Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

maten haben, welche es verstehen Krieg zu führen
ohne den Degen zu ziehen."

Zufällig aber begegnete dem wirklichen Geheim¬
rath, als er sich an der Thür umwandte, Jemand,
zu dem er dieses Gespräch nicht geführt hätte, Jemand,
der gern den Degen gezogen hätte. Der Rittmeister
würde sich nicht dem Staatsmanne genähert haben,
den er nicht leiden konnte, wenn dies nicht der ein¬
zige Ausweg gewesen wäre, um einer Dame nicht
noch einmal zu begegnen, die er ebenfalls nicht leiden
konnte. Es war dieselbe, welcher er vorhin den Stuhl
vor der Nase fortgenommen. Wenn er aber darin
ungalant gehandelt, was zweifelhaft bleibt, da es
möglich ist, daß er sie nicht bemerkt hatte, so war er
diesmal eher galant, indem er der Dame nicht in
den Wurf kommen wollte, die ihm eben mit einer
Miene den Rücken gedreht, beredt genug um ihre
ganze Nichtachtung auszudrücken.

"Held und Sieger! rief der Geheimrath ihm
entgegen mit der Phrase aus einer damals gang¬
baren Oper:

Auf Deiner Stirne, Jüngling, glüht der Muth,
Dein Auge dürstet nach der Feinde Blut,
Doch Palmen seh' ich statt der blut'gen Speere,
Mit Friedenszweigen kehren unsre Heere
Geschmückt nach Haus vom Felde ihrer Ehre."

"Geheimrath irren sich, entgegnete der Officier,
das Feld gehört zu den Domänen, wo uns die Ge¬
heimen- Kriegs- und Kabinett- Räthe nicht mehr

maten haben, welche es verſtehen Krieg zu führen
ohne den Degen zu ziehen.“

Zufällig aber begegnete dem wirklichen Geheim¬
rath, als er ſich an der Thür umwandte, Jemand,
zu dem er dieſes Geſpräch nicht geführt hätte, Jemand,
der gern den Degen gezogen hätte. Der Rittmeiſter
würde ſich nicht dem Staatsmanne genähert haben,
den er nicht leiden konnte, wenn dies nicht der ein¬
zige Ausweg geweſen wäre, um einer Dame nicht
noch einmal zu begegnen, die er ebenfalls nicht leiden
konnte. Es war dieſelbe, welcher er vorhin den Stuhl
vor der Naſe fortgenommen. Wenn er aber darin
ungalant gehandelt, was zweifelhaft bleibt, da es
möglich iſt, daß er ſie nicht bemerkt hatte, ſo war er
diesmal eher galant, indem er der Dame nicht in
den Wurf kommen wollte, die ihm eben mit einer
Miene den Rücken gedreht, beredt genug um ihre
ganze Nichtachtung auszudrücken.

„Held und Sieger! rief der Geheimrath ihm
entgegen mit der Phraſe aus einer damals gang¬
baren Oper:

Auf Deiner Stirne, Jüngling, glüht der Muth,
Dein Auge dürſtet nach der Feinde Blut,
Doch Palmen ſeh' ich ſtatt der blut'gen Speere,
Mit Friedenszweigen kehren unſre Heere
Geſchmückt nach Haus vom Felde ihrer Ehre.“

