diesmal weit gefaßter im Gefängniß, ja er hat selbst erklärt, es wäre ihm lieb, Berlin und Preußen auf immer zu verlassen."
"Charmant! sagte der Geheimrath. Aber wo¬ hin? Wenn wir Colonien hätten!"
"Wenn wir die hätten! sagte der Minister und legte seufzend seine Hand auf Bovillards Schulter. Dann wäre vieles besser. Das waren die Herren von der Theorie unter den vorigen Königen! Ge¬ stehn Sie mir, Geheimrath, ist das ein kluger Staats¬ mann, der eine Domaine, weil sie nur Tausend ein¬ bringt und er hoffte 'ne Million, der sie darum für 'nen Spottpreis fortgiebt! Brauchten wir unser Korn, Holz den Engländern zu verkaufen, uns von ihnen Preise machen lassen? Müßten wir noch von ihren Colonialwaaren nehmen? Hätten wir Noth, wo unsre schlesische Leinwand lassen? Brauchten wir Rußland zu bitten, wie neulich, unsere incorrigiblen Verbrecher nach Sibirien zu schaffen! Colonien, Herr Geheimrath, und wir schafften unsre Verbrecher hin, unsre Rohproducte, unsre Fabrikwaare, Ihren Herrn Sohn auch, wir machten allein die Preise, und die Colo¬ nisten müßten kaufen und bezahlen. Wenn das wäre, könnten wir doppelt lachen über die Calamitäten um uns her; wir können es aber auch so. Sie schlagen sich, plündern, brennen, verwüsten, und wir cultivi¬ ren unser Land, protegiren unsre Fabriken. Dann halten wir Markt und machen auch die Preise. Wie steigen jetzt schon unsre Güter mit den Friedens¬
II. 18
diesmal weit gefaßter im Gefängniß, ja er hat ſelbſt erklärt, es wäre ihm lieb, Berlin und Preußen auf immer zu verlaſſen.“
„Charmant! ſagte der Geheimrath. Aber wo¬ hin? Wenn wir Colonien hätten!“
„Wenn wir die hätten! ſagte der Miniſter und legte ſeufzend ſeine Hand auf Bovillards Schulter. Dann wäre vieles beſſer. Das waren die Herren von der Theorie unter den vorigen Königen! Ge¬ ſtehn Sie mir, Geheimrath, iſt das ein kluger Staats¬ mann, der eine Domaine, weil ſie nur Tauſend ein¬ bringt und er hoffte 'ne Million, der ſie darum für 'nen Spottpreis fortgiebt! Brauchten wir unſer Korn, Holz den Engländern zu verkaufen, uns von ihnen Preiſe machen laſſen? Müßten wir noch von ihren Colonialwaaren nehmen? Hätten wir Noth, wo unſre ſchleſiſche Leinwand laſſen? Brauchten wir Rußland zu bitten, wie neulich, unſere incorrigiblen Verbrecher nach Sibirien zu ſchaffen! Colonien, Herr Geheimrath, und wir ſchafften unſre Verbrecher hin, unſre Rohproducte, unſre Fabrikwaare, Ihren Herrn Sohn auch, wir machten allein die Preiſe, und die Colo¬ niſten müßten kaufen und bezahlen. Wenn das wäre, könnten wir doppelt lachen über die Calamitäten um uns her; wir können es aber auch ſo. Sie ſchlagen ſich, plündern, brennen, verwüſten, und wir cultivi¬ ren unſer Land, protegiren unſre Fabriken. Dann halten wir Markt und machen auch die Preiſe. Wie ſteigen jetzt ſchon unſre Güter mit den Friedens¬
II. 18
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0283"n="273"/>
diesmal weit gefaßter im Gefängniß, ja er hat ſelbſt<lb/>
erklärt, es wäre ihm lieb, Berlin und Preußen auf<lb/>
immer zu verlaſſen.“</p><lb/><p>„Charmant! ſagte der Geheimrath. Aber wo¬<lb/>
