"Hol Euch alle der --" rief der eine Spieler und warf die Karten auf den Tisch. Das Tarock¬ spiel war beendet. Er zog die lange seidene Börse, um die letzten Goldstücke dem Gewinner hinzuschleu¬ dern. Bei der Berechnung ergab sich, daß sie nicht reichten. Er ließ sie zurück gleiten, machte einen Knoten und steckte die Börse in die Tasche. "Am nächsten Gagetag!"
Ein höhnisches Gelächter antwortete darauf. Es waren Officiere, der Ort des Spiels eine Wachtstube. Der Verlierende war in einer Parüre, die auf den ersten Anblick allerdings Zweifel ließ, ob er der Mann sei, um einen bedeutenden Spielverlust durch die Ein¬ nahme eines Gagetages aufzubringen. In einem nicht mehr ganz reinlichen Kamisol, das zerknitterte Hemde nur durch eine leichte Binde um den Hals festgehalten, die Füße in Pantoffeln, im Munde eine Thonpfeife, verrieth nur die gelbe Weste unter dem Kamisol, und die auch etwas vernachlässigte Frisur den Officier.
Zehntes Kapitel. Wachtſtuben-Abenteuer.
„Hol Euch alle der —“ rief der eine Spieler und warf die Karten auf den Tiſch. Das Tarock¬ ſpiel war beendet. Er zog die lange ſeidene Börſe, um die letzten Goldſtücke dem Gewinner hinzuſchleu¬ dern. Bei der Berechnung ergab ſich, daß ſie nicht reichten. Er ließ ſie zurück gleiten, machte einen Knoten und ſteckte die Börſe in die Taſche. „Am nächſten Gagetag!“
Ein höhniſches Gelächter antwortete darauf. Es waren Officiere, der Ort des Spiels eine Wachtſtube. Der Verlierende war in einer Parüre, die auf den erſten Anblick allerdings Zweifel ließ, ob er der Mann ſei, um einen bedeutenden Spielverluſt durch die Ein¬ nahme eines Gagetages aufzubringen. In einem nicht mehr ganz reinlichen Kamiſol, das zerknitterte Hemde nur durch eine leichte Binde um den Hals feſtgehalten, die Füße in Pantoffeln, im Munde eine Thonpfeife, verrieth nur die gelbe Weſte unter dem Kamiſol, und die auch etwas vernachläſſigte Friſur den Officier.
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Zehntes Kapitel.
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„Hol Euch alle der —“ rief der eine Spieler
und warf die Karten auf den Tiſch. Das Tarock¬
ſpiel war beendet. Er zog die lange ſeidene Börſe,
um die letzten Goldſtücke dem Gewinner hinzuſchleu¬
dern. Bei der Berechnung ergab ſich, daß ſie nicht
reichten. Er ließ ſie zurück gleiten, machte einen
Knoten und ſteckte die Börſe in die Taſche. „Am
nächſten Gagetag!“
Ein höhniſches Gelächter antwortete darauf. Es
waren Officiere, der Ort des Spiels eine Wachtſtube.
Der Verlierende war in einer Parüre, die auf den
erſten Anblick allerdings Zweifel ließ, ob er der Mann
ſei, um einen bedeutenden Spielverluſt durch die Ein¬
nahme eines Gagetages aufzubringen. In einem nicht
mehr ganz reinlichen Kamiſol, das zerknitterte Hemde
nur durch eine leichte Binde um den Hals feſtgehalten,
die Füße in Pantoffeln, im Munde eine Thonpfeife,
verrieth nur die gelbe Weſte unter dem Kamiſol, und
die auch etwas vernachläſſigte Friſur den Officier.
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. [185]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/195>, abgerufen am 28.11.2024.
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