Geburtstag trinkt, den erlauben Sie mir schon, daß ich ihn als meinen Freund ansehe. Aber Sie meinen, das hätte nichts auf sich! Die Reiter stehlen ja die Kinder wie die Raben. Man kann sich vor ihnen nicht genug in Acht nehmen. O du mein Gott, ich könnte Ihnen davon Geschichten erzählen, daß einem das Haar zu Berge steht. Sehn Sie, ich fuhr mit meinen Nichten nach Leipzig, damit sie ihren Vater sehen sollten. Wir haben ihn nicht mehr getroffen. Nun, das schadet nichts, der Wille war doch gut, und Leipzig ist eine schöne Stadt, und zur Messe. Sie hätten die Freude der Kinder sehen sollen bei den bunten tausend schönen Sachen. Na, ich gönnte sie den armen Dingern. Und als wir zurückfuhren, brach ein Rad am Wagen. Ich sagte zum Kutscher, der sonst ein recht verständiger Mensch ist, i kann er's nicht zusammenbinden, daß wir noch nach Berlin kommen vor Königs Geburtstag. Er sagte partout nein. Der Wagen müßte zum Schmied, wir riskirten sonst auf der Landstraße liegen zu bleiben. Nun können Sie denken, das wollte ich doch auch nicht, drei ein¬ zelne Frauenspersonen, und so kamen wir in das Dorf drüben, wie heißt es doch gleich, wo die Schmiede ist. Ja da hieß es, machen könnte er ihn, aber nicht vor heute früh, und wir hätten auf der Streu liegen müssen in der Schenke, unter all dem Bauervolk in der Wirthsstube. Nun sie können meinen Schreck denken, wenn nicht der Herr Prediger davon gehört und der invitirte uns in sein Haus. Sage ich Ihnen,
Geburtstag trinkt, den erlauben Sie mir ſchon, daß ich ihn als meinen Freund anſehe. Aber Sie meinen, das hätte nichts auf ſich! Die Reiter ſtehlen ja die Kinder wie die Raben. Man kann ſich vor ihnen nicht genug in Acht nehmen. O du mein Gott, ich könnte Ihnen davon Geſchichten erzählen, daß einem das Haar zu Berge ſteht. Sehn Sie, ich fuhr mit meinen Nichten nach Leipzig, damit ſie ihren Vater ſehen ſollten. Wir haben ihn nicht mehr getroffen. Nun, das ſchadet nichts, der Wille war doch gut, und Leipzig iſt eine ſchöne Stadt, und zur Meſſe. Sie hätten die Freude der Kinder ſehen ſollen bei den bunten tauſend ſchönen Sachen. Na, ich gönnte ſie den armen Dingern. Und als wir zurückfuhren, brach ein Rad am Wagen. Ich ſagte zum Kutſcher, der ſonſt ein recht verſtändiger Menſch iſt, i kann er's nicht zuſammenbinden, daß wir noch nach Berlin kommen vor Königs Geburtstag. Er ſagte partout nein. Der Wagen müßte zum Schmied, wir riskirten ſonſt auf der Landſtraße liegen zu bleiben. Nun können Sie denken, das wollte ich doch auch nicht, drei ein¬ zelne Frauensperſonen, und ſo kamen wir in das Dorf drüben, wie heißt es doch gleich, wo die Schmiede iſt. Ja da hieß es, machen könnte er ihn, aber nicht vor heute früh, und wir hätten auf der Streu liegen müſſen in der Schenke, unter all dem Bauervolk in der Wirthsſtube. Nun ſie können meinen Schreck denken, wenn nicht der Herr Prediger davon gehört und der invitirte uns in ſein Haus. Sage ich Ihnen,
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Geburtstag trinkt, den erlauben Sie mir ſchon, daß
ich ihn als meinen Freund anſehe. Aber Sie meinen,
das hätte nichts auf ſich! Die Reiter ſtehlen ja die
Kinder wie die Raben. Man kann ſich vor ihnen
nicht genug in Acht nehmen. O du mein Gott, ich
könnte Ihnen davon Geſchichten erzählen, daß einem
das Haar zu Berge ſteht. Sehn Sie, ich fuhr mit
meinen Nichten nach Leipzig, damit ſie ihren Vater
ſehen ſollten. Wir haben ihn nicht mehr getroffen.
Nun, das ſchadet nichts, der Wille war doch gut,
und Leipzig iſt eine ſchöne Stadt, und zur Meſſe.
Sie hätten die Freude der Kinder ſehen ſollen bei
den bunten tauſend ſchönen Sachen. Na, ich gönnte
ſie den armen Dingern. Und als wir zurückfuhren,
brach ein Rad am Wagen. Ich ſagte zum Kutſcher,
der ſonſt ein recht verſtändiger Menſch iſt, i kann
er's nicht zuſammenbinden, daß wir noch nach Berlin
kommen vor Königs Geburtstag. Er ſagte partout
nein. Der Wagen müßte zum Schmied, wir riskirten
ſonſt auf der Landſtraße liegen zu bleiben. Nun können
Sie denken, das wollte ich doch auch nicht, drei ein¬
zelne Frauensperſonen, und ſo kamen wir in das
Dorf drüben, wie heißt es doch gleich, wo die Schmiede
iſt. Ja da hieß es, machen könnte er ihn, aber nicht
vor heute früh, und wir hätten auf der Streu liegen
müſſen in der Schenke, unter all dem Bauervolk in
der Wirthsſtube. Nun ſie können meinen Schreck
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/164>, abgerufen am 21.11.2024.
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