Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Dritten nicht da war, auf der Stelle Execution, jeden
Monat. Beim zweiten hat er sich gar nicht erst ver¬
klagen lassen. Gleich gezahlt, o 's ist ein sehr repu¬
tirlicher Herr, das muß man ihm nachsagen, und
wenn's dritte kommt, wer weiß, ob sie dann nicht
schon unter der Haube ist. Denn seine Alte wird's
ja nicht mehr lange machen, die hat er nur mit dem
Geschäft geheirathet. Und warum sollte er sie nicht
in's Haus nehmen? Ist ja sein purer Profit. Er
kommt viel wohlfeiler fort, als wenn er Alimente
zahlen muß. Aber ein Begräbniß wird er seiner
Alten ausrichten -- na, da könnte sich mancher Ge¬
heimrath schämen. Nein das muß man ihm nach¬
sagen, lumpen läßt sich der Herr Hoflackirer nicht;
ist ein sehr reputabler Herr. -- Und, wie gesagt,
hübsch war die Mariane, so blaß und schön, und
das Kind, blutroth hat's wie 'ne Schnur um den
Hals gehabt."

"Und meine Kinder hat Sie mitgenommen. Die
unschuldigen Würmer! Sie Person Sie!"

"Aber Herr Geheimrath, ich weiß auch nicht,
wie Sie mir vorkommen. Es ist ja nur, daß die
Kinder es einmal gesehen haben. Das ist ja für's
ganze Leben. So was kriegen sie nicht wieder zu
sehen. Es soll ja kein Mensch mehr hingerichtet werden."

"Wer hat Ihr das wieder vorgeschwatzt?"

"Sie können's mir ganz gewiß glauben, Herr
Geheimrath. Das ist die letzte Hinrichtung, hat der
König gesagt. Und sie haben ihn beinah zwingen

Dritten nicht da war, auf der Stelle Execution, jeden
Monat. Beim zweiten hat er ſich gar nicht erſt ver¬
klagen laſſen. Gleich gezahlt, o 's iſt ein ſehr repu¬
tirlicher Herr, das muß man ihm nachſagen, und
wenn's dritte kommt, wer weiß, ob ſie dann nicht
ſchon unter der Haube iſt. Denn ſeine Alte wird's
ja nicht mehr lange machen, die hat er nur mit dem
Geſchäft geheirathet. Und warum ſollte er ſie nicht
in's Haus nehmen? Iſt ja ſein purer Profit. Er
kommt viel wohlfeiler fort, als wenn er Alimente
zahlen muß. Aber ein Begräbniß wird er ſeiner
Alten ausrichten — na, da könnte ſich mancher Ge¬
heimrath ſchämen. Nein das muß man ihm nach¬
ſagen, lumpen läßt ſich der Herr Hoflackirer nicht;
iſt ein ſehr reputabler Herr. — Und, wie geſagt,
hübſch war die Mariane, ſo blaß und ſchön, und
das Kind, blutroth hat's wie 'ne Schnur um den
Hals gehabt.“

„Und meine Kinder hat Sie mitgenommen. Die
unſchuldigen Würmer! Sie Perſon Sie!“

„Aber Herr Geheimrath, ich weiß auch nicht,
wie Sie mir vorkommen. Es iſt ja nur, daß die
Kinder es einmal geſehen haben. Das iſt ja für's
ganze Leben. So was kriegen ſie nicht wieder zu
ſehen. Es ſoll ja kein Menſch mehr hingerichtet werden.“