hin? Wenn wir Colonien hätten!“</p><lb/><p>„Wenn wir die hätten! ſagte der Miniſter und<lb/>
legte ſeufzend ſeine Hand auf Bovillards Schulter.<lb/>
Dann wäre vieles beſſer. Das waren die Herren<lb/>
von der Theorie unter den vorigen Königen! Ge¬<lb/>ſtehn Sie mir, Geheimrath, iſt das ein kluger Staats¬<lb/>
mann, der eine Domaine, weil ſie nur Tauſend ein¬<lb/>
bringt und er hoffte 'ne Million, der ſie darum für<lb/>
'nen Spottpreis fortgiebt! Brauchten wir unſer Korn,<lb/>
Holz den Engländern zu verkaufen, uns von ihnen<lb/>
Preiſe machen laſſen? Müßten wir noch von ihren<lb/>
Colonialwaaren nehmen? Hätten wir Noth, wo<lb/>
unſre ſchleſiſche Leinwand laſſen? Brauchten wir<lb/>
Rußland zu bitten, wie neulich, unſere incorrigiblen<lb/>
Verbrecher nach Sibirien zu ſchaffen! Colonien, Herr<lb/>
Geheimrath, und wir ſchafften unſre Verbrecher hin,<lb/>
unſre Rohproducte, unſre Fabrikwaare, Ihren Herrn<lb/>
Sohn auch, wir machten allein die Preiſe, und die Colo¬<lb/>
niſten müßten kaufen und bezahlen. Wenn das wäre,<lb/>
könnten wir doppelt lachen über die Calamitäten um<lb/>
uns her; wir können es aber auch ſo. <hirendition="#g">Sie</hi>ſchlagen<lb/>ſich, plündern, brennen, verwüſten, und <hirendition="#g">wir</hi> cultivi¬<lb/>
ren unſer Land, protegiren unſre Fabriken. Dann<lb/>
halten wir Markt und machen auch die Preiſe. Wie<lb/>ſteigen jetzt ſchon unſre Güter mit den Friedens¬<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">II.</hi> 18<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[273/0283]
diesmal weit gefaßter im Gefängniß, ja er hat ſelbſt
erklärt, es wäre ihm lieb, Berlin und Preußen auf
immer zu verlaſſen.“
„Charmant! ſagte der Geheimrath. Aber wo¬
hin? Wenn wir Colonien hätten!“
„Wenn wir die hätten! ſagte der Miniſter und
legte ſeufzend ſeine Hand auf Bovillards Schulter.
Dann wäre vieles beſſer. Das waren die Herren
von der Theorie unter den vorigen Königen! Ge¬
ſtehn Sie mir, Geheimrath, iſt das ein kluger Staats¬
mann, der eine Domaine, weil ſie nur Tauſend ein¬
bringt und er hoffte 'ne Million, der ſie darum für
'nen Spottpreis fortgiebt! Brauchten wir unſer Korn,
Holz den Engländern zu verkaufen, uns von ihnen
Preiſe machen laſſen? Müßten wir noch von ihren
Colonialwaaren nehmen? Hätten wir Noth, wo
unſre ſchleſiſche Leinwand laſſen? Brauchten wir
Rußland zu bitten, wie neulich, unſere incorrigiblen
Verbrecher nach Sibirien zu ſchaffen! Colonien, Herr
Geheimrath, und wir ſchafften unſre Verbrecher hin,
unſre Rohproducte, unſre Fabrikwaare, Ihren Herrn
Sohn auch, wir machten allein die Preiſe, und die Colo¬
niſten müßten kaufen und bezahlen. Wenn das wäre,
könnten wir doppelt lachen über die Calamitäten um
uns her; wir können es aber auch ſo. Sie ſchlagen
ſich, plündern, brennen, verwüſten, und wir cultivi¬
ren unſer Land, protegiren unſre Fabriken. Dann
halten wir Markt und machen auch die Preiſe. Wie
ſteigen jetzt ſchon unſre Güter mit den Friedens¬
II. 18
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/283>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.