tem Rücken um die Erlaubniß bittet, ein Wort mit¬ sprechen zu dürfen, sondern er geht aufrecht, und spricht wenig, kurz, aber entschieden. Das frappirt auch Vornehmere, und man fragt, wer er ist? Ich will ihm nur wünschen, daß es ausreicht. Aber ich fürchte, es wird nicht ausreichen. Gute Privatstun¬ den geben, und dann und wann eine gute Abhand¬ lung in den Journalen drucken lassen, damit erlangt ein junger Mann keine Bedeutung. Er thäte noch immer am gescheitesten, wenn er zu seinem Vater ins Comtoir zurückkehrte. Wenn man einmal der Erbe von van Asten und Compagnie wird, kann man sich schon bequemen ein paar Jahre am Ladentisch zu stehen."
"Walter!"
"Dann würde er Dir wohl weniger gelten?"
"Das nicht, aber --"
"Vor den Leuten würde er an Geltung verlieren. Ach mein Kind, es steht keiner so hoch, daß er nicht Alles verliert, wenn er vor den Leuten nicht mehr gilt; Kaufleute und Könige, Gelehrte und junge Mädchen. Warst Du etwa eine andre, als Du in dem schlechten Hause betroffen wardst? Benahmst Du Dich wie die Mädchen dort, trugst Du Kleider wie sie, blicktest Du frech die Männer an? Nichts von alledem, Du warst die tugendhafte sittsame Adel¬ heid, die Du vorher warst und jetzt bist, aber Du galtest vor den Leuten für ein Mädchen wie die andern, und aller Deiner trefflichen Eigenschaften ungeachtet, wärst Du auf ewig verloren gewesen --"
tem Rücken um die Erlaubniß bittet, ein Wort mit¬ ſprechen zu dürfen, ſondern er geht aufrecht, und ſpricht wenig, kurz, aber entſchieden. Das frappirt auch Vornehmere, und man fragt, wer er iſt? Ich will ihm nur wünſchen, daß es ausreicht. Aber ich fürchte, es wird nicht ausreichen. Gute Privatſtun¬ den geben, und dann und wann eine gute Abhand¬ lung in den Journalen drucken laſſen, damit erlangt ein junger Mann keine Bedeutung. Er thäte noch immer am geſcheiteſten, wenn er zu ſeinem Vater ins Comtoir zurückkehrte. Wenn man einmal der Erbe von van Aſten und Compagnie wird, kann man ſich ſchon bequemen ein paar Jahre am Ladentiſch zu ſtehen.“
„Walter!“
„Dann würde er Dir wohl weniger gelten?“
„Das nicht, aber —“
„Vor den Leuten würde er an Geltung verlieren. Ach mein Kind, es ſteht keiner ſo hoch, daß er nicht Alles verliert, wenn er vor den Leuten nicht mehr gilt; Kaufleute und Könige, Gelehrte und junge Mädchen. Warſt Du etwa eine andre, als Du in dem ſchlechten Hauſe betroffen wardſt? Benahmſt Du Dich wie die Mädchen dort, trugſt Du Kleider wie ſie, blickteſt Du frech die Männer an? Nichts von alledem, Du warſt die tugendhafte ſittſame Adel¬ heid, die Du vorher warſt und jetzt biſt, aber Du galteſt vor den Leuten für ein Mädchen wie die andern, und aller Deiner trefflichen Eigenſchaften ungeachtet, wärſt Du auf ewig verloren geweſen —“
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tem Rücken um die Erlaubniß bittet, ein Wort mit¬
ſprechen zu dürfen, ſondern er geht aufrecht, und
ſpricht wenig, kurz, aber entſchieden. Das frappirt
auch Vornehmere, und man fragt, wer er iſt? Ich
will ihm nur wünſchen, daß es ausreicht. Aber ich
fürchte, es wird nicht ausreichen. Gute Privatſtun¬
den geben, und dann und wann eine gute Abhand¬
lung in den Journalen drucken laſſen, damit erlangt
ein junger Mann keine Bedeutung. Er thäte noch
immer am geſcheiteſten, wenn er zu ſeinem Vater ins
Comtoir zurückkehrte. Wenn man einmal der Erbe
von van Aſten und Compagnie wird, kann man ſich
ſchon bequemen ein paar Jahre am Ladentiſch zu ſtehen.“
„Walter!“
„Dann würde er Dir wohl weniger gelten?“
„Das nicht, aber —“
„Vor den Leuten würde er an Geltung verlieren.
Ach mein Kind, es ſteht keiner ſo hoch, daß er nicht
Alles verliert, wenn er vor den Leuten nicht mehr
gilt; Kaufleute und Könige, Gelehrte und junge
Mädchen. Warſt Du etwa eine andre, als Du in
dem ſchlechten Hauſe betroffen wardſt? Benahmſt
Du Dich wie die Mädchen dort, trugſt Du Kleider
wie ſie, blickteſt Du frech die Männer an? Nichts
von alledem, Du warſt die tugendhafte ſittſame Adel¬
heid, die Du vorher warſt und jetzt biſt, aber Du
galteſt vor den Leuten für ein Mädchen wie die
andern, und aller Deiner trefflichen Eigenſchaften
ungeachtet, wärſt Du auf ewig verloren geweſen —“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/58>, abgerufen am 23.11.2024.
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