Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.sie soll aus ihrer Conversation lernen. Manches Die Fürstin sah sie verwundert an, aber die "Ich meinte auch nicht grade eine Kloster¬ "Dies pulsende Blut will sein Recht. Der Ihr schönes Auge glänzte so seltsam dabei, wäh¬ "Nicht wahr, ich habe recht viel dummes Zeug ſie ſoll aus ihrer Converſation lernen. Manches Die Fürſtin ſah ſie verwundert an, aber die „Ich meinte auch nicht grade eine Kloſter¬ „Dies pulſende Blut will ſein Recht. Der Ihr ſchönes Auge glänzte ſo ſeltſam dabei, wäh¬ „Nicht wahr, ich habe recht viel dummes Zeug <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0140" n="130"/> ſie ſoll aus ihrer Converſation lernen. Manches<lb/> Eckige, Erdige wird ſich abſchleifen, um dem Sinni¬<lb/> gen Platz zu machen.“</p><lb/> <p>Die Fürſtin ſah ſie verwundert an, aber die<lb/> Mißbilligung, die in ihrem Blicke lag, ging in ein<lb/> Lächeln über: „Nicht die Herz! Keine Hofmeiſterin!<lb/> Die Herz würde ihr ſchöne Maximen predigen! O<lb/> keine Predigten! — Sie zur Tugendpuppe erziehen,<lb/> das heißt eine Natur verderben, wie ſie nicht oft aus<lb/> Gottes Schöpfung hervorgeht.“</p><lb/> <p>„Ich meinte auch nicht grade eine Kloſter¬<lb/> erziehung.“</p><lb/> <p>„Dies pulſende Blut will ſein Recht. Der<lb/> Schöpfer träufte es in unſre Adern, wie er die Sonne<lb/> in den Aetherbogen warf, wie er der Traube würzi¬<lb/> ges Blut gab, uns zu berauſchen. Wer nie berauſcht<lb/> war, nie im Wirbel der Leidenſchaft taumelte, wer<lb/> nie die Wonne dieſer Erde koſtete, der kann auch<lb/> nicht die Wonne der himmliſchen Seligkeit empfinden.“</p><lb/> <p>Ihr ſchönes Auge glänzte ſo ſeltſam dabei, wäh¬<lb/> rend ſie ſtarr nach der Decke ſah. Nach einer langen<lb/> Pauſe ſtand ſie auf, und ſtrich tief aufathmend ihren<lb/> Scheitel mit beiden Händen. Sie lächelte ſchelmiſch<lb/> die Geheimräthin an:</p><lb/> <p>„Nicht wahr, ich habe recht viel dummes Zeug<lb/> geſprochen? Vergeſſen Sie es und entſchuldigen mich.<lb/> — Aber als ob ich mich vor Ihnen zu entſchuldigen<lb/> brauchte, vor einer Frau, die ja auch weiß, wie der<lb/> Geiſt ſo oft ſich von dem Körper trennt, und die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [130/0140]
ſie ſoll aus ihrer Converſation lernen. Manches
Eckige, Erdige wird ſich abſchleifen, um dem Sinni¬
gen Platz zu machen.“
Die Fürſtin ſah ſie verwundert an, aber die
Mißbilligung, die in ihrem Blicke lag, ging in ein
Lächeln über: „Nicht die Herz! Keine Hofmeiſterin!
Die Herz würde ihr ſchöne Maximen predigen! O
keine Predigten! — Sie zur Tugendpuppe erziehen,
das heißt eine Natur verderben, wie ſie nicht oft aus
Gottes Schöpfung hervorgeht.“
„Ich meinte auch nicht grade eine Kloſter¬
erziehung.“
„Dies pulſende Blut will ſein Recht. Der
Schöpfer träufte es in unſre Adern, wie er die Sonne
in den Aetherbogen warf, wie er der Traube würzi¬
ges Blut gab, uns zu berauſchen. Wer nie berauſcht
war, nie im Wirbel der Leidenſchaft taumelte, wer
nie die Wonne dieſer Erde koſtete, der kann auch
nicht die Wonne der himmliſchen Seligkeit empfinden.“
Ihr ſchönes Auge glänzte ſo ſeltſam dabei, wäh¬
rend ſie ſtarr nach der Decke ſah. Nach einer langen
Pauſe ſtand ſie auf, und ſtrich tief aufathmend ihren
Scheitel mit beiden Händen. Sie lächelte ſchelmiſch
die Geheimräthin an:
„Nicht wahr, ich habe recht viel dummes Zeug
geſprochen? Vergeſſen Sie es und entſchuldigen mich.
— Aber als ob ich mich vor Ihnen zu entſchuldigen
brauchte, vor einer Frau, die ja auch weiß, wie der
Geiſt ſo oft ſich von dem Körper trennt, und die
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