"Sind Seine Majestät, der Kaiser, so scherzhaft gestimmt?"
"Er lachte wenigstens eines Tages, als Talley¬ rand ihn auf die gefährlichen Tendenzen dieser adligen Tugendritter aufmerksam machte. ""Soll ich mich etwa um Commis-Voyageurs bekümmern, welche die verlegene Waare des feudalistischen Patriotismus an den Mann zu bringen suchen?"" Aber als Freund möchte ich Ihnen, meine Herren, anrathen, wo Sie etwa einen dieser Reisenden träfen, ihn zu warnen, daß er es nicht zu arg treibt. Der Kaiser, einmal in Harnisch gebracht, versteht keinen Spaß mehr."
Der Rath hatte die Hand des Majors rasch er¬ griffen, ehe dieser den Mund öffnen konnte: "Excellenz haben ganz Recht, es giebt unter uns keine Par¬ teien, da wir alle dasselbe wollen, das Glück unseres Vaterlandes."
"Ganz wie in Frankreich! sagte der Gesandte. Wenn die Nationen sich nur verständen, so wäre die Erde ein Paradies."
"Und Diplomaten können viel dazu beitragen."
"Wie ich von Herrn von Laforest überzeugt bin, daß er nur Gutes und Wohlmeinendes über uns nach Paris berichtet."
"Was könnte ich anders! A propos, da fällt mir ein, neulich konnte ich ihm nur Stoßseufzer berichten. Sagen Sie, was ist das für ein Weg von hier nach Tegel! Knietiefer Sand und Steine!
„Sind Seine Majeſtät, der Kaiſer, ſo ſcherzhaft geſtimmt?“
„Er lachte wenigſtens eines Tages, als Talley¬ rand ihn auf die gefährlichen Tendenzen dieſer adligen Tugendritter aufmerkſam machte. „„Soll ich mich etwa um Commis-Voyageurs bekümmern, welche die verlegene Waare des feudaliſtiſchen Patriotismus an den Mann zu bringen ſuchen?““ Aber als Freund möchte ich Ihnen, meine Herren, anrathen, wo Sie etwa einen dieſer Reiſenden träfen, ihn zu warnen, daß er es nicht zu arg treibt. Der Kaiſer, einmal in Harniſch gebracht, verſteht keinen Spaß mehr.“
Der Rath hatte die Hand des Majors raſch er¬ griffen, ehe dieſer den Mund öffnen konnte: „Excellenz haben ganz Recht, es giebt unter uns keine Par¬ teien, da wir alle daſſelbe wollen, das Glück unſeres Vaterlandes.“
„Ganz wie in Frankreich! ſagte der Geſandte. Wenn die Nationen ſich nur verſtänden, ſo wäre die Erde ein Paradies.“
„Und Diplomaten können viel dazu beitragen.“
„Wie ich von Herrn von Laforeſt überzeugt bin, daß er nur Gutes und Wohlmeinendes über uns nach Paris berichtet.“
„Was könnte ich anders! A propos, da fällt mir ein, neulich konnte ich ihm nur Stoßſeufzer berichten. Sagen Sie, was iſt das für ein Weg von hier nach Tegel! Knietiefer Sand und Steine!
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0112"n="102"/>„Sind Seine Majeſtät, der Kaiſer, ſo ſcherzhaft<lb/>
geſtimmt?“</p><lb/><p>„Er lachte wenigſtens eines Tages, als Talley¬<lb/>
rand ihn auf die gefährlichen Tendenzen dieſer adligen<lb/>
Tugendritter aufmerkſam machte. „„Soll ich mich<lb/>
etwa um Commis-Voyageurs bekümmern, welche die<lb/>
verlegene Waare des feudaliſtiſchen Patriotismus<lb/>
an den Mann zu bringen ſuchen?““ Aber als<lb/>
Freund möchte ich Ihnen, meine Herren, anrathen,<lb/>
wo Sie etwa einen dieſer Reiſenden träfen, ihn zu<lb/>
warnen, daß er es nicht zu arg treibt. Der Kaiſer,<lb/>
einmal in Harniſch gebracht, verſteht keinen Spaß<lb/>
mehr.“</p><lb/><p>Der Rath hatte die Hand des Majors raſch er¬<lb/>
griffen, ehe dieſer den Mund öffnen konnte: „Excellenz<lb/>
haben ganz Recht, es giebt unter uns keine Par¬<lb/>
teien, da wir alle daſſelbe wollen, das Glück unſeres<lb/>
Vaterlandes.“</p><lb/><p>„Ganz wie in Frankreich! ſagte der Geſandte.<lb/>
Wenn die Nationen ſich nur verſtänden, ſo wäre die<lb/>
Erde ein Paradies.“</p><lb/><p>„Und Diplomaten können viel dazu beitragen.“</p><lb/><p>„Wie ich von Herrn von Laforeſt überzeugt bin,<lb/>
daß er nur Gutes und Wohlmeinendes über uns<lb/>
nach Paris berichtet.“</p><lb/><p>„Was könnte ich anders! <hirendition="#aq">A propos</hi>, da fällt<lb/>
mir ein, neulich konnte ich ihm nur Stoßſeufzer<lb/>
berichten. Sagen Sie, was iſt das für ein Weg<lb/>
von hier nach Tegel! Knietiefer Sand und Steine!<lb/></p></div></body></text></TEI>
[102/0112]
„Sind Seine Majeſtät, der Kaiſer, ſo ſcherzhaft
geſtimmt?“
„Er lachte wenigſtens eines Tages, als Talley¬
rand ihn auf die gefährlichen Tendenzen dieſer adligen
Tugendritter aufmerkſam machte. „„Soll ich mich
etwa um Commis-Voyageurs bekümmern, welche die
verlegene Waare des feudaliſtiſchen Patriotismus
an den Mann zu bringen ſuchen?““ Aber als
Freund möchte ich Ihnen, meine Herren, anrathen,
wo Sie etwa einen dieſer Reiſenden träfen, ihn zu
warnen, daß er es nicht zu arg treibt. Der Kaiſer,
einmal in Harniſch gebracht, verſteht keinen Spaß
mehr.“
Der Rath hatte die Hand des Majors raſch er¬
griffen, ehe dieſer den Mund öffnen konnte: „Excellenz
haben ganz Recht, es giebt unter uns keine Par¬
teien, da wir alle daſſelbe wollen, das Glück unſeres
Vaterlandes.“
„Ganz wie in Frankreich! ſagte der Geſandte.
Wenn die Nationen ſich nur verſtänden, ſo wäre die
Erde ein Paradies.“
„Und Diplomaten können viel dazu beitragen.“
„Wie ich von Herrn von Laforeſt überzeugt bin,
daß er nur Gutes und Wohlmeinendes über uns
nach Paris berichtet.“
„Was könnte ich anders! A propos, da fällt
mir ein, neulich konnte ich ihm nur Stoßſeufzer
berichten. Sagen Sie, was iſt das für ein Weg
von hier nach Tegel! Knietiefer Sand und Steine!
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/112>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.