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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

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Karoline unterbrach die Rede, indem sie hell
auflachte. Wenn sie damit der eben ausgesprochnen
Weisung nachkam, sündigte sie doch sogleich dagegen,
indem sie das Fenster aufriß. Der Lärm und das
Gelächter draußen rief indeß auch die Tante heran.
An der Ecke der Straße war ein Fischmarkt und es
war nichts Ungewöhnliches, daß der alt berühmte
Witz der Fischweiber gegen Käufer und Neugierige
eine Art Auflauf veranlaßte. Diesmal war eine be¬
stimmte Person der Gegenstand der Lustigkeit. Der
ältliche Herr hatte mit den sämmtlichen Verkäuferinnen
ein Geschäft angeknüpft, und nachdem er sich aus
jedem Fischkasten die fettesten Karpfen und Aale zei¬
gen lassen, alle befühlt und mit allen ihren Besitze¬
rinnen wegen des Preises unterhandelt. Wenn das
schon nicht ohne beißende Bemerkungen von beiden
Seiten abgegangen war, so steigerte sich das Gezänk
in das, was man in Berlin ein "Aufgebot" nennt,
als der Käufer sich endlich, wie sich von selbst ver¬
stand, für die Waare nur einer Verkäuferin entschied.
Die übrigen erhoben sich und überschütteten mit einer
Fluth nicht schmeichelhafter Namen den Käufer, der
seinerseits einen nicht gewöhnlichen Muth zeigte, denn
er harrte nicht allein aus, sondern haranguirte seine
Feinde durch Gegenreden. Seine graciösen Gesticu¬
lationen bewiesen, daß er der Höflichere war, und
man konnte bemerken, daß in das laute Gelächter der
Menge auch seine aufgebrachtesten Feindinnen ein¬
stimmten. Ein schärferer Beobachter hätte indeß darin

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Karoline unterbrach die Rede, indem ſie hell
auflachte. Wenn ſie damit der eben ausgeſprochnen
Weiſung nachkam, ſündigte ſie doch ſogleich dagegen,
indem ſie das Fenſter aufriß. Der Lärm und das
Gelächter draußen rief indeß auch die Tante heran.
An der Ecke der Straße war ein Fiſchmarkt und es
war nichts Ungewöhnliches, daß der alt berühmte
Witz der Fiſchweiber gegen Käufer und Neugierige
eine Art Auflauf veranlaßte. Diesmal war eine be¬
ſtimmte Perſon der Gegenſtand der Luſtigkeit. Der
ältliche Herr hatte mit den ſämmtlichen Verkäuferinnen
ein Geſchäft angeknüpft, und nachdem er ſich aus
jedem Fiſchkaſten die fetteſten Karpfen und Aale zei¬
gen laſſen, alle befühlt und mit allen ihren Beſitze¬
rinnen wegen des Preiſes unterhandelt. Wenn das
ſchon nicht ohne beißende Bemerkungen von beiden
Seiten abgegangen war, ſo ſteigerte ſich das Gezänk
in das, was man in Berlin ein „Aufgebot“ nennt,
als der Käufer ſich endlich, wie ſich von ſelbſt ver¬
ſtand, für die Waare nur einer Verkäuferin entſchied.
Die übrigen erhoben ſich und überſchütteten mit einer
Fluth nicht ſchmeichelhafter Namen den Käufer, der
ſeinerſeits einen nicht gewöhnlichen Muth zeigte, denn
er harrte nicht allein aus, ſondern haranguirte ſeine
Feinde durch Gegenreden. Seine graciöſen Geſticu¬
lationen bewieſen, daß er der Höflichere war, und
man konnte bemerken, daß in das laute Gelächter der
Menge auch ſeine aufgebrachteſten Feindinnen ein¬
ſtimmten. Ein ſchärferer Beobachter hätte indeß darin

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[275/0289] Karoline unterbrach die Rede, indem ſie hell auflachte. Wenn ſie damit der eben ausgeſprochnen Weiſung nachkam, ſündigte ſie doch ſogleich dagegen, indem ſie das Fenſter aufriß. Der Lärm und das Gelächter draußen rief indeß auch die Tante heran. An der Ecke der Straße war ein Fiſchmarkt und es war nichts Ungewöhnliches, daß der alt berühmte Witz der Fiſchweiber gegen Käufer und Neugierige eine Art Auflauf veranlaßte. Diesmal war eine be¬ ſtimmte Perſon der Gegenſtand der Luſtigkeit. Der ältliche Herr hatte mit den ſämmtlichen Verkäuferinnen ein Geſchäft angeknüpft, und nachdem er ſich aus jedem Fiſchkaſten die fetteſten Karpfen und Aale zei¬ gen laſſen, alle befühlt und mit allen ihren Beſitze¬ rinnen wegen des Preiſes unterhandelt. Wenn das ſchon nicht ohne beißende Bemerkungen von beiden Seiten abgegangen war, ſo ſteigerte ſich das Gezänk in das, was man in Berlin ein „Aufgebot“ nennt, als der Käufer ſich endlich, wie ſich von ſelbſt ver¬ ſtand, für die Waare nur einer Verkäuferin entſchied. Die übrigen erhoben ſich und überſchütteten mit einer Fluth nicht ſchmeichelhafter Namen den Käufer, der ſeinerſeits einen nicht gewöhnlichen Muth zeigte, denn er harrte nicht allein aus, ſondern haranguirte ſeine Feinde durch Gegenreden. Seine graciöſen Geſticu¬ lationen bewieſen, daß er der Höflichere war, und man konnte bemerken, daß in das laute Gelächter der Menge auch ſeine aufgebrachteſten Feindinnen ein¬ ſtimmten. Ein ſchärferer Beobachter hätte indeß darin 18*

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/289>, abgerufen am 24.11.2024.