Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.Blumentöpfe und kam auf ihn zu, aber nicht stür¬ "Ich muß Dir doch noch danken, lieber Louis, Sie schüttelte ihm die Hand; er drückte einen "Also -- ich komme wieder," sagte er, auch "Nimm Dich nur in Acht auf der steilen Treppe, Sie sah ihm nach. Als sie die Thür zudrückte, "Daß uns das Abschiednehmen so schwer gemacht Blumentöpfe und kam auf ihn zu, aber nicht ſtür¬ „Ich muß Dir doch noch danken, lieber Louis, Sie ſchüttelte ihm die Hand; er drückte einen „Alſo — ich komme wieder,“ ſagte er, auch „Nimm Dich nur in Acht auf der ſteilen Treppe, Sie ſah ihm nach. Als ſie die Thür zudrückte, „Daß uns das Abſchiednehmen ſo ſchwer gemacht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0182" n="172"/> Blumentöpfe und kam auf ihn zu, aber nicht ſtür¬<lb/> miſch, ſie zitterte nur etwas als ſie ſprach:</p><lb/> <p>„Ich muß Dir doch noch danken, lieber Louis,<lb/> daß Du ſo gut warſt, ſelbſt zu mir zu kommen. Du<lb/> hätteſt mir ja das Geld durch einen andern ſchicken<lb/> können, und ſchreiben. Das wäre Dir viel leichter<lb/> geworden. Du haſt es Dir nicht leicht gemacht, um<lb/> mir noch eine Freude zu machen. Das nehme ich<lb/> dafür, daß Du mir doch gut biſt. Gott lohn es Dir.“</p><lb/> <p>Sie ſchüttelte ihm die Hand; er drückte einen<lb/> Kuß auf ihre eiskalte Stirn.</p><lb/> <p>„Alſo — ich komme wieder,“ ſagte er, auch<lb/> ſeine Stimme ſchien zu zittern.</p><lb/> <p>„Nimm Dich nur in Acht auf der ſteilen Treppe,<lb/> daß Du nicht fällſt.“</p><lb/> <p>Sie ſah ihm nach. Als ſie die Thür zudrückte,<lb/> vergingen ihr die Kräfte. Sie wollte nach dem kleinen<lb/> alten Sopha, ſie ſtreckte die Arme danach aus,<lb/> aber ſie kam nur bis in die Mitte der Stube. Mit einem<lb/> erſtickten Schrei ſchlug ſie beſinnunglos auf die Dielen.</p><lb/> <p>„Daß uns das Abſchiednehmen ſo ſchwer gemacht<lb/> iſt! Selbſt dieſer! ſprach Bovillard für ſich auf dem<lb/> Rückwege. Und doch woraus beſteht das Leben?<lb/> Nur aus einer langen Reihe von Trennungen. Jeder<lb/> Moment der Abſchied von dem vorangegangenen. Und die<lb/> Menſchheit erfand ſich keinen andern Troſt als die<lb/> Illuſion des Wiederſehens. Als ob je Einer wieder¬<lb/> fand, was er verließ! Den Trunk aus dem Becher,<lb/> den ſüßen Blick; den Kuß, den ſprudelnden Witz?</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [172/0182]
Blumentöpfe und kam auf ihn zu, aber nicht ſtür¬
miſch, ſie zitterte nur etwas als ſie ſprach:
„Ich muß Dir doch noch danken, lieber Louis,
daß Du ſo gut warſt, ſelbſt zu mir zu kommen. Du
hätteſt mir ja das Geld durch einen andern ſchicken
können, und ſchreiben. Das wäre Dir viel leichter
geworden. Du haſt es Dir nicht leicht gemacht, um
mir noch eine Freude zu machen. Das nehme ich
dafür, daß Du mir doch gut biſt. Gott lohn es Dir.“
Sie ſchüttelte ihm die Hand; er drückte einen
Kuß auf ihre eiskalte Stirn.
„Alſo — ich komme wieder,“ ſagte er, auch
ſeine Stimme ſchien zu zittern.
„Nimm Dich nur in Acht auf der ſteilen Treppe,
daß Du nicht fällſt.“
Sie ſah ihm nach. Als ſie die Thür zudrückte,
vergingen ihr die Kräfte. Sie wollte nach dem kleinen
alten Sopha, ſie ſtreckte die Arme danach aus,
aber ſie kam nur bis in die Mitte der Stube. Mit einem
erſtickten Schrei ſchlug ſie beſinnunglos auf die Dielen.
„Daß uns das Abſchiednehmen ſo ſchwer gemacht
iſt! Selbſt dieſer! ſprach Bovillard für ſich auf dem
Rückwege. Und doch woraus beſteht das Leben?
Nur aus einer langen Reihe von Trennungen. Jeder
Moment der Abſchied von dem vorangegangenen. Und die
Menſchheit erfand ſich keinen andern Troſt als die
Illuſion des Wiederſehens. Als ob je Einer wieder¬
fand, was er verließ! Den Trunk aus dem Becher,
den ſüßen Blick; den Kuß, den ſprudelnden Witz?
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