„Wer hat Ihr das wieder vorgeſchwatzt?“

„Sie können's mir ganz gewiß glauben, Herr
Geheimrath. Das iſt die letzte Hinrichtung, hat der
König geſagt. Und ſie haben ihn beinah zwingen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0022" n="8"/>
Dritten nicht da war, auf der Stelle Execution, jeden<lb/>
Monat. Beim zweiten hat er &#x017F;ich gar nicht er&#x017F;t ver¬<lb/>
klagen la&#x017F;&#x017F;en. Gleich gezahlt, o 's i&#x017F;t ein &#x017F;ehr repu¬<lb/>
tirlicher Herr, das muß man ihm nach&#x017F;agen, und<lb/>
wenn's dritte kommt, wer weiß, ob &#x017F;ie dann nicht<lb/>
&#x017F;chon unter der Haube i&#x017F;t. Denn &#x017F;eine Alte wird's<lb/>
ja nicht mehr lange machen, die hat er nur mit dem<lb/>
Ge&#x017F;chäft geheirathet. Und warum &#x017F;ollte er &#x017F;ie nicht<lb/>
in's Haus nehmen? I&#x017F;t ja &#x017F;ein purer Profit. Er<lb/>
kommt viel wohlfeiler fort, als wenn er Alimente<lb/>
zahlen muß. Aber ein Begräbniß wird er &#x017F;einer<lb/>
Alten ausrichten &#x2014; na, da könnte &#x017F;ich mancher Ge¬<lb/>
heimrath &#x017F;chämen. Nein das muß man ihm nach¬<lb/>
&#x017F;agen, lumpen läßt &#x017F;ich der Herr Hoflackirer nicht;<lb/>
i&#x017F;t ein &#x017F;ehr reputabler Herr. &#x2014; Und, wie ge&#x017F;agt,<lb/>
hüb&#x017F;ch war die Mariane, &#x017F;o blaß und &#x017F;chön, und<lb/>
das Kind, blutroth hat's wie 'ne Schnur um den<lb/>
Hals gehabt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und meine Kinder hat Sie mitgenommen. Die<lb/>
un&#x017F;chuldigen Würmer! Sie Per&#x017F;on Sie!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber Herr Geheimrath, ich weiß auch nicht,<lb/>
wie Sie mir vorkommen. Es i&#x017F;t ja nur, daß die<lb/>
Kinder es einmal ge&#x017F;ehen haben. Das i&#x017F;t ja für's<lb/>
ganze Leben. So was kriegen &#x017F;ie nicht wieder zu<lb/>
&#x017F;ehen. Es &#x017F;oll ja kein Men&#x017F;ch mehr hingerichtet werden.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wer hat Ihr das wieder vorge&#x017F;chwatzt?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie können's mir ganz gewiß glauben, Herr<lb/>
Geheimrath. Das i&#x017F;t die letzte Hinrichtung, hat der<lb/>
König ge&#x017F;agt. Und &#x017F;ie haben ihn beinah zwingen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0022] Dritten nicht da war, auf der Stelle Execution, jeden Monat. Beim zweiten hat er ſich gar nicht erſt ver¬ klagen laſſen. Gleich gezahlt, o 's iſt ein ſehr repu¬ tirlicher Herr, das muß man ihm nachſagen, und wenn's dritte kommt, wer weiß, ob ſie dann nicht ſchon unter der Haube iſt. Denn ſeine Alte wird's ja nicht mehr lange machen, die hat er nur mit dem Geſchäft geheirathet. Und warum ſollte er ſie nicht in's Haus nehmen? Iſt ja ſein purer Profit. Er kommt viel wohlfeiler fort, als wenn er Alimente zahlen muß. Aber ein Begräbniß wird er ſeiner Alten ausrichten — na, da könnte ſich mancher Ge¬ heimrath ſchämen. Nein das muß man ihm nach¬ ſagen, lumpen läßt ſich der Herr Hoflackirer nicht; iſt ein ſehr reputabler Herr. — Und, wie geſagt, hübſch war die Mariane, ſo blaß und ſchön, und das Kind, blutroth hat's wie 'ne Schnur um den Hals gehabt.“ „Und meine Kinder hat Sie mitgenommen. Die unſchuldigen Würmer! Sie Perſon Sie!“ „Aber Herr Geheimrath, ich weiß auch nicht, wie Sie mir vorkommen. Es iſt ja nur, daß die Kinder es einmal geſehen haben. Das iſt ja für's ganze Leben. So was kriegen ſie nicht wieder zu ſehen. Es ſoll ja kein Menſch mehr hingerichtet werden.“ „Wer hat Ihr das wieder vorgeſchwatzt?“ „Sie können's mir ganz gewiß glauben, Herr Geheimrath. Das iſt die letzte Hinrichtung, hat der König geſagt. Und ſie haben ihn beinah zwingen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/22
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/22>, abgerufen am 21.11.2024.