Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852."Wir! Bovillard lachte, aber nicht höhnisch. "Es interessirt Dich heut wohl nicht. Ein ander "Das könnte dann zu spät werden." "Weil Alle zu spät handeln, ist's jedes Recht¬ "Ja! Du schreibst eine Dissertation, willst wohl "Ich will nicht dociren. Ich will's deutsch sagen, „Wir! Bovillard lachte, aber nicht höhniſch. „Es intereſſirt Dich heut wohl nicht. Ein ander „Das könnte dann zu ſpät werden.“ „Weil Alle zu ſpät handeln, iſt's jedes Recht¬ „Ja! Du ſchreibſt eine Diſſertation, willſt wohl „Ich will nicht dociren. Ich will's deutſch ſagen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0188" n="178"/> „<hi rendition="#g">Wir</hi>! Bovillard lachte, aber nicht höhniſch.<lb/> Nu laß uns mal ohne Poeſie ſprechen, denn ich kam<lb/> zu einem ſehr proſaiſchen Geſchäfte. Was willſt Du<lb/> eigentlich?“</p><lb/> <p>„Es intereſſirt Dich heut wohl nicht. Ein ander<lb/> Mal.“</p><lb/> <p>„Das könnte dann zu ſpät werden.“</p><lb/> <p>„Weil Alle zu ſpät handeln, iſt's jedes Recht¬<lb/> lichen Pflicht, zu ſprechen, ſo lange es noch Zeit iſt.“</p><lb/> <p>„Ja! Du ſchreibſt eine Diſſertation, willſt wohl<lb/> promoviren, ein Cameraliſticum in Halle leſen. Steck's<lb/> nur den Jungen in die Köpfe, dann ſchießt's wild<lb/> auf als Unkraut, und reif wird's grade, wenn's nicht<lb/> mehr Zeit iſt. Das iſt der deutſche Entwickelungsgang.“</p><lb/> <p>„Ich will nicht dociren. Ich will's deutſch ſagen,<lb/> was ich denke. Und ich denke nicht an die Zuhörer,<lb/> an die Sache. Und die Sache iſt nicht mein, ſie iſt<lb/> unſer Aller. <hi rendition="#g">Dieſe</hi> Gedanken fluctuiren in tauſend<lb/> Geiſtern. Sie ſtöhnten und ächzten ſchon längſt ſelbſt<lb/> in der trägen Maſſe. Nach einer Beſſerung, Er¬<lb/> löſung ſehnten ſich Alle. Weil die Gräuel in Frank¬<lb/> reich ſeitdem auch die Beſten in bleichen Schreck<lb/> verſetzt, iſt darum das Licht nicht Licht, weil es ein¬<lb/> mal geblendet hat? Sollen wir das Feuer nicht mehr<lb/> nutzen zum Wärmen, Sieden, Schmelzen, weil es<lb/> einmal zur Feuersbrunſt aufloderte? Dieſe Ideen<lb/> leben noch in unſerer Nation, und wo kein anderer<lb/> ihm zuvorkommen will, iſt der Schwächſte ſtark<lb/> genug, er iſt berufen, er hat die Pflicht, mit ihnen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [178/0188]
„Wir! Bovillard lachte, aber nicht höhniſch.
Nu laß uns mal ohne Poeſie ſprechen, denn ich kam
zu einem ſehr proſaiſchen Geſchäfte. Was willſt Du
eigentlich?“
„Es intereſſirt Dich heut wohl nicht. Ein ander
Mal.“
„Das könnte dann zu ſpät werden.“
„Weil Alle zu ſpät handeln, iſt's jedes Recht¬
lichen Pflicht, zu ſprechen, ſo lange es noch Zeit iſt.“
„Ja! Du ſchreibſt eine Diſſertation, willſt wohl
promoviren, ein Cameraliſticum in Halle leſen. Steck's
nur den Jungen in die Köpfe, dann ſchießt's wild
auf als Unkraut, und reif wird's grade, wenn's nicht
mehr Zeit iſt. Das iſt der deutſche Entwickelungsgang.“
„Ich will nicht dociren. Ich will's deutſch ſagen,
was ich denke. Und ich denke nicht an die Zuhörer,
an die Sache. Und die Sache iſt nicht mein, ſie iſt
unſer Aller. Dieſe Gedanken fluctuiren in tauſend
Geiſtern. Sie ſtöhnten und ächzten ſchon längſt ſelbſt
in der trägen Maſſe. Nach einer Beſſerung, Er¬
löſung ſehnten ſich Alle. Weil die Gräuel in Frank¬
reich ſeitdem auch die Beſten in bleichen Schreck
verſetzt, iſt darum das Licht nicht Licht, weil es ein¬
mal geblendet hat? Sollen wir das Feuer nicht mehr
nutzen zum Wärmen, Sieden, Schmelzen, weil es
einmal zur Feuersbrunſt aufloderte? Dieſe Ideen
leben noch in unſerer Nation, und wo kein anderer
ihm zuvorkommen will, iſt der Schwächſte ſtark
genug, er iſt berufen, er hat die Pflicht, mit ihnen
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