Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

"So war seine Miene."

Fuchsius lächelte: "Er fragte mich, ob das Ver¬
mögen von ihr, oder von ihm käme? Von Heyms
neuer Wunderkur, von der Legirung des Platina und
von der neuesten Liaison der Unzelmann. Das war
ein Theil unseres Gesprächs, das glatt wie ein Aal
hingleitete. Nähern wir uns der Sybille. Jetzt
spricht er mit ihr."

"Auch nur en passant."

Die Sybille schien einen Köcher von Liebes¬
pfeilen ausgeschossen zu haben; oder waren es wirk¬
lich sybillinische Sprüche, was der Physiognomie der
Andern einen so besondern Ausdruck gab! Doch hatte
jene plötzlich allen den Rücken gekehrt, um der Wir¬
thin ihre ganze Aufmerksamkeit zu schenken.

"Elle est une merveille d'amabilite! versicherte
der Geheimrath Lupinus von der Vogtei, beide Hände
als Schallrohr vor dem Mund, denen, die ihm ent¬
gegen kamen. Pleine de grace, et d'une sagesse,
s'il m'est permis de m'exprimer ainsi presque ethe¬
ree. Et un savoir-faire!"

"Na warum denn?" sagte der Doctor Marcus
Herz, der ihm in den Weg getreten kam, und nicht
Platz machte.

"Mon ami! rief Lupinus. Elle a une penetra¬
tion parfaite, elle lit dans votre coeur comme dans
un livre ouvert."

"Auch in Ihrem, Geheimrath?" fragte der Arzt,
seine Hand auf Lupinus Schulter legend.

„So war ſeine Miene.“

Fuchſius lächelte: „Er fragte mich, ob das Ver¬
mögen von ihr, oder von ihm käme? Von Heyms
neuer Wunderkur, von der Legirung des Platina und
von der neueſten Liaiſon der Unzelmann. Das war
ein Theil unſeres Geſprächs, das glatt wie ein Aal
hingleitete. Nähern wir uns der Sybille. Jetzt
ſpricht er mit ihr.“

„Auch nur en passant.“

Die Sybille ſchien einen Köcher von Liebes¬
pfeilen ausgeſchoſſen zu haben; oder waren es wirk¬
lich ſybilliniſche Sprüche, was der Phyſiognomie der
Andern einen ſo beſondern Ausdruck gab! Doch hatte
jene plötzlich allen den Rücken gekehrt, um der Wir¬
thin ihre ganze Aufmerkſamkeit zu ſchenken.

„Elle est une merveille d'amabilité! verſicherte
der Geheimrath Lupinus von der Vogtei, beide Hände
als Schallrohr vor dem Mund, denen, die ihm ent¬
gegen kamen. Pleine de grâce, et d'une sagesse,
s'il m'est permis de m'exprimer ainsi presque éthé¬
rée. Et un savoir-faire!“

„Na warum denn?“ ſagte der Doctor Marcus
Herz, der ihm in den Weg getreten kam, und nicht
Platz machte.

Mon ami! rief Lupinus. Elle a une pénétra¬
tion parfaite, elle lit dans votre coeur comme dans
un livre ouvert.“

„Auch in Ihrem, Geheimrath?“ fragte der Arzt,
ſeine Hand auf Lupinus Schulter legend.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0134" n="124"/>
        <p>&#x201E;So war &#x017F;eine Miene.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Fuch&#x017F;ius lächelte: &#x201E;Er fragte mich, ob das Ver¬<lb/>
mögen von ihr, oder von ihm käme? Von Heyms<lb/>
neuer Wunderkur, von der Legirung des Platina und<lb/>
von der neue&#x017F;ten Liai&#x017F;on der Unzelmann. Das war<lb/>
ein Theil un&#x017F;eres Ge&#x017F;prächs, das glatt wie ein Aal<lb/>
hingleitete. Nähern wir uns der Sybille. Jetzt<lb/>
&#x017F;pricht er mit ihr.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Auch nur <hi rendition="#aq">en passant</hi>.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Die Sybille &#x017F;chien einen Köcher von Liebes¬<lb/>
pfeilen ausge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en zu haben; oder waren es wirk¬<lb/>
lich &#x017F;ybillini&#x017F;che Sprüche, was der Phy&#x017F;iognomie der<lb/>
Andern einen &#x017F;o be&#x017F;ondern Ausdruck gab! Doch hatte<lb/>
jene plötzlich allen den Rücken gekehrt, um der Wir¬<lb/>
thin ihre ganze Aufmerk&#x017F;amkeit zu &#x017F;chenken.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">&#x201E;Elle est une merveille d'amabilité!</hi> ver&#x017F;icherte<lb/>
der Geheimrath Lupinus von der Vogtei, beide Hände<lb/>
als Schallrohr vor dem Mund, denen, die ihm ent¬<lb/>
gegen kamen. <hi rendition="#aq">Pleine de grâce, et d'une sagesse,<lb/>
s'il m'est permis de m'exprimer ainsi presque éthé¬<lb/>
rée. Et un savoir-faire!&#x201C;</hi></p><lb/>
        <p>&#x201E;Na warum denn?&#x201C; &#x017F;agte der Doctor Marcus<lb/>
Herz, der ihm in den Weg getreten kam, und nicht<lb/>
Platz machte.</p><lb/>
        <p>&#x201E;<hi rendition="#aq">Mon ami</hi>! rief Lupinus. <hi rendition="#aq">Elle a une pénétra¬<lb/>
tion parfaite, elle lit dans votre coeur comme dans<lb/>
un livre ouvert.&#x201C;</hi></p><lb/>
        <p>&#x201E;Auch in Ihrem, Geheimrath?&#x201C; fragte der Arzt,<lb/>
&#x017F;eine Hand auf Lupinus Schulter legend.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0134] „So war ſeine Miene.“ Fuchſius lächelte: „Er fragte mich, ob das Ver¬ mögen von ihr, oder von ihm käme? Von Heyms neuer Wunderkur, von der Legirung des Platina und von der neueſten Liaiſon der Unzelmann. Das war ein Theil unſeres Geſprächs, das glatt wie ein Aal hingleitete. Nähern wir uns der Sybille. Jetzt ſpricht er mit ihr.“ „Auch nur en passant.“ Die Sybille ſchien einen Köcher von Liebes¬ pfeilen ausgeſchoſſen zu haben; oder waren es wirk¬ lich ſybilliniſche Sprüche, was der Phyſiognomie der Andern einen ſo beſondern Ausdruck gab! Doch hatte jene plötzlich allen den Rücken gekehrt, um der Wir¬ thin ihre ganze Aufmerkſamkeit zu ſchenken. „Elle est une merveille d'amabilité! verſicherte der Geheimrath Lupinus von der Vogtei, beide Hände als Schallrohr vor dem Mund, denen, die ihm ent¬ gegen kamen. Pleine de grâce, et d'une sagesse, s'il m'est permis de m'exprimer ainsi presque éthé¬ rée. Et un savoir-faire!“ „Na warum denn?“ ſagte der Doctor Marcus Herz, der ihm in den Weg getreten kam, und nicht Platz machte. „Mon ami! rief Lupinus. Elle a une pénétra¬ tion parfaite, elle lit dans votre coeur comme dans un livre ouvert.“ „Auch in Ihrem, Geheimrath?“ fragte der Arzt, ſeine Hand auf Lupinus Schulter legend.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/134
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/134>, abgerufen am 27.11.2024.