt Du auch ganz recht, Alter, hub ſie, ihre Maſchen zählend, wieder an und ſie wird ſchon ohnedem tanzen lernen, denn ſie hat ein Geſchick dazu, und wenn ſie nur erſt in einem guten Hauſe iſt. Aber ſie wird doch älter, und ein Mal wird ſie heirathen müſſen. Der Sohn vom Hofbronceur, der möchte ſie gern haben. Die Eltern ſind reich. Nun ja, wenn Du ſie dem geben willſt, da braucht ſie nicht mehr zu lernen.“
Der Vater ſchwieg wieder: „Sie konnte ihn ja nie leiden.“
„Und weißt Du, was die Jette ſagt? Sie hätte doch bei vielen Herrſchaften gedient. Aber eine ſolche Mamſell wäre ihr noch nicht vorgekommen. Die ſtäche manches Fräulein aus; auch manche Gräfin hätte nicht ſo feine Art. Du biſt doch nun einmal Kriegs¬ rath, und wir müſſen in Geſellſchaften. Sollen wir die Adelheid immer zu Haus einſchließen? Du ſiehſt es freilich nicht, wie ſie zu uns rauf gaffen, wenn ſie am Fenſter ſtrickt, und ich hab's Dir nicht ſagen
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zöſiſch muß ſie lernen und ein Bischen auf dem Kla¬
vier klimpern und vor allem tanzen.“
Der Vater paffte drei Mal heftig, und ſchlug
ſich auf den Schenkel: „Tanzen ſoll ſie nicht lernen!
Und Romane und franzöſiſch parliren und klimpern
auch nicht. Daß Dich! Ich werf's zum Fenſter hin¬
aus, wenn ich was attrappire. Und — in die Tanz¬
ſchule ſchicke ich ſie abſolut nicht.“
Sie ließ ihn ſich erholen: „Da haſt Du auch
ganz recht, Alter, hub ſie, ihre Maſchen zählend,
wieder an und ſie wird ſchon ohnedem tanzen lernen,
denn ſie hat ein Geſchick dazu, und wenn ſie nur
erſt in einem guten Hauſe iſt. Aber ſie wird doch
älter, und ein Mal wird ſie heirathen müſſen.
Der Sohn vom Hofbronceur, der möchte ſie gern
haben. Die Eltern ſind reich. Nun ja, wenn Du
ſie dem geben willſt, da braucht ſie nicht mehr zu
lernen.“
Der Vater ſchwieg wieder: „Sie konnte ihn ja
nie leiden.“
„Und weißt Du, was die Jette ſagt? Sie hätte
doch bei vielen Herrſchaften gedient. Aber eine ſolche
Mamſell wäre ihr noch nicht vorgekommen. Die ſtäche
manches Fräulein aus; auch manche Gräfin hätte
nicht ſo feine Art. Du biſt doch nun einmal Kriegs¬
rath, und wir müſſen in Geſellſchaften. Sollen wir
die Adelheid immer zu Haus einſchließen? Du ſiehſt
es freilich nicht, wie ſie zu uns rauf gaffen, wenn
ſie am Fenſter ſtrickt, und ich hab's Dir nicht ſagen
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/143>, abgerufen am 23.11.2024.
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