hat Aussicht, daß er's bis zum General bringt, und noch weiter, wenn er seine Schuldigkeit thut, oder noch mehr. Wenn das nicht gute Soldaten machen muß! Fort mit den Steifen und Alten, in die Ma¬ gazine und in den Train; vorwärts mit den Jungen!"
Der Kriegsrath sah ihn verwundert an: "Damit tadelst Du ja Friedrich; er that es nicht."
"Der alte Fritz wußte, was sich schickte und was er brauchte. Er hatte es mit einem Daun zu thun; und seine Ziethen und Seidlitze wußte er wohl zu brauchen, wo andere Feinde sich zeigten. Und wie ich dir sagte, es war sein Auge, seine Presence, die das Blut wieder umrührt, wo es stockig ward. Seitdem ist's schrecklich stockig geworden, sonst wären wir nicht im Lehm festgeklebt in der Champagne, und seit dem Baseler Frieden ist's noch ärger."
Der alte Major wollte noch mehr sagen, aber er that's nicht mit Worten, er klopfte mit dem Meer¬ schaumkopf so stark gegen seinen hohen Stiefel, daß die Pfeife ausging. Es war auch nicht mehr Zeit zum Rauchen und zur Conversation, die Magd trug, begleitet von den jubelnden Kleinen die rauchende Schüssel Milchreis auf den Tisch. Clara sprach das Gebet, und die Mutter streute einen Staubregen von Zimmt und Zucker über die Schüssel. Ein Ah! der Verwunderung und Freude ging durch den Kreis der Kleinen. "Das ist ein Sonntag! Das ist ein Festtag!" Sie blickten den Major verwundert an, nicht einmal Milchreis mit Zucker und Zimmt wollte er genießen!
hat Ausſicht, daß er's bis zum General bringt, und noch weiter, wenn er ſeine Schuldigkeit thut, oder noch mehr. Wenn das nicht gute Soldaten machen muß! Fort mit den Steifen und Alten, in die Ma¬ gazine und in den Train; vorwärts mit den Jungen!“
Der Kriegsrath ſah ihn verwundert an: „Damit tadelſt Du ja Friedrich; er that es nicht.“
„Der alte Fritz wußte, was ſich ſchickte und was er brauchte. Er hatte es mit einem Daun zu thun; und ſeine Ziethen und Seidlitze wußte er wohl zu brauchen, wo andere Feinde ſich zeigten. Und wie ich dir ſagte, es war ſein Auge, ſeine Preſence, die das Blut wieder umrührt, wo es ſtockig ward. Seitdem iſt's ſchrecklich ſtockig geworden, ſonſt wären wir nicht im Lehm feſtgeklebt in der Champagne, und ſeit dem Baſeler Frieden iſt's noch ärger.“
Der alte Major wollte noch mehr ſagen, aber er that's nicht mit Worten, er klopfte mit dem Meer¬ ſchaumkopf ſo ſtark gegen ſeinen hohen Stiefel, daß die Pfeife ausging. Es war auch nicht mehr Zeit zum Rauchen und zur Converſation, die Magd trug, begleitet von den jubelnden Kleinen die rauchende Schüſſel Milchreis auf den Tiſch. Clara ſprach das Gebet, und die Mutter ſtreute einen Staubregen von Zimmt und Zucker über die Schüſſel. Ein Ah! der Verwunderung und Freude ging durch den Kreis der Kleinen. „Das iſt ein Sonntag! Das iſt ein Feſttag!“ Sie blickten den Major verwundert an, nicht einmal Milchreis mit Zucker und Zimmt wollte er genießen!