„Geheimrath irren ſich, entgegnete der Officier,
das Feld gehört zu den Domänen, wo uns die Ge¬
heimen- Kriegs- und Kabinett- Räthe nicht mehr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0074" n="60"/>
maten haben, welche es ver&#x017F;tehen Krieg zu führen<lb/>
ohne den Degen zu ziehen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Zufällig aber begegnete dem wirklichen Geheim¬<lb/>
rath, als er &#x017F;ich an der Thür umwandte, Jemand,<lb/>
zu dem er die&#x017F;es Ge&#x017F;präch nicht geführt hätte, Jemand,<lb/>
der gern den Degen gezogen hätte. Der Rittmei&#x017F;ter<lb/>
würde &#x017F;ich nicht dem Staatsmanne genähert haben,<lb/>
den er nicht leiden konnte, wenn dies nicht der ein¬<lb/>
zige Ausweg gewe&#x017F;en wäre, um einer Dame nicht<lb/>
noch einmal zu begegnen, die er ebenfalls nicht leiden<lb/>
konnte. Es war die&#x017F;elbe, welcher er vorhin den Stuhl<lb/>
vor der Na&#x017F;e fortgenommen. Wenn er aber darin<lb/>
ungalant gehandelt, was zweifelhaft bleibt, da es<lb/>
möglich i&#x017F;t, daß er &#x017F;ie nicht bemerkt hatte, &#x017F;o war er<lb/>
diesmal eher galant, indem er der Dame nicht in<lb/>
den Wurf kommen wollte, die ihm eben mit einer<lb/>
Miene den Rücken gedreht, beredt genug um ihre<lb/>
ganze Nichtachtung auszudrücken.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Held und Sieger! rief der Geheimrath ihm<lb/>
entgegen mit der Phra&#x017F;e aus einer damals gang¬<lb/>
baren Oper:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l rendition="#et">Auf Deiner Stirne, Jüngling, glüht der Muth,</l><lb/>
          <l rendition="#et">Dein Auge dür&#x017F;tet nach der Feinde Blut,</l><lb/>
          <l rendition="#et">Doch Palmen &#x017F;eh' ich &#x017F;tatt der blut'gen Speere,</l><lb/>
          <l rendition="#et">Mit Friedenszweigen kehren un&#x017F;re Heere</l><lb/>
          <l rendition="#et">Ge&#x017F;chmückt nach Haus vom Felde ihrer Ehre.&#x201C;</l><lb/>
        </lg>
        <p>&#x201E;Geheimrath irren &#x017F;ich, entgegnete der Officier,<lb/><hi rendition="#g">das</hi> Feld gehört zu den Domänen, wo uns die Ge¬<lb/>
heimen- Kriegs- und Kabinett- Räthe nicht mehr<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0074] maten haben, welche es verſtehen Krieg zu führen ohne den Degen zu ziehen.“ Zufällig aber begegnete dem wirklichen Geheim¬ rath, als er ſich an der Thür umwandte, Jemand, zu dem er dieſes Geſpräch nicht geführt hätte, Jemand, der gern den Degen gezogen hätte. Der Rittmeiſter würde ſich nicht dem Staatsmanne genähert haben, den er nicht leiden konnte, wenn dies nicht der ein¬ zige Ausweg geweſen wäre, um einer Dame nicht noch einmal zu begegnen, die er ebenfalls nicht leiden konnte. Es war dieſelbe, welcher er vorhin den Stuhl vor der Naſe fortgenommen. Wenn er aber darin ungalant gehandelt, was zweifelhaft bleibt, da es möglich iſt, daß er ſie nicht bemerkt hatte, ſo war er diesmal eher galant, indem er der Dame nicht in den Wurf kommen wollte, die ihm eben mit einer Miene den Rücken gedreht, beredt genug um ihre ganze Nichtachtung auszudrücken. „Held und Sieger! rief der Geheimrath ihm entgegen mit der Phraſe aus einer damals gang¬ baren Oper: Auf Deiner Stirne, Jüngling, glüht der Muth, Dein Auge dürſtet nach der Feinde Blut, Doch Palmen ſeh' ich ſtatt der blut'gen Speere, Mit Friedenszweigen kehren unſre Heere Geſchmückt nach Haus vom Felde ihrer Ehre.“ „Geheimrath irren ſich, entgegnete der Officier, das Feld gehört zu den Domänen, wo uns die Ge¬ heimen- Kriegs- und Kabinett- Räthe nicht mehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/74
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/74>, abgerufen am 21.11.2024.