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0156"n="142"/>
hat Ausſicht, daß er's bis zum General bringt, und<lb/>
noch weiter, wenn er ſeine Schuldigkeit thut, oder<lb/>
noch mehr. Wenn das nicht gute Soldaten machen<lb/>
muß! Fort mit den Steifen und Alten, in die Ma¬<lb/>
gazine und in den Train; vorwärts mit den Jungen!“</p><lb/><p>Der Kriegsrath ſah ihn verwundert an: „Damit<lb/>
tadelſt Du ja Friedrich; er that es nicht.“</p><lb/><p>„Der alte Fritz wußte, was ſich ſchickte und<lb/>
was er brauchte. Er hatte es mit einem Daun zu<lb/>
thun; und ſeine Ziethen und Seidlitze wußte er wohl<lb/>
zu brauchen, wo andere Feinde ſich zeigten. Und<lb/>
wie ich dir ſagte, es war ſein Auge, ſeine Preſence,<lb/>
die das Blut wieder umrührt, wo es ſtockig ward.<lb/>
Seitdem iſt's ſchrecklich ſtockig geworden, ſonſt wären<lb/>
wir nicht im Lehm feſtgeklebt in der Champagne, und<lb/>ſeit dem Baſeler Frieden iſt's noch ärger.“</p><lb/><p>Der alte Major wollte noch mehr ſagen, aber<lb/>
er that's nicht mit Worten, er klopfte mit dem Meer¬<lb/>ſchaumkopf ſo ſtark gegen ſeinen hohen Stiefel, daß<lb/>
die Pfeife ausging. Es war auch nicht mehr Zeit<lb/>
zum Rauchen und zur Converſation, die Magd trug,<lb/>
begleitet von den jubelnden Kleinen die rauchende<lb/>
Schüſſel Milchreis auf den Tiſch. Clara ſprach das<lb/>
Gebet, und die Mutter ſtreute einen Staubregen von<lb/>
Zimmt und Zucker über die Schüſſel. Ein Ah! der<lb/>
Verwunderung und Freude ging durch den Kreis der<lb/>
Kleinen. „Das iſt ein Sonntag! Das iſt ein Feſttag!“<lb/>
Sie blickten den Major verwundert an, nicht einmal<lb/>
Milchreis mit Zucker und Zimmt wollte er genießen!</p><lb/></div></body></text></TEI>
[142/0156]
hat Ausſicht, daß er's bis zum General bringt, und
noch weiter, wenn er ſeine Schuldigkeit thut, oder
noch mehr. Wenn das nicht gute Soldaten machen
muß! Fort mit den Steifen und Alten, in die Ma¬
gazine und in den Train; vorwärts mit den Jungen!“
Der Kriegsrath ſah ihn verwundert an: „Damit
tadelſt Du ja Friedrich; er that es nicht.“
„Der alte Fritz wußte, was ſich ſchickte und
was er brauchte. Er hatte es mit einem Daun zu
thun; und ſeine Ziethen und Seidlitze wußte er wohl
zu brauchen, wo andere Feinde ſich zeigten. Und
wie ich dir ſagte, es war ſein Auge, ſeine Preſence,
die das Blut wieder umrührt, wo es ſtockig ward.
Seitdem iſt's ſchrecklich ſtockig geworden, ſonſt wären
wir nicht im Lehm feſtgeklebt in der Champagne, und
ſeit dem Baſeler Frieden iſt's noch ärger.“
Der alte Major wollte noch mehr ſagen, aber
er that's nicht mit Worten, er klopfte mit dem Meer¬
ſchaumkopf ſo ſtark gegen ſeinen hohen Stiefel, daß
die Pfeife ausging. Es war auch nicht mehr Zeit
zum Rauchen und zur Converſation, die Magd trug,
begleitet von den jubelnden Kleinen die rauchende
Schüſſel Milchreis auf den Tiſch. Clara ſprach das
Gebet, und die Mutter ſtreute einen Staubregen von
Zimmt und Zucker über die Schüſſel. Ein Ah! der
Verwunderung und Freude ging durch den Kreis der
Kleinen. „Das iſt ein Sonntag! Das iſt ein Feſttag!“
Sie blickten den Major verwundert an, nicht einmal
Milchreis mit Zucker und Zimmt wollte er genießen!
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/156>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.